Berichte von 10/2013

29.10.2013 – 157 Tage Sommer

Donnerstag, 31.10.2013

Vorbei! Und zwar genau seit dem 15.10.2013. Woher ich das so genau weiss? Zufällig ist das der Tag, an dem ich in Changchun begonnen habe, zu frieren, hat aber nichts mit dem Sommer in Shanghai zu tun. Vieles in China ist cha bu duo, aber nicht alles, Sommeranfang und Ende sind genau festgelegt: Wenn an 5 aufeinanderfolgenden Tagen die tägliche Durchschnittstemperatur unter 22°C liegt, dann ist der Sommer vorbei. Alles klar? Der erste Tag dieses 5 zählt als nicht-mehr-Sommer, besser ausgedrückt: Herbstanfang. Sommeranfang ist ähnlich fixiert. Dieses Jahr ist ein Rekordjahr, noch nie in den letzten 70 Jahren, oder waren es 3.000 (?), war der Sommer so lang: 157 Tage.

Jetzt ist also Herbst, vermutlich genau 2 Wochen lang, inzwischen liegt die Temperatur schon deutlich unter 20°C. Und hier wird nicht geheizt. In Changchun übrigens auch nicht: scheinbar ist der Fernwärmeanschluss defekt, oder falsch, oder von der falschen Firma. Während das Kraftwerk in Sichtweite vor lauter Kraft werkt und qualmt, sind die Büros bei 0°C weiter ungeheizt. Wie schreibt man mit Fausthandschuhen Emails?

Noch ein bisschen Statistik, das Shanghaier Nummernschild: In den letzten Monaten mit Preisdeckel, damit die Auktion nicht völlig abhebt. Und es wurden 1.000 mehr ausgegeben als sonst. Jetzt galt wieder ‚die Preise fliegen mit dem Markt‘, also weg mit dem Deckel. Um eventuell Einschreiten zu können, wird bei einem Anstieg bis 6% der nächste Monat wieder eingefroren, über 6% die nächsten beiden, so eine Art Kindererziehungsmassnahme. Also los geht’s, freies Spiel der Kräfte. Im ersten Monat, trotz 1.000 zusätzlichen Schildern: + 10.231 auf 83.723 RMB. Das waren 14%, High score! Wie viele Monate Deckel gibt das? Erstmal nur 2, auf maximal 74.500 RMB. Dabei fände ich es auch gut, keine Schilder mehr auszugeben, die Strassen sind voll genug.

27.10.2013 – Moskitonetz

Donnerstag, 31.10.2013

Wir haben nochmal gegrillt, mit Essen auf der Terrasse, das geht im Jahr genau 2mal, sonst ist es entweder zu warm, oder zu kalt, oder zu viele Mücken. Und damit die auch schön draussen bleiben, gibt es Moskitonetze. Wir haben ein besonderes Modell: Nach 2 maligem Einsatz machen sie ‚flup‘ und zerlegen sich selbst. Jetzt schon zum dritten Mal in Serie. Dann rufen wir den Vermieter an, dann kommt der Shifu, meist Sonntag in der Früh, und baut neue an. Aber nur die Grossen. Denn für die Kleinen kommt ein anderer Shifu, der kleine-Moskitonetze-Shifu. Heute war er da, mit seinem Handwerkerroller. Er hat alles dabei: einen Hammer, eine Rohrzange, und mehrere neue Gitter. Schnell ist das neue Qualitätsprodukt montiert, mal sehen, wann wir den Shifu wieder brauchen.

26.10.2103 – Moped

Donnerstag, 31.10.2013

Ich wollt‘ mal wieder Kradfahren, ging aber nicht, weil Reifen platt! Das war vor zwei Wochen. Ist aber kein Problem, der Reservereifen ist serienmässig. Und mit dem Wagenheber meines 3 t Buick ist es auch ganz einfach, die 350 kg hochzuheben. Nur, warum sagt mir keiner, dass die Steckachse ein Linksgewinde hat. Nachdem das gelöst war (im wahrsten Sinn), habe ich auch noch den neuen Blinker und den zweiten Zündschlüssel erhalten: In Form eines neuen Zündschlosses mit 2 Schlüsseln! Sofort umgebaut, fertig - und nix ging mehr.

