Berichte von 07/2012

27.07.2012 - Bali

Sonntag, 29.07.2012

Nach den vielen Energie- und Zeitaufwendigen Umzugsaktionen haben wir uns für Bali als Urlaubsregion entschieden. Ist übrigens lustig, wenn die chinesische Ansage am Flughafen das Einsteigen verkündet, im chinesischen wird Bali kurz gesprochen und auf der zweiten Silbe betont. Ich wollte ja nie nach Mallorca, jetzt bin ich da: Mallorca ist das Bali der Deutschen, oder andersrum, Bali ist das Mallorca der Australier. Wenn man es geschafft hat, alle Massage-, Haarverlängerungs-, Pedi- und Maniküreangebote abzulehnen, und an den Glasbodenbootfahrern, Jetskianbietern und sonstigen Wasseraktionen vorbei ist, kann man sich in aller Ruhe an den Strand legen. Tatsächlich ungeschlagen für Shanghaieinwohner: es ist still, der Verkehr ist ruhig, keiner hupt, und die Luft ist glasklar, irre! Nachdem ich jetzt beschlossen habe, dieses Jahr den Shanghai-Halbmarathon mitzulaufen, muss ich dankbare Wetter gleich für das Training nutzen. Die Bedingungen sind super, ein Weg am Strand entlang, etwa 25grdC und immer ein angenehmer Wind. Mein Trainingszustand ist es weniger, die letzten 2 km der schlappen 9 haben sich am Anfang so angefühlt wie die letzten 5 der 42. Shanghai bringt mich sicher in vielem weiter, aber für meine Läuferzukunft wird es hart.

Und am Ende des anstrengend Strandtags gibt es dann den Sundowner am Strand, entweder Arak Madu oder Arak Attak (heisst wirklich so), schmeckt ein wenig wie Caipi, und nach 2 fühlt sich der Abend ganz gemütlich an.

Übrigens fuhr einmal ein vollbeladenes Containerschiff am Horizont von West nach Ost, und zwar an der Nordküste, ob da unsere Möbel dabei waren?

24.07.2012 - Ameisen

Sonntag, 29.07.2012
Kaum sind wir in unser Haus eingezogen, schon sind wir nicht mehr alleine: wir haben eine Armada an Ameisen im Esszimmer und in der Küche. Da ich in der Früh immer Schwierigkeiten habe, mit Brille kleine Dinge zu erkennen, hat es etwas gedauert, bis mir klar war, dass sich nicht die Buchstaben auf meiner alten ZEIT-Ausgabe bewegen. Damit habe ich die Größe auch gut charakterisiert. Nachdem das Putzen tagsüber nicht geholfen hat, habe ich dem Vermieter abends eine SMS geschickt. Ameisen scheinen ein ernstes Thema zu sein. Geantwortet hat er sofort, 10 Minuten später war er zum Besichtigen da, und eine halbe Stunde später ist er bewaffnet mit einer großen Dose zurückgekehrt. Deren Inhalt hat er gleichmäßig auf alle verdächtigen Stellen, Löcher und Ritzen verteilt, ich will lieber nicht wissen, was das genau war. Auf jeden Fall hatte ich nachher ein Kratzen im Hals. In einer deutschen Firma dürfte man das sicher nur mit Atemschutz, Schutzhandschuhen, nur bei geöffnetem Fenster und nach einer Sicherheitseinweisung verwenden. Aber wer will schon bei 35grdC Außentemperatur das Fenster aufmachen, nachdem das Haus gerade so schön und aufwendig runtergekühlt ist. Nicht vergessen, wir leben in einem großen Kühlschrank. Meinen Vorschlag, die Löcher und Ritzen einfach mit Silikon zuzuschmieren, fand unser Vermieter übrigens gut, auch in China hält dieser Stoff das ganze Land zusammen. vermutlich geht es uns wie allen anderen Expats auch, wir leben gerade herrlich minimalistisch. Jeder musste seine 2 Teller und sein Besteck selbst einpacken, glücklicherweise ist beim Flug nichts kaputt gegangen, und nun haben wir halt genau 4 Teller, 4 Messer etc. Und es reicht aus. Weingläser habe ich noch gekauft, Bier kann man eh besser aus der Flasche trinken. Wirklich vermisse ich nur meine Kaffeemaschine, in der Früh ohne Kaffee zu starten, ist einfach ein Stilbruch. Sonst: wozu hat man eigentlich den ganzen Kram angehäuft, wenn es so auch geht. Mir graut schon davor, wenn der Container kommt und wir das herrlich leere Haus mit dem ganzen Zeug wieder anfüllen. Apropos Kaffee: ein Ritual aus dem Büro wird mir in fester Erinnerung bleiben, der Kaffeewalk. Wir haben im ganzen Gebäude Kaffeevollautomaten stehen, aber so etwas wie eine Kaffeeliste ist noch unbekannt. Und Kaffee ist in China ein teures Gut. Also geht jeder mit seiner Kaffeepackung zur Maschine und füllt exakt so viel Bohnen ein, wie er für seinen Kaffee braucht. So sieht man in der Früh oder nach dem Mittagessen vorwiegend seine Expatkollegen mit ihrem Packerl gen Küche ziehen. Die chinesischen Kollegen weniger, sie trinken meist Tee. Anfangs habe ich das für eine komische Idee gehalten, inzwischen trage ich auch meine Kaffeebohnen spazieren.

