Berichte von 09/2013

21.09.2013 – Laufen in Pudong

Mittwoch, 25.09.2013

Ich war zum Laufen in Pudong verabredet. Dazu muss ich mal eben in ein anderes Stadtviertel fahren, 60 km oder 45 min. Es hat geschüttet, wir bekommen gerade die Ausläufer des Taifuns über Taiwan ab, die Luftfeuchtigkeit steigt asymptotisch gegen 100%.

Pudong ist anders als unsere Seite Puxi: Quadratviertel und Rechteckstrassen, entweder Wohnviertel oder Firmen. Es wirkt ein bisschen steril, Kneipen und Restaurants gibt es keine. Dann lieber Puxi, auch wenn oder gerade weil dort im Winter die Hunde zum Trocknen auf der Strasse hängen. Ihr könnt sehen, die Massstäbe verschieben sich.

Was macht man sonst am Wochenende? Auf eine der Expats Grillparties gehen, dort die Freunde treffen, und am Sonntag arbeiten fahren, aber mit dem Auto, nicht mit dem Moped. Oder in die Stadt fahren, so dass jedes Mal der Tag-Nacht-Rhythmus durcheinanderkommt. Denn so ein Stadtabend endet meist erst gegen 2, nach der ein oder anderen Bar. Das geht auf die Kondition, das harte Expatleben in Shanghai ist anstrengend.

Morgen ist Bundestagswahl, und vorgestern sind meine Wahlunterlagen angekommen, zur Briefwahl. Letzte Woche habe mich mal nachgefragt: Am 21.08. wurden sie verschickt. Mitte Juni habe ich sie beantragt, was ist in der Zwischenzeit passiert? Kann ich jetzt die Wahl anfechten? Immerhin hat man mir letzte Woche erklärt, ich kann meinen Wahlschein für ungültig erklären lassen, dann würde mir ein neuer ausgestellt. Ob der dann aber rechtzeitig ankommt, übernimmt niemand die Haftung. Wenn schon 3 Monate vorher nicht reicht, wieso sollen dann 3 Tage vor der Wahl funktionieren? Der Rest der Familie wird übrigens seine Wahlunterlagen 2 Tage nach der Wahl bekommen.

25.09.2013 – Schwarmintelligenz

Mittwoch, 25.09.2013

Ein ganz neues Hotel in Bengbu, hat erst vor sieben Tagen aufgemacht. Wir hätten es besser wissen müssen. Als Deko befinden sich an den Wänden kilometerlange Glasschränke mit Weinflaschen. Als wir abends eine trinken wollten, gab es erst keine, dann vielleicht eine, dann immerhin zwei zur Auswahl. Merke: 5 Sterne, 2 verschiedene Weine! Nach der Bestellung nochmal 30 min warten, erst werden die Weingläser abgewaschen, vermutlich Premiere. Dann wurden die Flaschen auf den Tisch gestellt - und wieder abgeholt. Bis sich einer von uns erbarmt hat, hinterhergelaufen ist, weil: wie macht man überhaupt eine Weinflasche auf?

Und das Zahlen am nächsten Morgen: 4 Angestellte bewegen sich als Schwarm von Gast zu Gast, um ihn auszuchecken. Das ist normal, und dauert immer so eine halbe Stunde, drei schauen zu, wie einer etwas anfängt. Weit kommt er nicht, denn sobald irgendwas passiert, z.B. ein Zweiter will auschecken, lassen sie alles liegen und fangen das Spiel dort von vorne an. Nicht normal ist, das alle Zimmer, wir hatten zehn, auf der Kreditkarte meines Kollegen gebucht waren, und dafür auf meiner Rechnung standen; Mit der Bitte, mal eben meine Karte rauszurücken. Das Auseinanderzupflücken hat weitere 45 Minuten gedauert, und mein Kollege ist Chinese, d.h. auch einem Nativ Speaker geht es nicht besser. Abends zu Hause dann ein Email vom Hotel: 4 Zimmer sind nicht bezahlt, ob ich nicht mal mit meiner Kreditkarte vorbeikommen kann…