Ingenieurmässig habe ich alles durchgemessen und festgestellt, dass Masse an einer Stelle ist, wo sie nicht hingehört, auch genannt Kurzschluss. Irgendwann war ich mit meinem mechanischen Latein am Ende, und hab eine Denkpause eingelegt, oder besser: aufgegeben. Also wieder den persönlichen ADAC angerufen, ob er sich mit der Elektrik auskennt, und by the way, kennt er einen, der den Reifen flicken kann? Heute war er da: die Sicherung ist defekt, und zwar so halb! Sozusagen ‚geht‘, ‚geht net‘. Es ist eine Schmelzsicherung für geschätzt 40 A, und obwohl die Spannung am Zündschloss ankommt, ist beim Einschalten alles tot. Wenn aber der chinesische Mechaniker kommt, funktioniert’s. Muss ich den jetzt immer mitnehmen? Ist das so eine Art keyless go? Neue Sicherung? Wieso, mit Überbrücken geht’s doch auch, er fährt meistens so. Wenn ich aber unbedingt eine haben wollte (der Laowai schon wieder), dann sollte ich mir eine vernünftige = stärkere besorgen, vielleicht vom Elektroroller. Ich glaube, ich denke für das Ding zu kompliziert: erstens gibt es keine Changjiang spezifischen Teile, irgendeine 100 A Sicherung reicht, oder ich nehme einfach ein Stück Draht. Und zweitens, sie ist so simpel, dass gar nix Kompliziertes kaputtgehen kann: ein paar neuen Zündkerzen, eine neue Sicherung, alles tiptop. Nächstes Wochenende wird es ernst, ich bin zu einer Mopedtour verabredet. Vorher muss ich nur noch die fehlenden Schrauben ergänzen… Die Spritfilter habe ich reumütig wieder vom deutschen Detlev Louis Modell auf Original chinesisch zurückgetauscht: entweder war es ihnen zu warm, oder sie verkraften den Alkohol im Sprit nicht, oder beides. Ursprünglich gerade, sehen jetzt sie aus wie eine Banane. Und da mir einer schon den Schuh mit ROZ92 gefüllt hat, lieber keine Experimente mehr.

19.10.2013 – Schlachtplatte mit Free Flow

Sonntag, 27.10.2013

Wir waren, dreimal raten, wo? Genau, auf dem Oktoberfest. In München ist das ganz einfach, man geht hin, wir meistens am Nachmittag, findet keinen Platz im Zelt, trinkt deshalb kein Bier, und geht wieder heim. Hier ist das anders: Sobald verfügbar werden Karten gekauft, die zum Eintritt in den Paulaner an einem der 8 Tage von einem der mindestens 3 Oktoberfeste Shanghais berechtigen. Es Oktoberfest von 6 bis 12, free flow beer, und etwas Undefinierbares zu Essen, was mit Schweinefleisch und Sauerkraut zu tun hat.

Pflicht: Verkleidung als CSU Wähler! (nach der letzten Landtagswahl trifft das auf die meisten Bewohner Bayerns zu). Ist wirklich bemerkenswert: Die Mehrheit der Deutschen hier kommt aus Norddeutschland, nach bayerischem Geographieverständnis also nördlich von Neumarkt, und nutzt keine Gelegenheit aus, über Bayern herzuziehen: komische Sprache, eingebildet, überzogenes Schulsystem, merkwürdige Gesinnung, und auch sonst komisch. Aber kaum gibt es teure Karten beim Paulaner, will jeder so aussehen wie die dortigen Ureinwohner. Die Schneider am Stoffmarkt machen Überstunden, mindestens 30% tragen das gleiche Karohemd.

Aufgespielt hat eine echte Combo aus Kirchdorf am Inn, die berühmten Kirchdorfer, die angeblich sogar auf der Wiesn spielt. Stimmt wahrscheinlich, der Zug durch die Städte Asiens ist ein Geschäftsmodell. Es war nicht schlecht, gute Musik, gute Stimme, und fast keine bayerischen Bierzeltlieder, dafür Spider Murphy, Robby Williams und Stones. Nach kurzer Zeit stehen alle auf den Bänken und rocken mit. Bis die Bank zusammenbricht. Sogar meine Frau im Dirndl, einem echten übrigens, nur bei der Bierverachtung ist sie standhaft geblieben. Oans, Zwoa, Gsuffa!