22.07.2012 – Sonntag, was tun?

Sonntag, 22.07.2012

Man nimmt seine Kredikarte, trägt sie in ein teures Hotel und kauft sich ‚all you can eat‘. Extrem beliebt bei den Expats, da es im Vergleich günstig ist und es alle Luxusgüter wie Champagner, Austern, Sushi etc gibt: Sonntagsbrunch. Es war ganz gut, wir waren leider am Abend vorher prächtig essen (chinesisch, unsere Kinder arbeiten noch an der Akzeptanz), und daher hatte keiner so wirklich Hunger. Beim nächsten Mal fasten wir vorher eine Woche lang.

21.07.2012 – wohin am Samstag?

Sonntag, 22.07.2012

Wir hatten das ja schon: was darf man am Samstag nicht machen? Aber angeblich brauchten wir ein paar Möbel und die Kinder hatten nach 4 Tagen vorgetäuschte Entzugserscheinungen nach Kötbullar. Erraten! Idjia zum zweiten, diesmal die verschärfte Version mit vollem Einkaufswagen und Anstellen in der Kantine. Ich glaube, das ist der Ort mit dem höchsten Kötbullar Durchsatz auf der Welt, und trotzdem ist die Schlange unendlich.

Am späteren Nachmittag kam dann die Ayi der Vormieter vorbei, die uns schon in den höchsten Tönen angepriesen wurde. Sie kann angeblich super kochen. Aber: sie sucht eine Vollzeitstelle, wir können uns nicht vorstellen, dass hier den ganzen Tag ein Schatten im Haus rumläuft. Vermutlich ist das quasi so etwas wie ein Butler, d.h. man kann alles überall stehen und liegen lassen, und sie räumt hinterher. Das entspricht nicht gerade dem Bild der europäischen Kindererziehung. Als wir deshalb von halber Stelle gesprochen haben, war das Gespräch höflich, aber bestimmt ratz fatz vorbei. Jetzt müssen wir uns eine andere suchen, die Philippininnen sollen teuer geworden sein…

