Berichte von 05/2014

15.04.2014 – schnelles Internet

Sonntag, 25.05.2014

Soll es geben. Wenn wir hoffnungsvoll SaveTV Downloads mit 200 kB/s starten, vorhergesagte Dauer 1 Stunde, reduziert sich das nach der Hälfte auf 15 kB/s, erwartete Dauer 19 h. Meist folgt danach der Abbruch. Immer wieder sind Google.de, amazon.de und manchmal tagesschau.de nicht zu öffnen, die Great Firewall ist aktiv. Im Moment ist es wieder so. Nicht nur Nachrichten lesen ist dann schwierig, Urlaube über’s Internet buchen wird zum Geduldspiel. Besonders Abbrüche während des Kreditkarten-Bezahlprozesses mögen wir besonders gern, nicht nur ärgerlich, sondern auch immer mit einem flauen Gefühl im Magen verbunden. Es geht allen so. Meinen chinesischen Kollegen übrigens nicht, die können mein Problem gar nicht nachvollziehen. Gibt es ein selektives Internet?

Das soll jetzt aber anders werden: wir bekommen Glasfaserkabel, Abschlusstermin Ende Mai. Zwar kann man dessen Durchsatz genauso drosseln, aber man soll ja die Hoffnung nicht aufgeben. Eine Firma namens Oriental (!) Network Whatever wird uns die Datenautobahn bringen. Bis jetzt ist noch nichts passiert, aber das kann ja noch werden. Vielleicht arbeiten sie schon im Verborgenen. Und dann wird alles schnell und gut!

19.04.2014 – Yangtze

Sonntag, 25.05.2014

Oder auch Changjiang: wie mein Moped, der längste Fluss Chinas. Wir nutzen die Frühjahrsferien und machen Urlaub in Sichuan, eingeleitet mit einer Kreuzfahrt von Chongqing nach Yichang, dauert 3 Nächte. Mit riesigen Schiffen mit Swimming Pool, Golfplatz, Karaoke Bar fährt man durch die Schluchten. Die ganzen Goodies sind zwar nicht benutzbar, in der Karaoke Bar singen nur die Angestellten und der Pool ist merkwürdig grün, lustig ist es trotzdem. Das Publikum ist mehrheitlich chinesisch, mit ein paar wenigen Langnasen. Alle sind sehr nett und zuvorkommend, schon beim Einchecken haben sie uns freundlich darauf hingewiesen, dass im grossen Restaurant viele Chinesen sind, es gäbe aber noch ein VIP Restaurant, das empfehlen sie uns wärmstens. Kostet 300 RMB mehr, das Essen ist das gleiche, aber es wäre nicht so laut. Sehr nett, dass sie sich soviel Gedanken um uns machen, der Mehrpreis war sicher nur Nebensache. Ich habe mir gedacht, wer in unserer Firmenkantine essen kann, kann auch hier essen. Hinterher hat sich rausgestellt, wie nicht anders zu erwarten, dass mehrheitlich Chinesen bereit sind, den Mehrpreis für den Stempel VIP zu zahlen.

Genaugenommen führt die Flussfahrt permanent über Dörfer und Städte. Der Fluss wird auf maximal 176 m aufgestaut, alle Dörfer in den Tälern wurden an die Hänge umgesiedelt, die Ursprungsorte liegen deshalb genau unter dem Kiel. Die neuen Dörfer liegen alle am Hang, Baustil und Alter der Häuser sind alle gleich. So leicht kommt man zur Hang- und Höhenlage. Die Führer auf den Ausflügen sind Locals, sie erzählen gerne die Geschichte, wieviel besser das jetzt ist: Früher kleine Häuser ohne sanitäre Einrichtungen, heute Betonhochhäuser mit mehreren Zimmern, Küche, Bad und fliessend Wasser. Nur ein paar alter, unverbesserliche würden den alten Dörfern nachtrauern. Nachvollziehbar, also wohnen jetzt all am Hang. Sie mussten ein wenig umschulen, im Tal gehen Ackerbau und Viehzucht gut, ist das auf Halbhöhenlage untauglich. Bleibt also der Tourismus oder Abwandern in die Städte.

Der Staudamm selbst ist beeindruckend, er ist riesig. Nach den technischen Daten erzeugt er Strom für rund 17 AKW, alles erneuerbare Energie! Die Schleusen für den Höhenunterschied von über 110 m sind für die Berufsschifffahrt frei, allerdings dauert der Spass ein paar Stunden, über 6 Stufen werden die Schiffe auf das jeweils andere Niveau gebracht.

Muss man so eine Kreuzfahrt unbedingt machen? Nein, muss man nicht. Aber das weiss man ja erst hinterher. Die Schluchten selbst sind beeindruckend, man sieht an bestimmten Flussabschnitten nochmal einen anderen Teil Chinas, darf mit einem witzigen Kapitän zu Abend essen (es ist der Lustige auf dem Foto), und trifft interessante Leute: Einen Professor aus Israel, einen Australier, der lange in Jakarta gelebt hat, so ist die Fahrt durchaus kurzweilig. Wer also meint, dass er das unbedingt erlebt haben muss, so wie wir, soll es machen. Ich würde es nicht nochmal tun, einmal ist ganz OK.