17.10.2013 – Anfängerfehler

Sonntag, 27.10.2013

5 Tage Changchun, übersetzt ‚ewiger Frühling‘. Losfliegen in Shanghai bei 28°C im T-shirt, Changchun -5 bis +5°C, deshalb wickeln sich bei der Ankunft alle in ihre Daunenjacken, die sie auf einmal irgendwoher zaubern. Meine Kollegen haben mich gewarnt, es sei kalt. Ja ja, ich hab’s gehört, aber um die 0°C ist jetzt auch nicht so die harte Kälte, also immer cool bleiben. Es war auch ganz in Ordnung, nur: woran ich nicht gedacht habe: -5°C ist nichts besonders herausforderndes, wenn es drinnen warm ist. Aber: es gibt keine Heizung! Oder besser: noch nicht, geheizt wird ab dem 25.10. zentral, und vorher eindeutig: gar nicht, und zwar nirgendwo, auch nicht im Restaurant. Und wenn man den ganzen Tag im Büro sitzt, oder in einem Besprechungsraum, dann wird es mit den Lederschühchen irgendwann frisch, da nützt auch der mitgebrachte Pullover nichts, mein einziges warmes Kleidungsstück. Die Kollegen aus China sitzen mit ihren Skijacken und vermutlich ein paar Lagen langer Unterhosen im Büro, ganz entspannt. Ich dagegen nicht wirklich, genauso wenig wie meine übrigen Kollegen aus Europa und Amerika. Hätte ich mal besser zugehört, nicht nur hingehört.

Nirgendwo stimmt übrigens nicht ganz, mein Hilton Hotelzimmer war völlig überheizt, ohne einen Knopf zur Beeinflussung. Also tagsüber gefroren, und nachts wegen Hitze schlecht geschlafen, Volltreffer. Von der Beijiu Attacke gar nicht zu reden. Wie in jedem Land der Welt wird im Norden Schnaps gesoffen, so auch in Changchun, das 300 km von Nordkorea und 500 km von Russland weg ist, nach Peking sind es 800 und nach Shanghai 1500 km, also schon ganz schön im Norden. Und selbst wenn die Qualität des Beijiu hoch gewesen sein soll, für mich ist es inzwischen ein Hassgetränk. So viel Bier kann man gar nicht trinken, dass es einem so schlecht geht wie nach wenig Beijiu. Wer es nicht glaubt, selber probieren, beschreiben lässt sich das nicht.

Laufen war ich noch, das ist bei 0°C ganz angenehm, denn Changchun hat einen Park mit See, man meint, man ist in Skandinavien. Kaum 5 Minuten mit der Uniformierten um 7 Uhr morgens an der Schranke diskutiert, schon durfte ich so rein. Ausser Ausländern kommt eh keiner auf die Idee, sowas merkwürdiges wie Laufen zu veranstalten. Dass der AQI trotz Skandinavien bei 300 lag, habe ich erst nachher erfahren: die Bauern verbrennen alles Mögliche, und die Kraftwerke heizen schon mal für den 25. vor.

12.10.2013- River Cruise

Sonntag, 27.10.2013

Einmal muss es sein: Bootsfahrt auf dem Huangpu, mit Wein und Buffet, organisiert vom deutschen Club. Wir haben die einzig klare Nacht mit Fernsicht und Vollmond der letzten 30 Jahre erwischt, die Sicht auf den Bund und Pudong war phantastisch. Den Flaschenöffner gibt es gleich mehrfarbig im Sekundentakt. Es ist zwar nur 2x rauf und runter fahren, zusammen mit 20 anderen Schiffen, dennoch ist der Anblick pretty awesome, oder auch: ned schlecht. Dabei war gar nicht klar, ob ich noch mitfahre: Ich musste ja arbeiten, genau, dieser Samstag ist ein Arbeitstag, von Jiading nach Puding sind es 60 km, ich hatte 90 min kalkuliert, am Schluss hat es 2¼ Std gedauert. Der Verkehr wird täglich schlimmer, wer abends eine der 3 Haupteinfallstrassen Yannan, S5 oder G2 (die übrigens bis vor kurzem noch die A20 war, von wem haben die Chinesen wohl das Autobahnnetz abgekupfert?) in die Stadt fährt, befindet sich in ausreichender Gesellschaft.