19.09.2013 – Moon Festival

Mittwoch, 25.09.2013

Unser zweites Moon Festival, allerdings fast ohne Mooncakes. Letztes Jahr haben wir mehr bekommen, als wir jemals essen konnten. Dieses Jahr ist alles anders, die Antikorruptionspolitik schlägt zu. Die Armee darf keinen Baijiu mehr trinken, die Funktionäre nicht mehr teuer Essen gehen (Birds Nest, Shark Fin, Abalone, Sea Cucumber), und man darf keine Mondkuchen mehr verschenken. Könnte missverstanden werden. Dabei geht es gar nicht um die Moonkuchen, sondern um die Verpackung: denn eigentlich waren die Moon Cakes nur das Vehikel für Beigaben wie Geld, Alkohol, Schmuck etc. Jetzt gibt es nur noch Cakes, der Rest wird vielleicht anders überreicht. Wie gesagt, book keeping is an art!

Zum Mond Festival scheint auch pünktlich der Mond (oder andersrum), und da wir seit Wochen klares Wetter haben, ist er auch richtig gut zu sehen. Ein Weichei, wer sich über das Wetter und die Luft beschwert. Aktueller AQI 41, das ist quasi Luftkurort.

Und für’s Protokoll, Premiere in unserer Familie: die grosse Tochter war gestern das erste Mal clubben, bis nach Mitternacht. Und: Anmeldung für den Shanghai Halbmarathon erfolgt, Termin 01.12.. Ich brauche ja immer ein Druckmittel, jetzt steigt immerhin die Wahrscheinlichkeit, dass ich regelmässig trainiere.

20.09.2013 - Chongming Island

Mittwoch, 25.09.2013

..war heute unser Ziel. Es ist die drittgrösste chinesische Insel, und liegt direkt vor unserer Haustür. Letztes Jahr war ich da mal Radeln, wir wollten ein wenig im Grünen rumlaufen. War aber nix, jetzt ist die nächste krank, gleiche Symptome wie letzte Woche. Das scheint hier im Moment umzugehen.

Stattdessen waren wir auf dem Brillenmarkt, eine geschliffene Sonnenbrille besorgen, when you are in Rome: shopping and eating.

Und nicht zu vergessen: mein lackiertes Moped ist wieder da! Der Bruder hat es mir persönlich vorbeigefahren. Damit er wieder heimkommt, ist ihm seine Freundin/Frau/Mätresse/Assistentin auf ihrem Elektroroller gefolgt. Und zwar so konzentriert, dass sie sein Anhaltemanöver vor unserem Haus nicht realisiert hat. Könnt Ihr Euch das vorstellen: Einschlag eines E-Rollers in mein neu lackiertes Moped direkt vor der Haustür! Muss das sein? Ausser dämlich Grinsen ist ihr nicht viel dazu eingefallen, ich bekomme halt irgendwann einen neuen Blinker, oder vielleicht auch nicht.

Um dieses Ereignis zu verarbeiten, bin ich dann therapeutisch Mopedfahren gegangen: rund 1 h und 20 km ohne Defekt! Völlig unerwartet. Auf der 6 spurigen Strasse hat mir zwar ein Gabelstapler die Vorfahrt genommen, jedoch beherrsche ich als Segler das Manöver des letzten Augenblicks und konnte die Gabel gerade noch umgehen (umfahren). Ich könnte am Sonntag damit in die Arbeit fahren, dieser Sonntag ist wieder mal ein chinesischer Arbeitstag, wie die nächsten beiden Wochenenden auch, aber dafür bin ich noch zu feige. Vielleicht klappt’s dieses Jahr noch. Jetzt steht es wieder in der Garage und stinkt vor sich hin: der Benzinhahn ist undicht.