Die Geisterstadt Fengdu unterwegs war recht beeindruckend: Gegenüber eine neue gebaute, moderne chinesische Stadt (nicht unbedingt beeindruckend, aber ‚interessant‘), die Anlage bestehend aus einzelnen Tempeln, mit den bösen Geister einschliesslich einem für ungezogene Kinder, und eine Höllendarstellung mit schaurigen Beispielen, wie Menschen zerstückelt, gevierteilt und in heissem Öl gekocht werden. Schön schaurig.

14.04.2014 – weltweite Garantie

Sonntag, 25.05.2014

Eins unserer Smartphones hat den Geist aufgegeben, das noch fast neue Samsung. Es läuft unter Notfall, wenn lebenswichtige Geräte versagen. Als Nicht-Deutschland-Einwohner kaufen wir sowas genau dort, abzüglich der Mehrwertsteuer ist das immer ein guter Deal. Wo werden Samsungs gebaut? Nein, nicht in Korea, in China! Wo ist es kaputt gegangen? In China! Wo wohnen wir? In China! Wo wollen wir es zum Reparieren abgeben! Natürlich in China! Samsung aber sagt: nur in Deutschland. Und zwar bei einer Company namens ESC International (!), die verschickt reparierte Geräte aber nur innerhalb Deutschland! Sie haben natürlich grösstes Verständnis für mein Unverständnis, aber so sei es nun mal. Ob die International Company das Ding nach China zum Reparieren schickt? Deshalb wir schicken das Fon jetzt mit einem Bekannten nach Deutschland, der bringt es dort zur Post, Dingsbums International verschickt wenigstens von NRW nach Schwaben zu anderen Freunden, die uns das Ding wieder mitbringen. 16.000 Flugkilometer wegen eines Softwarefehlers. Das nächste Handy kaufe ich hier bei Eugene, unserem Geheimtip für vom Laster gefallene Originale: Sofort lieferbar, günstig, Reparatur bei Bedarf auch sofort (Glasscheiben von Smartphones überstehen keinen Falltest und gehören deshalb zu Verschleissteilen).

14.04.2014 – Der Nachbar ist weg

Samstag, 24.05.2014

Unsere Nachbarn sind ausgezogen. Das ist hier nichts besonderes, hier wird andauernd Ein- und Ausgezogen, da permanent plan- und unplanmässig Expats ankommen oder gehen. Die Nachbarn waren jedoch Chinesen, die wohl mit den Mängeln ihres Hauses nicht mehr leben wollten. Ich habe gleich eine Wette verloren: 10 Kwai! Es ging um den Leerstand hier, wir haben es gemeinsam nachgeprüft, grob gerechnet stehen bei uns rund ¼ bis 1/3 der Häuser leer. Das hat verschiedene Gründe. Entweder sind es Geldanlagen, das ist leicht erkennbar, dann sind die Häuser nur aussen fertiggestellt. Als Chinese kauft man nichts gebrauchtes, sondern nur neu. Dinge, die vorher jemand anders benutzt hat, sind unbeliebt. Das gilt für Autos (dass der ‚reiche‘ Deutsche oft seine ersten Autos gebraucht kauft, und die alte Billigkiste eventuell sogar noch selber repariert, liegt weit ausserhalb chinesischer Vorstellungskraft) und auch für Häuser. Sie bleiben leer, und werden später mit 100 bis 200% Gewinn verkauft. Der Käufer baut sie innen fertig, und hat so ein neues Haus! Oder aber die Häuser waren schon mehrfach vermietet, die Kohle ist gemacht, was bei den Mietpreisen schnell geht, und der Besitzer kann keine Lust mehr auf das Vermietungsgerödel. Oder aber das Haus wird tatsächlich renoviert. Unser Compound ist nun 10 Jahre alt, da stellt sich eh die Frage nach Abriss und Neubau, kein Haus ist mehr ohne Risse und Schimmelschäden, 10 Jahre sieht man in China als Lebenserwartung eines Hauses an. Das Renovieren sieht meist so aus, dass ein paar Handwerker hin und wieder auftauchen, und immer wieder mal ein bisschen was machen. Dann tritt eine schöpferische Pause von mehreren Monaten ein. Summa summarum sind so viele Häuser nicht bewohnt. Also habe ich die 10 Kwai verloren. Da unser Compound dauernd über Geldmangel klagt, bin ich mal auf die Zukunft gespannt. Der Tennisplatz wurde inzwischen als unbenutzbar erklärt (‚can collapse any time‘; man kann aber immer noch reservieren, mei wenti), und in jedem Rundbrief weist der Betreiber darauf hin, dass es nur ein Gerücht ist, dass er aufhört.