Aber egal, wenn man es geschafft hat, dann gibt es kalten Weisswein, einen guten Blick, und einen coolen Abschluss in der Char Bar hoch über dem Fluss, irgendwo muss man ja hingehen, wenn der Kahn um 9 wieder anlegt. Hartes Expat Leben, wo feiere ich als nächstes?


 

09.10.2013 – Zweitpass

Mittwoch, 09.10.2013

Der Trend geht zum Zweitpass. Mir haben ja schon viele geraten, ich soll mir einen zweiten Pass besorgen, jetzt habe ich es gemacht. Dabei nutzt das gar nix, weil man in China und beim Verlassen immer genau den braucht, in dem das Visum ist, ohne den einen geht gar nix. Warum habe ich es trotzdem gemacht? Ganz einfach, mein Pass ist noch bis 2021 gültig, aber voll. Irgendwann sind alle Seiten bestempelt, es ist so weit. Allerdings sind viele Dinge hier in China mit meiner Passnummer verknüpft, wie z.B. die Bank, und ich habe keinen Bock, das alles zu ändern. Also ab jetzt 2. Pass, in den jetzt wieder fröhlich gestempelt werden kann, der alte bleibt dann schön für Banken etc zu Hause.

Als erstes brauche ich ein Indienvisum. Dafür muss man immer ganz viele Fragen beantworten, z.B. wie der Mädchenname der Mutter der Grossmutter ist usw. Das ist bezeichnend, wo Inder doch oft nicht mal einen Nachnamen haben, ganz viele haben nur einen Namen, den Vornamen. Aber die brauchen ja auch kein Indienvisum.

Immerhin kann ich den jetzt zu den Botschaften geben, und muss dann aber mit 2 Pässen reisen. Auch blöd. Kostet übrigens 102 Ohren, so ein Ding. Und ich habe noch Glück, wenn man nicht in Shanghai gemeldet ist, sondern in Deutschland, sind es nochmal 60 mehr.

08.10.2013 – Land unter

Mittwoch, 09.10.2013

3 Tage Taifun Randgebiet, Shanghai erlebt den höchsten Wasserstand seit 52 Jahren. Strassentunnel laufen voll, viele Autos bleiben stecken, Strassen und Ergeschosswohnungen stehen unter Wasser, und die Metro auch. Kleine Anekdote: Die Linie 1 säuft nie ab, sie wurde von einem deutschen Unternehmen gebaut, jeder hat sich gewundert, warum die Eingänge überdacht sind und es erst 3 Stufen hoch geht, bevor man runter kann. Linie 2 wurde von Franzosen gebaut, war billiger, und der Schnickschnack mit den Treppen und den Dächern wurde über Bord geworfen: Linie 2 säuft immer ab. Jetzt werden die Eingänge umgebaut.

Unser Haus stand auf einer Insel, Wasser 5 cm drum herum, die Kinder sind in Badeschlappen ins Auto gelaufen und haben sich dort die Füsse abgetrocknet und umgezogen. Und meine Sekretärin kam wie alle anderen gar nicht erst in die Arbeit, da die Shuttlebusse nicht mehr fahren konnten oder irgendwo im Stau standen. Und bei Regen ist kein Taxi zu bekommen, das ist ein Naturgesetz. Ausserdem sei das Wasser zu hoch, sie könne nicht aus dem Haus. Also habe ich ihr den Fahrer geschickt und sie gebeten, irgendwie das Wasser zu überwinden. Erst ruft sie an, sie hat im knietiefen Wasser einen Schuh verloren, ist im Schlamm stecken geblieben und hat sich dann irgendwie am Knie verletzt, Foto mit dem Pflaster auf dem Knie anbei. Dann ruft der Fahrer an: Das Auto ist im Wasser durch die Bugwelle eines Busses abgesoffen und fährt nicht mehr, das Emission System ist nass, kein Foto anbei. Es dauerte eine Weile, bis ich ihn überreden konnte, sich von einem nassen Schalldämpfer nicht beeindrucken zu lassen, einfach den Schlüssel rumzudrehen und weiterzufahren, schliesslich stand das Wasser nur bis zu den Achsen. Aber er hat sich erweichen lassen. Die deutsche Schule wurde geschlossen, dass Wasser kam nämlich aus der Kanalisation zurück ins Gebäude. Und Shanghai hat den roten Wasser Alert ausgegeben, dann muss gar keiner in die Schule gehen. Alerts gibt es hier für alles in allen Farben, Wasser, Luft, Hitze, Kälte. Obwohl es hier jedes Jahr Taifunregen gibt, ist Shanghai nicht die Wassermengen vorbereitet. Und trotz der vielen, vielen Kanäle kann das Wasser nicht richtig ablaufen, schon gar nicht in der mit Beton versiegelten Stadt, und auch nicht um unser Haus herum.