19.07.2012 – der Alltag beginnt – fast

Sonntag, 22.07.2012

Ich muss wieder arbeiten, meine Familie hat Ferien, d.h. lange schlafen, Sightseeing, essen und shoppen gehen: Ich hatte mal erwähnt, dass man beim beim Bezahlen mit der Geldkarte eine SMS bekommt, jetzt bekomme ich immer die SMS ins Büro, wenn die Familie mit meiner Geldkarte unterwegs ist.. Ausser heute: gegen halb 10 grosse Aufregung im Büro, um 0900 wäre nämlich der Termin für den Healthcheck gewesen, der erste Schritt zur Aufenthaltsgenehmigung. Woher ich das wissen soll? Man hat mir doch ein Mail geschickt, gegen 5 gestern, das war ca. 1 h nachdem ich eingeschlafen bin. Und wenn man mir einmal ein Mail schickt, dann ist das doch ausreichend organisiert – oder? Anrufen oder Nachfragen ist übertriebene deutsche Gründlichkeit. Also durfte meine Familie schlagartig mit dem Schlafen aufhören, wir haben mehrere Autos mit Personen, Pässen und Aufenthaltsgenehmigungen durch Shanghai geschickt, und schon war der Gesundheitstest erledigt. Dass wir keine Quittungen für die Gebühren bekommen haben, und das so ziemlich der einzige Job war, den der bezahlte Agent beizusteuern hatte, ist nur eine amüsante Episode am Rand. Der Trick der Quittung ist, dass in China nichts ohne ein Blatt Papier ohne einen ovalen, roten Stempel geht, zumindest was Geldbewegungen angeht. Selbst eine Hotelrechnung ist wertlos, wenn nicht ein kleiner Papierstreifen mit diesem Stempel angeheftet wird. Auf jeden Fall hat meine Frau jetzt vermutlich die schnellste Gesundheitsuntersuchung in Shanghai absolviert, das ist ja auch was.

Vor ein paar Tagen stand im Blog die Frage, ob sich die Familie schon eingelebt hat. Ich würde das mit jein beantworten. Es ist noch zu kurz, genau betrachtet ist es eher ein Urlaubs- als ein wir-leben-hier-Gefühl. Blauer Himmel (wirklich wahr!), Sonnenschein, 35°C, Ausschlafen, Essen gehen, Pool vor der Haustür, das ist eher ein gefühlter Urlaub. Und da wir in 3 Tagen eh in Urlaub fahren, wird das noch verstärkt. Die Landung kommt dann danach mit Schulbeginn. Ich denke, bis zum Eingelebt-haben wird es noch ein bisschen dauern. Also Alltag noch nicht wirklich.

Apropos China, in China liebt man Statistiken über alles, täglich stehen Dinge wie die Mückendichte, Zahl der U-Bahnbenutzer, Air Quality Index und Anteil der Autos in der Zeitung, diesmal war es der durchschnittliche Preis eines Metrotickets mit 2,9 RMB. Dumm nur, dass das billigste Ticket 4 RMB kostet. Während das sonst niemand interessiert, gab es diesmal einen grossen Aufschrei auf Weibo, dem chinesischen Twitter. Die Statistik wurde dann offiziell erklärt: Wenn jemand für 4 RMB 3x umsteigt, dann kostet eine Fahrt 1,33 RMB, ist doch logisch! Was lernen wir daraus: die Shanghaier steigen oft um!

Und ich habe noch etwas zu Strafzetteln gelernt: Es gibt eine Webseite, auf der man selbst nachschauen muss, ob man einen Strafzettel hat. Wenn man das nicht tut, wird’s einfach teuer. Und wenn man seinen Strafzettel gefunden hat, dann zahlt man ihn einfach, und dass ist’s gut. Nein, ich hatte keinen, aber ich habe den meines Fahrers im Handschuhfach gefunden. Das wussten übrigens ausser mir alle, aber mir sagt’s halt wieder keiner.

Und zum Schluss noch das ‚attractive talent‘: Chinesen sind in ihrer Ursprungsgemeinde registriert, die später auch ihre Rente zahlt. Je nach Gemeinde sind damit unterschiedliche Rechte verbunden. Daher verhält sich Shanghai sehr restriktiv mit der Shanghai-Staatsbürgerschaft, d.h. viele unserer Mitarbeiter leben und arbeiten zwar hier, sind aber noch zu Hause registriert. Aufgrund der Vorteile haben sie jedoch das Ziel, sich nach Shanghai umzumelden, nach mehrjähriger Wartezeit können Sie dazu einen Antrag stellen. Und auf meine Frage, ob dennoch Wohnen und Arbeiten problemlos möglich ist, war die Antwort: meiner Assistentin: wer als ‚attractive talent‘ zählt, für den ist das kein Problem. Dem möchte ich nicht widersprechen. Schade nur, dass mein Kollege das auch weiss und sie sich jetzt wieder unter den Nagel reisst, er hat quasi die älteren Rechte. Jetzt muss ich mir ein neues attractive talent suchen.