13.09.2013 – Der See mit den haarigen Krabben

Mittwoch, 25.09.2013

Heute ist Freitag der 13! Ich muss mich auf den Weg in ein Dorf am Yangshen Lake machen, das ist der See, aus dem für ganz China die Hairy Crabs kommen. Für Chinesen ein Ereignis wie bei uns der Spargel, für Nichtchinesen eher etwas unangenehmes. Denn man ist nicht nur das Fleisch in den Beinen, bei der Grösse ist das eh fast nichts, sondern bricht den Körper auf und ist die Innereien. Mahlzeit. Ich war dort auf einer Veranstaltung, und habe mich wieder mal von meinem Garmin durch die Pampa leiten lassen. Nach rund 30 min Fahrt nach Westen ist man schnell in China, kaum noch Autos, viele Mopeds, Traktoren und Laster, und alle kommen aus allen Richtungen, unabhängig von der Verkehrsführung. Viele kleine Häuser, nichts mehr mit shiny Shanghai. Leider war der Garmin nicht ganz up to date, am Schluss stand ich in einem Reisfeld. Aber es gibt schlimmeres, ich war noch pünktlich da, Google Maps sei Dank.

Das Hotel am See dagegen entspricht etwa der Halle des Volkes, es hätten locker alle Spieler der WM dort reingepasst, und in den Säalen war genug Platz für Testspiele. Dafür gab es einen geschotterten Weg am See zum Laufen, für Shanghaier Verhältnisse ein Paradies.

15.09.2013 – gelackmeiert

Mittwoch, 25.09.2013

Ich war im Laden, bzw. in der Garage, um mir mein neu lackiertes Moped anzusehen. Man nehme einen Pinsel und wedle ein bisschen auf der Unterseite des Beiwagens rum, malt damit noch alles andere mit an, was irgendwie im Weg ist, und erklärt das Ganze für fertig. Ein dreijähriges Kind hätte es genauso gemacht. Warum ich das schon wieder bu hao finde, war dem Bruder wohl unverständlich. Ganz unchinesisch ist mir der Kragen geplatzt. Und was war das Ergebnis des lautstarken Telefongesprächs (ich musste ja den anderen Bruder anrufen, auf chinesisch kann mir der Kragen noch nicht platzen)? OK, dann lackieren wir halt neu. Allerdings hat er mich kurz danach nochmal angerufen: der Lackierbetrieb hat ihm erklärt, das sei alles OK so und er meint auch... Ich habe ihm ganz unchinesisch geraten, sich das Desaster selber anzusehen, dann war die Diskussion beendet.

09.09.2013 - Kochkurs

Mittwoch, 25.09.2013

Alle meine Asien-Kollegen sind in Shanghai, da habe ich mir typisch deutsch überlegt: ein gemeinsamer Kochkurs ist eine tolle Idee. Wahrscheinlich war es für mich am interessantesten, vor allem Kollegen aus den stark hierarchischen Nationen beim Kochen zu sehen: Sie haben vermutlich noch nie gekocht. Organisiert von einer engagierten Shanghaier Unternehmerin Mitte 20 (maximal). Erst hat sie uns zum Einkaufen geführt. Mir ist der Stand auf der Strasse, oder besser die am Strassenrand sitzende Person im Gedächtnis geblieben: er verkauft Aale. Und das geht so: er hat ein schmales Holzbrett, durch das an einem Ende ein rostiger Nagel geschlagen ist. Mit einer schnellen Handbewegung nimmt er einen zappelnden Aal, etwa 40 cm lang und knapp 1 cm stark, spiesst den Kopf auf dem Nagel auf, schneidet ihm die Kehle durch, Eingeweide raus, Kopf ab, fertig. Dauert etwa 5 s. Das Brett ist so blutig rot, dass ich mir die Fotos gespart habe, nichts für europäische Weicheier. Währenddessen büchsen ihm immer wieder Aale aus der Plastiktüte aus und schlängeln, oder aalen? sich über die Strasse. Dazu sitzt seine Assistentin neben ihm, sie fängt die Tiere wieder ein, der Nagel ruft.

Den Kochkurs gab‘s im Appartement der Unternehmerin. 12 Mann plus sie selbst plus eine Assistentin plus 2 Chefs, d.h. angeblich echte Köche, auf geschätzt 10 m². Wohnungen in Shanghai kosten im Moment 4.000 bis 4.500 €/m², Küche plus ein Zimmer sind etwa 25 insgesamt, das sind über 100.000 €, bei einem Einkommen von vielleicht 5.000 RMB oder 600 € kann sich jeder die Situation selber ausrechnen. Wie funktioniert das? Ähnlich wie bei den Schwaben: Schulden machen und Eltern, nur auf die Wüstenrot Bausparkasse muss der Shanghaier verzichten.