 

07.10.2013 – wieder daheim

Mittwoch, 09.10.2013

Jetzt sind wir zwei Tage daheim, haben frei, und kein Programm. Laufen geht nicht: es regnet in Strömen. Mopedfahren wollte ich, ich glaube ja noch an das Gute im chinesischen Motorradbau, aber nicht bei dem Wetter. Vor der Küste zieht wieder ein Taifun entlang, daher der Dauerplatschregen. Verbringen wir also die Tage expatmässig: Essen, Trinken, Surfen (im Netz), ein bisschen Schule, und natürlich Blog schreiben.

Beim Heimkommen haben wir uns chefmässig von unserem Fahrer abholen lassen, er musste leider seine Golden Week für uns unterbrechen. Für uns ist das billiger als ein Taxi zu nehmen, und bequemer ist es allemal.

Schon mal einen komplett verchromten Cayenne gesehen? Manches kann man sich in seinen kühnsten Träumen nicht ausmalen, und es gibt es doch: Am Flughafen stand ein komplett verchromter Cayenne, und wenn ich komplett schreibe, meine ich komplett, zumindest aussen! Am Kennzeichen sieht man übrigens, es ist einer vom Land, nicht aus der Stadt!


 

03.10.2013 - Sun Moon Lake

Mittwoch, 09.10.2013

Drittgrösster See in Taiwan, liegt mitten in den Bergen, kann man sich wie Gardasee vorstellen. Was macht der echte Deutsche? Mietet sich ein Fahrrad und fährt um den See. Machen die anderen auch, nur langsamer. Da in Asien der Fahrradsattel grundsätzlich auf tiefste Gangart eingestellt ist, geht das auch nicht anders. Schon mal versucht, mit einem Fahrrad bergauf zu fahren, wenn die Knie oben immer an die Ellenbogen schlagen?

Teilweise gibt es einen Fahrradweg, oder man nimmt die Strasse. Da wenig los ist, und alle überwiegend rücksichtsvoll fahren (!), kein Problem. Wir waren in 4 Stunden rum, mit ein paar Pausen, was uns die Hochachtung der Verleiherin eingebracht hat. Den Rest des Tages haben wir mal was Neues ausprobiert: nichts, einfach nur nix, vom Eis essen abgesehen. Kann auch mal ganz nett sein. 

Wo kann man übrigens am besten Frühstücken und Abhängen? Da, wo auch die Chinesen hingehen: Starbucks! Überall zu finden, genannt Fourbucks (Kette, bei der es nix unter 4 Bucks gibt). Allerdings hat Taiwan eine Besonderheit: no free wifi, gotta pay! Also bleibt’s bei Kaffee und in diesem Fall die vermutlich beste Seeterrasse für ein Frühstück.


 

02.10.2013 - 中部橫貫公路

Mittwoch, 09.10.2013

Zum Vergleich: Taiwan ist so gross wie Baden-Württemberg und hat so viele Einwohner wie Shanghai, also 23 Mio. Der Central Island Highway ist eine der insgesamt 3 Ost-West Verbindungen Taiwans über die zentrale Gebirgkette. Eine der genialsten Mopedstrecken der Welt, leider sind wir nicht mit dem Moped sondern mit dem Leih-Ford unterwegs. Das ist wie ein Kindergeburtstag mit Vollkornbrot. Die Strasse geht von Meereshöhe auf über 3.000 m, und es geht keine 50 m geradeaus. Unterwegs kann man durch einen unbeleuchteten Tunnel von der Strasse ins nächste Tal laufen und endet in einem langen Tunnel, der durch einen Wasservorhang getrennt wird. Coole und nasse Abwechslung. 