18.07.2012 – der erste Tag in Shanghai

Sonntag, 22.07.2012

Der erste als Familie, ich bin ja quasi schon so was wie ein Hiesiger! Und eigentlich war gestern der erste Tag, aber gestern zählt nicht wirklich. Wer schon mal mit 1,84 m 12 h geflogen ist, und dann auch noch von 1400 bis 0100 Uhr biologischer Zeit, kann sich vorstellen, wie ein Tag verläuft, der nach so einem Tag (Nacht kann man nicht wirklich sagen) um 0100 verkleidet als 0700 Uhr startet. Das Abholen hat geklappt (gestern war nämlich Generalprobe, oder auch: gestern Nacht klingelt mein Telefon um 2 Uhr in der Früh und meine Assistentin fragt, ob ich schon angekommen bin – Auf der Flugbuchung steht das Abflugdatum, und Ankunft ist in dem Fall +1, das habe ich wohl meinem Fahrer nicht ausreichend erklärt. Naja, wer telefoniert nicht gerne im Bett liegend mit seiner Assistentin, immerhin ein attractive talent, aber das ein anderes Mal). Wir haben uns auf gleich vorschriftsmässig bei der Polizei angemeldet, d.h. die Familie hat sich auf die Wartestühle gesetzt und ist innerhalb von 3 Minuten kollektiv eingeschlafen während ich chinesische Formulare ausgefüllt habe. Aber wer bis Mitternacht Videospiele daddelt, der ist eine Stunde später halt nicht bright and awake, 1 h Schlaf (nicht im Flugzeug, sondern auf der Fahrt ‚nach Hause‘!) ist halt nicht viel. Nachmittag habe ich mir dann mein Laptop geschnappt, um zu arbeiten, und bin um 4 davor auch eingeschlafen…

15.07.2012 – Letzter Tag in Deutschland

Sonntag, 22.07.2012

Ich bin nochmal nach Deutschland geflogen, um die Familie abzuholen. Es ist komisch, durch ein leeres Haus zu laufen, in dem ab nächster Woche ein Fremder wohnen wird. Bei meiner Ankunft in Deutschland war das schlimmste schon vorbei, alle Kisten waren schon weg. Ich war jetzt nur noch für Restarbeiten eingeplant. Garten (nachdem das Unkrautzupfen hoffnungslos war, tat’s auch ein Liter Unkrautvernichtungsmittel), Garagen, Auto verkaufen. Damit hatte ich wieder mal die Chance, kurzzeitig in die Welt südländischer Gebrauchtwagenhändler einzutauchen. Am Ende haben wir unser Auto nach Griechenland mehr oder weniger verschenkt. Vielleicht hilft’s der EU und dem Euro (nach dem der RMB Kurs jetzt bei 7,78 liegt, ist das dringend notwendig).

Am Freitag war für unsere Kinder der letzte Schultag. Da in Shanghai die Schule bereits am 22.08. beginnt, dürfen/müssen unsere Kinder 2 Wochen vor Schulende aufhören. Ich habe sie vonder Schule abgeholt, und durfte Zeuge herzzerreissender Abschiedsszenen sein. So etwas kenne ich nur von Beerdigungen. Verzerrte, fassungslose Gesichter, tiefes Schluchzen, verzweifelte Blicke, gegenseitiges Stützen. Offensichtlich war es mental so etwas wie eine Beerdingung. Wie auch immer, wir haben es ohne medizinische Unterstützung überstanden. Ich habe mich im Dorf nur vom Metzger (er möchte eine Postkarte) und vom Bäcker verabschiedet, und das eher unemotional.

Nachmittags haben wir im Haus beim Putzen noch eine feuchte Stelle an einer Kellerwand entdeckt, gut sichtbar umrandet von schwarzem Schimmel. Es stand die ganze Zeit ein Regal davor, das den Schaden versteckt hat. Ich glaube, damit hat unser Makler nicht gerechnet, als er sich für alle Fälle als Problemlöser angeboten hat. Jetzt kann er zeigen, was er kann. Der arme Kerl, aber wir schaffen das zu diesem Zeitpunkt nicht mehr.