Gehalt ist ein hochinteressantes Thema in China. Nicht nur, dass gerade die Generation Y alle 3 Jahre 30% mehr braucht, hauptsächlich, um den Diskussionen in der eigenen Familie (Eltern) standzuhalten, d.h. um die Wohnung zu finanzieren und die beiden anderen Insignien Auto und den damit verbundenen Titel vorzuweisen. Bestehende Gehälter vor allem bei den Staatsbetrieben sind sehr speziell. So verdient ein Personalchef etwa 360 EUR im Monat. Da das auch in China für einen Personalchef nicht viel ist, bekommt er eine Wohnungs-, Kleider-, Auto-, Telefon-, Essens- und noch ein paar andere Allowances. Wieso? Ganz einfach: Allowances sind steuerfrei! Also werden nur 360 € versteuert. Man sagt, Finanzbuchhaltung in einem Shanghaier Unternehmen ist eine grosse Kunst: Zum einen die Steuer zu vermeiden und zum anderen revisionsfest zu sein.

Zurück zum Thema, wir haben ein 5 gängiges chinesisches Menü gekocht, und danach haben wohl die beiden Chefs noch einmal profimässig nachgelegt. Alle waren begeistert, dabei war ich mir am Anfang nicht ganz sicher, ob die Idee mit dem Kochen im Appartement wirklich gut ist. Ich habe leider nicht mitgegessen: ein Virus hat mich an dem Tag matt gesetzt, mir blieb nichts anderes übrig, als heim zu fahren und mich ins Bett zu legen.

08.09.2013 – Weihnachten

Mittwoch, 25.09.2013

… kommt immer so plötzlich, also kann man gar nicht früh genug dran denken. Wir werden dieses Jahr wieder nicht nach Deutschland fahren, aber, hurra, auch nicht arbeiten. Wir haben uns Myanmar als Ziel ausgesucht. Blöderweise fehlt mir genau ein Urlaubstag, um exakt drei Wochen unterwegs zu sein. Jetzt haben wir die Planung mehrfach durch die Mangel gedreht, alles wieder umgeworfen, den Strand vom Schluss an den Anfang gelegt, mit getrennt Fliegen geplant, bis es jetzt einen Kompromiss gibt. Wir fliegen doch gemeinsam, aber erst Strand und dann Reisen, andersrum wäre besser gewesen.

Burma ist merkwürdig: alles ist noch sehr basic, aber die Nachfrage übersteigt das Angebot bei weitem. Konsequenz? Die Preise fliegen mit dem Markt, d.h. ein simples Doppelzimmer kostet 150 bis 250 USD, und das in einem 3. Welt Land. Immerhin kann man seit diesem Jahr über Agoda buchen, letztes Jahr ging das noch gar nicht. Inlandsflüge sind vom Ausland aus nicht buchbar, aber es ist die einzig sinnvolle Art zu Reisen. Wie kommt man an die? Über ein deutsches Reisebüro. Klappt ganz gut, angeblich bekommt man dann handgeschriebene Tickets ausgehändigt. Wir haben schon mal bezahlt, und dafür immerhin einen pdf bekommen.

Nach mehreren Wochen und einigen Beinahe-Herzkaspern während der Zimmerbuchung (Zimmer während des Buchungsvorgangs weg) steht die Reise jetzt. Es ist nicht ganz so einfach, Langstrecke, Inlandsflüge und Hotels zu synchronisieren, wenn man nie weiss, was denn nun Bestand haben wird.

08.09.2013 – Nächstes Jahr, und dann?

Sonntag, 08.09.2013

Erst habe ich überlegt, ob ich das Thema hier rauslassen soll, solange es kein Ergebnis gibt. Dann aber festgestellt, dass dieser Prozess genauso zum Expatleben gehört wie die Anekdoten zum Führerschein. Also schreibe ich es auf.

Irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem sich die danach-Frage stellt. Die Hälfte ist schon rum, und unsere Mädels würden/werden nach diesem Schuljahr zurück nach Hause gehen. Gesetzt ist, dass wir die Klassen 11 und 12 nicht auf zwei Schulen aufteilen. Da unser Haus vermietet ist, und alles Mögliche andere reaktiviert werden muss, gilt es Klarheit bis zum Februar zu bekommen. Wir müssen überlegen und entscheiden, wie es aus unserer Sicht weitergehen soll. Und dann haben noch ein paar andere ein gewichtiges Mitspracherecht. Unser Familiengefühl ist, wen wundert’s, eher auf ‚noch ein bisschen‘ ausgerichtet, trotz Chaos, teurer Nutella, schlechter Milch und absurden Hauspreisen. Interessant, liegt das am angeborenen Beharrungsvermögen des Menschen, oder einfach, weil es hier so toll ist? Vermutlich beides. Lassen wir den Prozess reifen, im Moment steht unser Pendel eher auf ‚Abitur hier ist keine schlechte Alternative‘.

Zum Thema Vergleich: ein chinesisches Ministerium kümmert sich nun um das Verhalten der chinesischen Touristen im Ausland. Sie stellen inzwischen die grösste Touristennation, noch vor den Deutschen. Steht sogar in der deutschen Presse. Die Beschwerden aus dem Ausland reichen über auf den Boden spucken, Drängeln, fürchterlich laut bis zu schlimmerem. Wer einmal in Frankfurt für einen Chinaflug eingecheckt hat, kennt das. Da meistens 80% der Passagiere Chinesen sind, hat man das Gefühl, man ist schon angekommen. Ich kann das Ausland beruhigen, es ist nicht nur dort so, zu Hause machen sie das genauso.

 

06.09.2013 – 4 gute Jahre

Sonntag, 08.09.2013

Woher ist der Spruch? Erraten? Nun, ich wollte mir das Kanzlerduell ansehen, schliesslich haben wir jetzt save.tv. Leider basiert der Internetzugang wieder auf Brieftauben. Der Download der Sendung mit der Maus, Dauer 38 min, dauert derzeit 8 Stunden. Der Download eines Tatort etwa 17 Stunden, leider ist die Datei danach nicht lesbar, erst nach dem dritten Versuch. Und das Duell wollten wir uns als Happening am Montag Abend ansehen. Obwohl schon in der Früh um halb sieben gestartet, das ist die beste Zeit, war er erst abends um 11 fertig. Dafür gleich auf’s erste Mal, ist auch schon was. Also habe ich mir das Spektakel heute angesehen. Ich bin wohl der einzige, der sich das Ding erst nach 5 Tagen anschaut. Hat aber auch was. Bis dahin habe ich schon viele Kommentare gelesen, vor allem in der SZ (ist eine blöde App, das Abo spare ich mir), und konnte vorher schon auf die interessanten Stellen warten. Ist ein wenig wie die Frage: besser erst das Buch lesen oder den Film anschauen.

Und den Spruch von den guten Jahren, wahrscheinlich geklaut von ‚four more years‘, aber schlecht geklaut, bringt unsere Kanzlerin am Schluss. Wegen der nächsten Jahre wollten wir alle wählen, ein Auslandsdeutscher, ja, so heissen wir offiziell, immerhin nicht Deutschausländer, darf an der Bundestagswahl teilnehmen, wenn er sich bei seinem ehemaligen Wahlamt registrieren lässt. Dann ist das eine ganz normale Briefwahl. Gesagt, getan. Eins ist bei dem Verfahren nicht berücksichtigt: das Thema ‚Brief‘. Denn das ist das Synonym für ‚kommt nicht an‘. Seit rund 2 Monaten bekomme ich gar keine Post mehr, nicht mal die Alpenvereinszeitung (wer erinnert sich?). Seit Mitte des Jahres sind die Visabestimmungen verschärft, vielleicht haben die Briefe kein Visum. Auf jeden Fall geht es allen Deutschen hier so: in Deutschland beantragt, aber bis heute keine Unterlagen bekommen. Selbst wenn sie jetzt noch kommen, ist nicht davon auszugehen, dass sie rechtzeitig wieder zurück sind, wenn überhaupt. Also werde ich nicht am demokratischen Prozess der ‚4 more years‘ teilnehmen, obwohl ich doch so gerne wollte. Kann ich die Wahl damit anfechten? Weil ich nicht mitmachen durfte?