Erfreulicherweise ist wenig los, am Anfang stehen an den ersten beiden Tempeln noch jede Menge Reisebusse, ein paar Meter später hat sich das erledigt, das ist offensichtlich für die Reisegruppen zu weit und zu aufwendig. Ausserdem gibt es in der Schlucht keine Restaurants und erst recht keine Shopping Mall, nicht mal einen Souvenirladen. Also was bitteschön soll man da tun? Wir wissen was wir wollen, nämlich über den Berg auf die andere Seite fahren, auch wenn es dabei ganz schön neblig werden kann.


01.10.2013 - Taroko

Mittwoch, 09.10.2013

Kein Kartenspiel, sondern eine Schlucht, ein Nationalpark, und eine Ost-West Verbindung übers Gebirge. Deren gibt es nur 3. Und wir wollen wandern, oder wenigstens im Grünen rumlaufen, zumindest ein Teil der Familie. Der andere Teil kann so ein Vorhaben nur unterstützen, wenn die Wege endlich durchgängig mit Wifi ausgestattet sind. Klassischer Unterschied zwischen Digital Natives und Digital Immigrants. Richtig viel können wir nicht machen, was die Koalitionsverhandlungen erleichtert: Der Taifun ist schuld! Der letzte ist 2 Wochen her, und der schlimme war vor 2 Monaten. Viele Wege sind gesperrt, da entweder weggespült, oder noch nicht gekehrt. Ein wenig erinnert Taiwan an Japan: in den Städten enge Strassen, einfache und schmale Häuser, sauber, und ein ausgeprägter Hang zur Sicherheit und Organisation. Baustellen werden sicher abgesperrt, von Einweisern bewacht, und unsichere Wege ganz gesperrt. In Shanghai ist man einfach selber Schuld, wenn man nachts eine Baugrube auf der Strasse übersieht, da wird noch auf Eigenverantwortung gesetzt. Hier dagegen wird weitläufig abgesperrt. Das ist der Unterschied zwischen 1. Und 3. Welt. Deshalb wird im Wald vor Giftschlangen gewarnt (was nun?), und für einen 60 m langen Sightseeing Weg werden blaue Helme gegen Steinschlag verliehen. Da hier heute gar kein Feiertag ist, und die Leute um uns rum wieder lautstark drängeln, schliesse ich messerscharf, dass wir es mit lauter Blauhelmen vom Festland zu tun haben. 


30.09.2013 - mit 60 über die Insel

Mittwoch, 09.10.2013

 Als überzeugter Individualreisender fahr‘ ich weder gern Bus noch Zug, also Automieten. Ausgestattet mit dem internationalen Schein muss ich mich erstmal zusammenreissen, nicht so wie in China zu fahren. Drängeln gilt als unhöflich, und es wird überall geblitzt, die Tempolimits zwischen 40 und 70 muss ein Schweizer importiert haben. Die Speed- und Radarwarnfunktion des GPS läuft im Dauermodus, da sich alle dran halten, scheint es teuer zu sein. Und so fahren wir fröhlich mit 50 oder manchmal 60 die Ostküste entlang. Ich versuche, die Regeln mit 65 nach GPS Anzeige bis auf's letzte auszureizen, und mache einige Sekunden gut. Die Küste selbst kann mit der Great Ocean Road oder der kroatischen Magistrale mithalten. Und wenn vom letzten Taifun vor 2 Wochen nicht noch ein Nieselregen übrig wäre, könnten wir ganz tolle Fotos machen. 

Unser Ziel ist der schönste Strand von Taiwan, laut Lonely Planet. Wir stehen vor einem grossen Schild "no swimming", in Sichtweite ein Atomkraftwerk, gegenüber der Hafen, und jede Menge Zeug im Wasser und im Sand. Nein, wir haben uns nicht verfahren, wir sind richtig. Nur der LP nicht. Das war mal mein Lieblingsreiseführer, hier in Asien versagt er völlig, obwohl er von da kommt. Die Chinaausgabe ist schon schlecht, was bei dem grossen Land und seiner Entwicklungsgeschwindigkeit noch entschuldbar ist, Indonesien und Taiwan sind jedoch nicht besser. Es sieht so aus, als schreibt inzwischen auch LP nur ab, ohne selbst zu recherchieren. Kann ich nicht mehr empfehlen, da ist jeder Standardführer besser. 