Und dann musste noch die Hauscooling Party sein. Im leeren Haus, mit Pappbechern und viel Sekt, der Rotwein war schon eingelagert. Irgendwie waren dann doch viele Gläser da, und auch jede Menge zu Essen, so dass die Feier bis halb drei ging, da kann man nicht meckern. Die rührenden Abschiedsszenen am Friedhof (Pausenhof) von gestern haben sich bei uns im Flur wiederholt, die Schulter meines T-shirts war ein wenig durchgeweicht. Da sind grosse Mädels nicht besser als Teenie-Mädels.

Am Sonntag, waren wir beim 99sten Geburtstag meiner Grossmutter. Dazu müssen wir 300 km fahren, und es ist gar nicht einfach, wenn man es eilig hat, nicht den chinesischen Sitten zu verfallen. Auch in Deutschland gibt es super geteerte Standstreifen, und wenn das Wohnmobil so langsam an dem Wohnwagen vorbeizieht, warum eigentlich nicht auf der rechten Seite mal eben…? Im schlimmsten Fall bin ich inzwischen der Besitzer von vier Führerscheinen, von denen 2 sogar gültig sind. Da könnte ich ja einen mal zeitweise abgeben.

Der Geburtstag war so, wie ein 99ster Geburtstag in einem Altenheim sein kann, das den deutschen Kostensätzen unterliegt. Das Alter ist unglaublich, die 4 Generationen Feier ist es, und die Umstände sind es auch. Vielleicht ist es etwas Gutes, wenn in diesem Alter vieles an Bedeutung verliert. Wir mussten ja auch ein wenig schummeln, denn der wirkliche Geburtstag ist erst morgen. Doch was ist schon 1 Tagbei 99 Jahren?

Und dann konnte ich mich sogar noch von meinem ABF (so würde meine Tochter das nennen) verabschieden. Damit war der letzte volle Tag in Deutschland vorbei (von den 300 km Rückfahrt mal abgesehen), ein würdiger letzter Tag.

Los geht's: Auto beladen, im Hotel auschecken, die Pfandflaschen bei Penny abgeben, und ab nach Frankfurt. Auto und Gepäck abgeben, 7 Koffer mit vermutlich 150 kg, ein wenig rumhängen, einsteigen, ab.

08.07.2012 – Das IPad und die Waschmaschine

Sonntag, 08.07.2012

Was ich beim Einkaufen vergessen habe, ist Putzmittel. Das Haus ist zwar von der Ayi der Vorgänger an allen offensichtlichen Stellen einmal geputzt worden, aber wehe der Blick fällt aus Versehen hinter die Kulissen. Ich koennte jetzt den Vormietern noch einen alten Socken zurückgeben, der lag hinter der Waschmaschine. Was ich dort zu suchen hatte? Die chinesische Waschmaschine liess sich nicht intuitiv starten. Also habe ich mich ingenieurmässig mit dem IPad davorgesetzt und versucht, den Fehler einzukreisen. Warum Ipad? Ich habe mir erstmal die englische Anleitung aus dem Internet geholt, auf der Maschine steht alles auf chinesisch, und vom Vermieter habe ich einen miesen englischen Ausdruck mit französischen Kommentaren. Alle nehmen Bezug auf die Start/Pause Taste, und genau die ist nirgendwo beschrieben. Am Schluss hat es funktioniert, ich weiss bloss nicht, warum.

Und laufen war ich. Es hat abgekühlt, vom Rekord 38,4°C sind wir wieder bei angenehmen 34°C gelandet. Trotzdem war es keine gute Idee. Der Trainingseffekt ist vermutlich gleich null, der Schwitzeffekt immens. Ein Freund von mir möchte den Wüstenmarathon in Israel laufen, ich kann das hier als Trainingszentrum empfehlen. Und gerade als ich mich selbst überzeugt habe, dass Laufen bei den Temperaturen und der Luftverschmutzung keinen Sinn hat und ich mir deshalb etwas anderes suche, begegnet mir ein Chinese im lockeren 5 min/km Tempo. Noch Fragen? Alles Kopfsache. Er lief mit langer Hose und Shirt, vielleicht ist das das Geheimnis.