09.04.2014 – Indien

Samstag, 24.05.2014

Diesmal mit Umsteigen in Kuala Lumpur, ratet mal, mit welcher Airline? Genau, Malaysian! Fast leeres Flugzeug, und ein überaus freundliches Personal. Als Treppenwitz geben sie mir beim Einsteigen die aktuelle Ausgabe der Kuala Lumpur Daily an die Hand, auf einer ganzen Doppelseite sind alle Fakten zu MH370 zusammengetragen. Das Flugzeug ist noch immer spurlos verschwunden. Ich habe mich damit getröstet, dass ich statistisch gerade mit der sichersten Gesellschaft fliege. Mache ich aber nicht nochmal, die Umsteigezeiten sind zwar kurz, aber der Flug an sich ist halt doch lang, da doch ein wenig ums Eck.

Indien wird nicht mein Freund. Mopedfahren macht Spass, und als Tourist gibt es viel zu sehen, aber dass ich für die 5 km ins Büro eine halbe Stunde brauche, und dabei am besten gar nicht aus dem Auto schaue, daran kann ich mich nicht gewöhnen. Jegliche Form der Fortbewegung ist eine Zeitsenke, zu Fuss wäre es deutlich schneller, aber das will ich dann auch nicht. Neben unserer Firma ist eine Näherei oder so etwas ähnliches. Auch im 4. Stock sind alle Fenster vergittert, und dahinter sitzen Frauen an Nähmaschinen in dichtester Kugelpackung und nähen irgendwas zusammen. Lieber nicht dran denken, wenn die mal alle gleichzeitig aus dem Gebäude müssen.

Das Strassenbild bleibt gewöhnungsbedürftig: sehr staubig, Strasse und Bürgersteig oft kaputt, ewige Baustellen (zeitlich), und sehr viel Müll. Ob es denn hier auch schöne Ecken in der Stadt gibt, an denen sich das Auge mal ein wenig freuen kann, wollte ich wissen. Ja, gibt es: Einkaufsmalls und Sternehotels, und einen zoologischen Garten. Aber im Sinne einer netten Innenstadt? Fehlanzeige. Beschwer‘ sich bloss keiner mehr über Deutschland. Mein Favorit ist das hier nicht.

08.04.2014 – In memoriam, da waren’s nur noch 2

Samstag, 24.05.2014

Der Roller ist weg. Das schöne Modell mit der hellen Schokoladenfarbe (die Meinungen dazu sind verschieden): vor dem Laden abgestellt, abgesperrt, und nach einer Stunde gähnende Leere, keiner hat’s gesehen! Das geht in Shanghai nicht anders als mit Mopeds in Europa: Laster, Hochheben und weg. Diesmal sind wir nicht zur Polizei gegangen. Zwar hätten wir uns die Überwachungsvideos ansehen können, auf denen der Täter sicher einwandfrei zu erkennen gewesen wäre, aber wozu? Eine Täterbeschreibung kann ich auch so abgeben: 1,65 m gross, schwarze Haare und schwarze Augen, das hilft uns nicht wirklich weiter. Vielleicht wäre auch noch einer der Strassenhändler zu erkennen gewesen, wie er interessiert zusieht, und zwar genau der gleiche, der auf Nachfrage bestätigt hat, gar nichts gesehen zu haben, aber auch das hätte nichts gebracht. Niemand möchte in China in eine Angelegen involviert werden, die nicht seine ist. Dafür wären 2 Stunden auf der Polizei gebunkert gewesen.

Wir haben im Moment kein Glück mit 2 (3)-Rädern. Wenn das Ding auch nicht teuer war, so wurmt es, dass nun ein chinesischer Rollerschieber mit unserem schönen Modell samt einem legalen Kennzeichen Geld macht. Peinlicherweise hat uns ein Kollege das Schild geliehen, mit dem Ziel der heilen Rückgabe. Wenn wir den Roller nochmal sehen, Wahrscheinlichkeit 1:23 Millionen, dann werden wir den Fahrer eigenhändig vom Roller holen und in den Asphalt beissen lassen. Unsere Ayi und unser Fahrer fühlen übrigens mit uns: Shanghai bu hao! Unser Fahrer vermisst schon 2 Roller und ein Moped, geteiltes Leid ist halbes Leid.

Die Zahl zwei stimmt übrigens nur theoretisch, denn mein Moped verbirgt sich immer noch in dem dunklen Loch, genannt Garage, des Händlers ohne Vertrauen. In unserer Garage ist also Platz. Seit Wochen herrscht Funktstille. Mein Kollege wollte schon seine 300 chinesischen Kriegerbrüder in Marsch setzen, ich habe wieder mit Officer Yang gedroht (der mit der Brille ohne Glaeser), und daraufhin wenigstens eine WeChat Antwort erhalten, mehr aber auch nicht. Ich kann es nicht ausstehen, wenn jemand auf Tauchstation geht und nicht antwortet, aber das gibt es dass überall auf der Welt. Der Ex-Händler betreibt jetzt einen Coffeeshop, und hat einfach keinen Bock mehr. Sein Bruder bastelt irgendwie weiter, aber nicht besonders strukturiert. Wahrscheinlich warten sie nur drauf, dass ich die Geduld verliere.