 

29.09.2013 – Eis mit Fisch

Mittwoch, 09.10.2013

Nach unserem Sightseeing sind wir erst in einem irgendwie modern Art Hotel gelandet und dann über ein griechisch aufgemachtes Fischrestaurant gestolpert. Das Hotelzimmer hatte vielleicht 10 m², dafür war es nett angemalt und modern eingerichtet. Für eine Nacht OK. Das Restaurant war kompromisslos, Motto ‚mit Fisch oder gar nicht‘, ausser Orangensaft. Schon mal Eis mit Fisch gegessen, z.B. Erdbeereis mit Tunfisch? Muss jetzt nicht jeden Tag sein, ist aber weniger schlimm, als es sich anhört. Jeder darf sich sein Lieblingsdessert aussuchen.


28.09.2013 – die chinesische Schweiz

Mittwoch, 09.10.2013

Nächste Woche ist Golden Week, also eine der beiden Wochen, an denen wir frei haben und wegfahren können. Das machen inzwischen noch nicht alle, aber schon einige, und auch einige wenige sind hier schon ganz schön viele. Deshalb ist in diesen Wochen nur noch ausserhalb Chinas verreisen sinnvoll, ausser man ist ein Fan von IKEA am Samstag oder Fernpass am langen Wochenende, oder eben Kaiserpalast oder Mauer in der Golden Week. Letztes Jahr in Yunnan sind wir genau in diese Beginnerfalle getappt, das soll uns nicht nochmal passieren. Die überquellende verbotene Stadt und chinesische Mauer waren damals sogar auf Spiegel online. Also wie alle alten Hasen: wir müssen raus, ab nach Taiwan. Das ist zwar auch irgendwie China, aber anders. 

Eine Woche von Samstag bis Samstag, was so gar nicht zum Regierungskalender passt: Samstag ist frei, klar, Sonntag und Montag werden gearbeitet L. Dann ist frei bis einschliesslich Montag J, dafür wird am Wochenende danach der Samstag wieder gearbeitet L. Super! Die deutsche Schule hat einfach eine Woche Ferien, bis letzte Woche, da haben sie sich besonnen und machen nun doch noch den fraglichen Montag frei. Wir hätten das gerne genutzt und wären so lange in Taiwan geblieben, aber 2 Wochen vor der Goldenen Woche einen Flug umzubuchen geht vielleicht noch nach Urumqi, aber nicht nach Taiwan: alles ausgebucht. Samstag bis Samstag, soll halt so sein. 

Erster Eindruck von Taiwan: es ist anders! Zwar sprechen alle Chinesisch, dafür verständlich, also quasi dialektfreies Mandarin. Cool: wir können uns verständigen (Erfolg!), und jeder freut sich, dass wir das können. Ist die wöchentliche Quälerei mit den vielen e, ge, bao, biao usw. doch zu was gut. Dafür ist die Pinyin Umschrift anders: heisst richtig zhong shan und nicht chung shan. Und eine , also zhong shan lu, gibt es in jeder Stadt, wie die Bahnhofstrasse, hier aber als chung shan lu. Leider ist das GPS nicht kompromissbereit, aber das bekommt man mit der Zeit auch raus.

Doch zurück zu Taiwan, der Eindruck der ersten Stunden: alle sind höflich und freundlich, gut organisiert, hilfsbereit, es ist sauber, keiner drängelt, der Strassenverkehr ist höflich mitteleuropäisch, niemand spuckt auf den Boden, keiner schreit in sein Handy. Einfach ausgedrückt, es ist sehr entspannt, und das Gegenteil zu Mainland China, sozusagen die chinesische Schweiz. Erstaunlich, wie sich ein Volk so auseinanderentwickeln kann.

Aber auch der chinesische Tourist lernt dazu, amtlich verordnet soll er sich im Ausland besser benehmen:  http://www.newsdeutschland.com/n/Top/74w26b1ds/Chinesische-Touristen-sollen-bessere-Manieren-lernen.htm.

Übrigens waren wir natürlich nicht nur in den vielen Tempeln, sondern auch auf dem 101, dem dritthöchsten Gebäude der Welt mit dem schnellsten Aufzug, ausgestattet mit Spoilern und eine druckgeregelten Kabine. Nur damit das hier erwähnt ist.