04.07.2012 – Eingezogen

Sonntag, 08.07.2012

Es ist vollbracht, ich bin ins Haus eingezogen. Ein würdiges Ende der ganzen ominösen Suche. Mein Van war fast zu klein, meine Umzugskartons zu fassen (+ das Fahrrad natürlich). Ich habe einen halben Tag am Wochenende gebraucht, das ganze Zeug wieder auszupacken.

Die erste Erkenntnis war, ich habe zwar etwas zu Essen, aber nicht mal einen Löffel, geschweige denn einen Teller oder eine Müslischale. Also bin ich abends noch zum Carrefour gefahren, mir nicht nur einen Karton Bier sondern auch eine Grundausstattung zu besorgen. Carrefour ist gleich um die Ecke, Yidjia war mir zu weit, obwohl der länger auf hat. Das Bier kann ich ja aus der Flasche trinken, aber das Müsli aus der Tüte zu kauen, ist mir zu blöd.

03.07.2012 – mein erstes Erdbeben

Sonntag, 08.07.2012

Ich war einen Tag in Japan, gesehen habe ich logischerweise nichts, aber wieder was gelernt. Diesmal bin ich mit dem Zug vom Flughafen ins Büro gefahren, es ist zwar einfach, den Bahnsteig zu finden, aber da gibt es ja immer 2 Gleise, also welches nehme ich nun. Ist ganz einfach, einfach in den Zug einsteigen, der zur richtigen Zeit fährt. Wer DB kennt, kommt nie auf die Idee, aber hier funktioniert‘s, das Wort Verspätung existiert vermutlich im japanischen Wortschatz nicht.

Abendessen musste ich mit Anleitung. Erst gab es Cracker, die aus gerade geschlüpften Makrelen bestehen, auf dem Foto kann man die Augen gut erkennen!

Und als zweites ein Ensemble aus Reis, Fisch, Kräutern und Tee, und dazu eben eine Anleitung für vier Arten, die einzelnen Gerichte zu kombinieren. Mein japanischer Kollege hat vorgelesen, vorgemacht, und ich hab’s nachgemacht. Hatte ich auch noch nie. Der Trick ist, jedes Mal die Auswahl mit dem heissen Tee zu übergiessen und so eine Art Suppe aus der Kreation zu erzeugen.

Am nächsten Tag mein erstes Mal, klingt ein bisschen wie mein schönstes Ferienerlebnis. Plötzlich bewegt sich mein Stuhl gefühlt 3 cm nach unten. Und danach hat es rund 1 min geschüttelt und gewackelt. Während ich das amüsant fand, wurden meine japanischen Kollegen bleich, offensichtlich sitzt die Erfahrung von 3/11 noch tief. Auch ein ‚11‘ event, er heisst in Japan tatsächlich so. Und es war ein spezielles Erdbeben. Die senkrechten Bewegungen sind selten, meisst wackelt es einfach. Diesmal waren es bestimmte echte 2 mm, die sich das ganze Haus bewegt hat, das Epizentrum lag in der Tokio Bay, also sehr nahe. Es ist wohl so, dass sich die Bebencharakteristik seit dem grossen Erdbeben verändert hat. Und davor haben viele Leute jetzt wirklich Angst, und nehmen es somit gar nicht locker. Und gerade die senkrechten Bewegungen sind die Ursache für Tsunamis. Jetzt habe ich auch mal ein Erdbeben in Japan erlebt, und sogar ein Spezielles!