 

30.08.2013 – Kein Führerschein

Sonntag, 08.09.2013

Den Spruch mit dem Führer und dem Führerschein verkneife ich mir jetzt. Erstens ist er grenzwertig, zweitens war das mehrere Monate die Hitliste der Suchbegriffe für meinen Blog. Ich kann sehen, über welche Begriffe mein Blog gefunden wird, und solche Schlagworte werden wohl gerne genommen.

Mir fehlt wieder mal ein Führerschein, nicht was Ihr denkt, ich habe alle noch, aber alle ist nicht genug. Wir fliegen in der Golden Week nach Taiwan, und wollen ein Auto mieten, Taiwan verlangt einen internationalen Führerschein. Blauäugig wie ich bin, wollte ich einfach meinen chinesischen Schein nehmen, mit dem leihe ich mir auch immer problemlos die Autos in Deutschland. Nicht so in Taiwan, international muss er sein. Jetzt gibt es zwei Randbedingungen: ein internationaler chinesischer Führerschein existiert nicht, da China irgendein Abkommen nicht unterschrieben hat, und ein deutsches Konsulat stellt nichts aus, was mit Führerschein zu tun hat. D.h. hier bekomme ich keinen, und in Deutschland bin ich nicht. Erst dachte ich, auch Mainland Chinesen fahren in Nicht-Mainland Taiwan Auto, also muss es eine Lösung geben. Geht auch, nur keiner weiss wie! Angeblich irgendwie über Hongkong mit einer Übersetzung (in welche Sprache?) gegen Geld. Das war mir zu abstrus. In meiner Ratlosigkeit habe ich am Mittwoch dem Landratsamt Ludwigsburg ein Mail geschrieben, an info@... Ob Ihr es glaubt oder nicht: am nächsten Morgen hatte ich eine Antwort! Es muss nur jemand mit einer Kopie meines Scheins, meinem Foto und seinem Personalausweis hingehen, dann gibt es das Papier gegen 12,90 € in 5 Minuten. Kopie vom Schein geht per pdf in einer Minute (d.h. in den USA gibt es jetzt auch eine Kopie meines Führerscheins…). Und wie mache ich das nun mit dem Foto? Kurz vor meiner Ausreise habe ich in LB noch Passbilder machen lassen. Also Mail an den Fotoladen, habt Ihr die noch? 5 Minuten später die Antwort: sollen wir sie gleich ausdrucken? Ein netter Kollege war am Donnerstag erst beim Fotoladen, dann auf dem Landratsamt, und dann beim zweiten netten Kollegen, der am Wochenende nach Shanghai fliegt. Nach 3 Arbeitstagen hatte ich am Montag Nachmittag meinen internationalen Führerschein! Herzlichen Dank an Frau König vom Landratsamt Ludwigsburg! Hätte ich nie für möglich gehalten. Taiwan, wir kommen.

 

29.08.2013 – Lotusblüte

Sonntag, 08.09.2013

Mit Blumen kann man sein Haus verschönern, auch unseres. Deshalb hatten wir eine grosse Vase mit Lotusblüten. Irgendwann gehen sie den Weg aller Schnittblumen, und gehören entsorgt. Das macht man hier, indem man der Ayi die Vase hinstellt mit dem Ziel, Blumen wegwerfen und Vase waschen. Klingt ganz einfach.