30.06.2012 - 宜家 [yíjiā]

Sonntag, 01.07.2012

Yijia, gesprochen Idja. Erst habe ich das ja abgelehnt, aber inzwischen ist es soweit. Erst war ich Rostbraten essen, dann beim Mediamarkt, danach bei Carrefour, und jetzt Yijia! Nein, nicht die schwedische Fussballmannschaft, ich war bei IKEA. Und es ist gar nicht so schlecht. Erstens ist es gut gekühlt, bei 35°C draussen ein echtes Argument, und zweitens ist es nicht anders als zu Hause, d.h. man kennt sich sofort aus. Und es gibt das gleiche. Sogar die Preise sind wie zu Hause. Nett ist, wie schon oft in der Presse kolportiert, auf fast jedem Sofa, jedem Stuhl und in jedem Bett sitzt oder liegt einer (oder mehrere). Warum auch nicht, bei uns traut sich halt keiner. Ich ziehe am Mittwoch um, in unser Haus, und habe die Handtücher zu Hause vergessen. Vermutlich langt sich ein Chinese an die Stirn, für mich war’s einfach praktisch, dem IKEA Kaufrausch zu verfallen. Jetzt besitze ich 3 Handtücher, und noch jede Menge anderen Kram, der dort so rumliegt, wenn ich schon mal da bin… Ich hätte sogar an der Kasse die Family Card einsetzen können, hatte ich leider nicht dabei. Es gibt übrigens 2 IKEA hier, wie soll auch 1 IKEA 23 Mio. Menschen, oder wenigstens 10% davon, versorgen. Ich war bei dem mitten in der Stadt, und er ist mehr oder weniger tatsächlich mitten in der Stadt.

Sonst habe ich mich dieses Wochenende auf den Umzug vorbereitet, und schon mal gepackt: Neben meinen Koffern sind es Kartons im Equivalent von 6 Umzugskisten! Wo kommt das ganze Zeug denn her? Zugegebenermassen bin ich dreimal mit 2 Koffern geflogen, aber die Gepäckinflation habe ich nicht erwartet. Auf jeden Fall habe ich alles eingepackt oder aufgegessen, der Umzug kann kommen.

29.06.12 – Daisy

Sonntag, 01.07.2012

Diese Woche war ich in Changsha, einer Stadt im Westen von Shanghai. Das ist schon deutlich mehr China als Shanghai. Die Strassen sind wieder breit, und auch hier viele viele Neubauten. Die Umgebung ist eher was für den Europäer, es gibt Wald, Hügel, Bäche, nicht ganz wie zu Hause, aber doch eine nette Abwechslung zu Shanghai. Sie wird erkauft mit rund 5°C höheren Temperaturen und Dauerregen. In Shanghai herrschen derzeit 25 bis 30°C, der Traum eines jeden Italienurlaubers, 35°C bei 80% Luftfeuchtigkeit lassen jeden Anzugträger verzweifeln. Vielleicht hat es einen Grund, dass immer nur die Ausländer die Anzüge tragen. Die Chinesen tragen die Firmen-Einheitskleidung, aber halt mit Poloshirt. Dass man vom Westen ein Stück weiter entfernt ist, kulturell betrachtet, geographisch ist es ja näher als Shanghai, merkt man schnell am Essen. Das war meine erste Schildkröte, eindeutig an den Krallen im Topf erkennbar. Hier habe ich entschieden, einen schlechten Kerl zu machen und berufe mich auf ethische Gründe. Am nächsten Morgen dann die Erkenntnis, dass es nur ein chinesisches Frühstück gibt. Das ist zwar sicher gesünder als die europäische Eier-und-Toast Variante, aber dennoch ist es gewöhnungsbedürftig, Reis und Nudeln plus ein paar andere, undefinierbare Dinge zu essen. Und es ist ein wenig Geduld gefragt. Beim Auschecken versuchen fünf Hotelangestellte nach dem Chaosprinzip 10 Ausländer abzufertigen. Es erinnert mich stark an das Hockeyspielen meiner Kinder im Alter von 5 Jahren: da wo der Ball ist, rennen alle hin und versuchen, ihn irgendwie irgendwohin zu bewegen. Da wo der erste Kunde ist, rennen alle hin und versuchen gleichzeitig, nach der Minibar zu fragen, die Adresse abzuschreiben, die Summe auszurechnen und die Kreditkarte einzusetzen. Bis die nächste Langnase ungeduldig nach dem Auschecken fragt. Dann stürzen sich alle fünf auf ihn und beginnen die Prozedur von vorn, bis die vorherige Langnase daraufdrängt, …, bis die nächste Langnase… Und das Spiel geht lange! Mein Auschecken hat schlappe 30 min gedauert.