Da keiner zu Hause war, alle Arbeiten, Anrufe der Ayi mit vielen Fragen und Erklärungen. Wer viel in Fremdsprachen telefoniert, weiss, wie schwierig das ist, und wer schon mal auf Chinesisch telefoniert hat, weiss, wie aussichtslos das ist. Viele Laute, keine Ahnung, bu ming bei. Um was geht es, was will sie sagen, sie soll das Zeug doch einfach nur wegschmeissen. Also wie immer: Kollegen fragen, er soll übersetzen. Langes Telefongespräch, wie immer, angeblich ist die Sprache so unpräzise, am Schluss die Botschaft: Die Ayi weist darauf hin, die Lotusblüten sind zu alt, die kann sie nicht mehr für das Abendessen kochen… Noch Fragen?

27.08.2013 – Schwimmen

Sonntag, 08.09.2013

Ich war mit meiner super geschliffenen Schwimmbrille von Decathlon im Compound-Schwimmbad, sowas haben wir hier nämlich. Und habe mir fest vorgenommen, im Sommer nach der Arbeit schwimmen zu gehen, von wegen Rücken und so. Zum Laufen ist es zu heiss, dann ist das eine prima Abwechslung. Mit der Brille bin ich nicht mehr blind wie ein Maulwurf, klasse. Leider sehe ich jetzt auch, was so alles im Wasser rumschwimmt. Böse Zungen behaupten, das Wasser wird nie gewechselt. Das stimmt so nicht, ich kann bestätigen, dass es im Mai neu eingefüllt wurde. Ein zweites Mal war ich bisher nicht schwimmen.

25.08.2013 – Sonntagsgrillen

Sonntag, 08.09.2013

Die Temperatur wird freundlicher: Der ungewöhnliche Sommer ist den fehlenden Taifunen geschuldet, daher war es so heiss und relativ trocken. Jetzt gibt es einen Taifun im Süden, schon ist es um rund 10° kühler, und gleich doppelt so feucht: 80%. So haben wir kurzentschlossen entschieden zu Grillen. Anzünden klappt ja inzwischen mit Baijiu wunderbar, nur die feuchte Kohle qualmt wie Sau. Geschuldet der Lagerung bei 80%. Die Wurscht haben wir vom deutschen Metzger, und zwar genau der, zu dem wie am Freitag immer Currywurscht essen fahren. Zusammen mit lauter Franken und Oberpfälzern, da ein INA Schaeffler dort in der Nähe sein HQ hat. Es war sehr entspannt, typisch deutsches Essen, Öl Mörk Lager (nicht bekannt? Gibt’s bei Ikea, dort kann man nicht nur Billy Regale sondern auch Bier kaufen, eben Öl Mörk!) kaum Mücken, und Urlaubstemperatur. Wie damals, in Deutschland!

   

Wen es interessiert: mein Moped ist wieder weg, der running gag! Es soll neu lackiert werden. Er hat meine Reklamation anstandslos entgegengenommen. Mich verblüfft das immer wieder, es ist normal, dass sich der Kunde beschwert, dann wird halt nachgebessert. Aber immer nur das, was reklamiert wurde. Vielleicht ist das die billigere Variante, Kundenbindung erfolgt im chinesischen Gewerbe also über Reklamationsbearbeitung.

Von wegen und chinesisches Essen: die Luxusrestaurants steuern auf die Pleite zu. Erst hat es die Baijiu Hersteller getroffen, da es einen neuen Erlass gibt: Armeeangehörige dürfen im Dienst keinen Schnaps mehr trinken. In der Konsequenz sinkt der Absatz der Luxusmarke Maotai rapide. Mein Bedarf zum Grill Anzünden gleicht das anscheinend nicht aus. Und im zweiten Schritt wurden nun die teuren Festessen auf Staatskosten verboten. Das bringt die ganzen grossen Schuppen in Schwierigkeiten.

 

24.08.2013 – Hash

Sonntag, 08.09.2013

 

Nein, keine Hash Browns, sondern ein Swiss Hash mit Sticky Testicles und Nordick. Wer weiss, um was es geht? Richtig, ich war mit den Drunken Dragon Hash House Harriers unterwegs, genannt ‚The drinking club with a running problem‘, auf jeden Fall beer motivated. Den Tip hatte ich bereits vor meiner Abreise aus Deutschland von Steffen bekommen, auch beim Skifahren, und jetzt, nach 1½ Jahren habe ich ihn wahrgemacht. Hätte ich gleich tun sollen, anstatt es immer vor mir her zu schieben, vor allem in der Zeit, die ich alleine hier war. Steffen, danke für den Tip, ich hätte auf Dich hören sollen.