Heute hat übrigens Deutschland gegen Spanien verloren, um 4:30 in der Früh. Ich wollte mir das Spiel eigentlich ansehen und habe mir den Wecker gestellt. Dann mich aber eines Besseren besonnen und ihn wieder ausgemacht. Um 2:45 Fussball zu schauen, dafür fehlt mir doch die Begeisterung. Habe ich schon erzählt, dass ich jeden morgen um 23:15 aufstehe? Tja, Funkwecker funktionieren in China nicht, d.h. bei wichtigen Terminen bloss nicht verrechnen!

Und dann war heute Daisy bei mir, Daisy ist Studentin und meine neue Chinesisch-Lehrerin. Ich habe wieder etwas gelernt: Chinesen sehen Deutsche als träge, unflexibel und wenig veränderungsbereit an. Ich konnte jetzt nicht wirklich wiedersprechen. Welcher Deutsche wäre schon bereit, sich statt seinen ursprünglichen Namens Daisy zu nennen? Dazu gibt es passend die VW-Werbung ‚Germans are stiff‘, kann jeder mal ausprobieren (der nicht in China ist, da auf Youtube). Es ist immer wieder erhellend, die Klischees der anderen über Deutschland zu erfahren, und davon gibt es eine ganze Menge. Offensichtlich habe ich bei Daisy ein wenig zweifelnd geschaut, sie hat mich gefragt, ob der Name nicht gut wäre, sie hätte ihn gerade erst ausgesucht, und zwar nach der Blume (Gänseblümchen). Ich habe ihr Daisy im Micky Maus Heft meiner Tochter gezeigt. Mal sehen, wie sie beim nächsten Mal heisst.

Zum Thema gesperrt: vorgestern waren nicht nur wie sonst auch Youtube und Facebook nicht erreichbar, oder wie manchmal Google, sogar das Fernsehprogramm DW Asien war dunkel. Ich weiss nicht warum, einfach weg! Und am nächsten Tag wieder da.

Ich habe übrigens ein neues technisches Spielzeug, auf Anraten eines Kollegen habe ich ein Webradio besorgt. Jetzt höre ich mitten in Shanghai Bayern 3, und verfolge gespannt die Staulänge bei Hengersberg (Niederbayern wissen, wo das ist). Dass Internet bringt die Menschheit weiter, noch vor 10 Jahren hätte kein Chinese den Stau bei Hengersberg gekannt!

24.06.2012 – 2-Zylinder 2-Takt

Sonntag, 01.07.2012

Ich hätte ja nicht gedacht, dass ich noch jemals Trabi fahren darf! Für manche Sachen muss man erst nach Shanghai fahren, offensichtlich auch für`s Trabifahren. Nicht jedoch in Shanghai, da gibt’s eher Lamborghinis und Bentleys, dafür in Dresden. Ich war eine Woche in Deutschland, und hatte die Chance, tatsächlich so eine Pappe mit Verbrennungsmotor zu fahren. Die Luftqualität im Inneren erinnert stark an Shanghai, zumindest wenn man in der Kolonne langsam durch eine Stadt fährt. Wir wurden vor der Fahrt noch darauf hingewiesen, dass wir drogenfrei sein müssen, um fahren zu dürfen. Ich schätze mal, nach 15 min war jeder von uns high. Bei den vielen HC waren sicher ein paar OH-Gruppen dabei. Eine schicke Veranstaltung, ich würde sagen, Trabi fahren unbedingt gehört auf die Liste ‚was ein Mann einmal getan haben muss‘!

Sonst habe ich die Zeit in Deutschland genutzt, um einen Teil dessen zu tun, was ein Mann sonst noch so tun muss, wenn er nach China umzieht: Sortieren. Die blauen in den einen Container, die gelben in den anderen, frei nach ‚links Kreuzigung, rechts Freispruch‘. Und kaum habe ich ein wenig sortiert, sass ich schon wieder im Zug und im Flugzeug, und der Spass war vorbei. Jetzt kann ich wieder in Ruhe in China arbeiten, und die Familie darf den Rest organisieren.