Ich bin mit der U-Bahn hingefahren, Auto war nicht angebracht. An der U-Bahn Station wird eine neue Messe gebaut, chinesisch in Hochgeschwindigkeit. Und weil es so heiss ist, schlafen die Bauarbeiter in der U-Bahn, dort gibt es eine Klimaanlage.

Die ganze Aktion hat 10 ½ Stunden gedauert, davon waren wir in 1:47 immerhin 11,2 km unterwegs, das gibt einen Schnitt von 9:34 min/km. Aus der Beschreibung ist erkennbar, mit Laufen hat es auch was zu tun, aber eben nur auch: es ist very British und es geht vor allem um Bier. Die zwei Hares, d.h. Oberpfadfinder waren unheimlich nett und sehr OK, was ihre Hash-Namen erstmal nicht vermuten lassen. Einen Hash Namen braucht man übrigens, dann tritt man sozusagen inkognito auf. Dazu gehört auch eine Taufe, irgendwas mit Eiern und Bier auf den Kopf. Ich habe keinen Hash Namen, und brauche auch keinen. Mit uns war ein Deutscher unterwegs, der in Chiang Mei wohnt, am Wochenende in Shanghai zu tun hatte, und deshalb mitgelaufen ist, am Sonntag will nochmal das gleiche in Kunming machen, hauptberuflich trinkt er Bier in Chiang Mai. Wer sich’s immer noch nicht vorstellen kann, einfach im Internet nachsehen. Es war heiss, 38°C, man läuft Markierungen nach, die die Hares mit Kreide auf den Boden gemalt haben. Die können falsch sein, dann muss man halt wieder zurücklaufen, und sie sind auch nicht jugendfrei. Doch doch, da nehmen Erwachsene und ganz normale Leute teil, ich kann’s bestätigen. Da es ein schweizer Hash war, ging es auch über die Berge, dargestellt von Erdhaufen auf einer Baustelle.

Nach dem Lauf gilt es, in etwa einer Stunde die Körpertemperatur zurück auf Normalmass zu bekommen. Ich habe völlig übersehen, dass bei den Temperaturen meine Füsse um mindestens 2 Nummern anschwellen, d.h. meine Laufschuhe sind zu klein, ich hätte besser 46 gekauft. Wenn der Körper, unterstützt durch Bier-Innenkühlung wieder etwa 37°C erreicht hat, gibt es den Circle. D.h. alle stehen zusammen, Privatunterhalten untersagt, und es gibt, very very British, einen Toast auf alles und jeden, immer begleitet von Auf-Ex-Trinken. Danach geht es zum Essen, ich hatte Glück, Grillen beim Australier, üblich ist wohl eher Chinese. Wieder unterstützt von den Kisten eisgekühlten Bieres, BYO! Ich werde sicher nicht jedes Wochenende hingehen, aber hin und wieder auf jeden Fall. Wenn es ein bisschen kühler geworden ist und mir sonst nichts Besseres einfällt. Denn es ist garantiert, dass der ganze Tag ausgefüllt ist, ich erst gegen 10 heimkomme, nicht verdurstet bin, ach ja, und noch irgendwie 10 km gelaufen bin. Das mache ich sonst in einer Stunde vor dem Frühstück, wie langweilig.

 

20.08.2013 – Changchun

Sonntag, 08.09.2013

 

Hin und wieder Changchun, die Stadt im Norden, nicht weit von der koreanischen Grenze entfernt, Nord-, nicht Südkorea! Diesmal habe ich im schweizer Hotel gewohnt, an das ein bayerisches Wirtshaus angegliedert ist, in Bierzeltgrösse. Angeblich gibt es dort das beste Oktoberfest ausserhalb Bayerns. Es wird schon fleissig dafür geworben.

Typisch für Changchun sind die Kohlekraftwerke, durch die die Luft dort dann doch nicht mehr so toll ist, obwohl rundrum nichts ist ausser Gegend.