Berichte von 06/2015

12.06.2015 – Waschmittel

Dienstag, 16.06.2015

Ich kann meine Bankkarte umtauschen, die neue hat einen Chip, das sei sicherer. Dazu kommt die Bank in die Company und alle können ihre Karten direkt da umtauschen. Damit bekommt man auch eine neue Karten=Kontonummer, aber das sei kein Problem, wird mir versichert.

Und weil man so nett ist, seine Karte zu tauschen, verschenkt die Bank 2 Flaschen Handwaschmittel!? Geldwäsche? In China gibt es immer nette Geschenkchen, für den Drachenbootttag, nächsten Montag, gibt es irgendwelche eingeschweisste Fleischtaschen, prädestiniertes Geschenk für unsere Ayi. Ich wüsste mal gerne, ob sie das wirklich freut, oder ob sie das nur wegen uns annimmt und auch weiter verschenkt.

11.06.2015 – Plum Season

Dienstag, 16.06.2015

So heisst die Regenzeit in Shanghai, die erst Ende Juni beginnen sollte. Es wird kühler, grau-dunkel, und man hat das Gefühl, in einem dreckigen Schwimmbecken zu sitzen, einfach alles voll Wasser. Und genau für heute haben wir einen Kneipenabend mitten in der Stadt ausgemacht. Ich war da, 30 km in 2,5 Stunden, der Verkehr bricht bei dem Wetter einfach zusammen. Stillstand. Dafür haben die 3 m vom Auto in die Kneipe gereicht, ordentlich nass zu werden.

14.06.2015 – 4:44 am

Dienstag, 16.06.2015

Heute mal was anderes: Aufgestanden um 2:40, losgeradelt um 3, Treffpunkt 3:15 auf der Hu Qing Ping, und ab zum Bund. Ergebnis einer Schnapsidee: wir wollen zum Bund radeln und vor Sonnenaufgang dort sein. Und der ist früh, dank des Ein-Zeitzonen-Prinzips: 4:44 Uhr. Die Idee ist vor ein paar Monaten entstanden, dann gab es ein paar Enthusiasten, und dann schlug der Gruppenzwang zu: keiner konnte mehr so richtig zurück. Gestern auf dem Schulfest gab es noch ein paar schüchterne Versuche, die Abfahrt auf 6 zu verschieben, wurde aber nix draus, war nicht mehrheitsfähig: 3:15 war gesetzt.

Also los im Dunkeln, glücklicherweise war es nicht ganz so schwül, wenig Verkehr, so dass auch die eigentlich für Radl verbotene Huaihai noch geht. Kurz haben wir mit uns gerungen, ob wir nicht oben auf der Yannan fahren sollen. Allerdings hat die Vernunft gesiegt: Dank der Kameras würden wir sofort entdeckt, die Konsequenz ist schwer einschätzbar und damit kritisch, und die Typen, die dort nachts ihre Ferraris ausfahren, sind auch nicht beruhigend. Also besser unten. Wir hätten sogar noch unterwegs frühstücken können, ein paar Esstände an der Strasse hatten entweder noch oder schon wieder auf. Wuzhong Rd, Huaihai, und schon ist man in etwas über einer Stunde am Bund, normal geradelt. Ziel erreicht, Ankunft 4:25, 19 min vor dem Sonnenaufgang.

So habe ich den Bund noch nie erlebt: leer! Keiner da, einfach niemand. Wir sind beim Yu Yuan Garden angekommen, das ist etwas am Rand, dort war niemand. Erst ein bisschen später in der Mitte, wo auch die Holzbänke sind, finden sich ein paar übriggebliebene von gestern. Übrigens einschliesslich Schülern der deutschen Schule, so klein ist Shanghai. Wir hatten damit gerechnet, mit unseren Radln gleich wieder vertrieben zu werden, ber um die Uhrzeit ist noch alles möglich. Die Aufpasser kommen erst später. Also haben wir in Ruhe geknipst, Selfies gedreht, man muss mit der Zeit gehen, und sind Richtung Obelisk gerollert. Von wegen und der Sonne. Das war dann nix, zu viele Wolken. Und dann geht es schnell, es wird hell, die Frühaufsteher kommen: Rollerskater, ältere Männer lassen Drachensteigen, auffallend viele Jogger, und sogar 2 Tennisspieler. Gegen 6 ist der Zauber vorbei, der Bund füllt sich. Wir waren einhellig froh, uns aufgerafft zu haben. Wären wir um 6 losgefahren, hätten wir uns nur geärgert, uns nicht für 3 durchgerungen zu haben. Deshalb wollen wir es nochmal machen, mit richtigem Sonnenaufgang. Mal sehen, abwarten und grünen Tee trinken.

Etwas kritischer war unser Plan, danach Frühstücken zu gehen. Um 5 oder 6 hat ausser den Baozi Ständen nichts auf. Also haben wir uns ein paar Baozi und diese gebackenen Eifladen gegönnt, und sind Richtung French Concession gerollt. War es auf dem Hinweg dunkel, mehr oder weniger still, und kaum Verkehr, gegen 6:30 ist das schon ganz anders. An der Huaihai steht ein Polizist, überall wird aufgeräumt (Essensreste von der Strasse mit der Schaufel in Mülltonnen), und ordentlich Verkehr. Gelandet sind wir bei der französischen Bäckerei in der Wukang Lu, hat schon auf, Holztische draussen, und das typische französische Angebot. Dafür teuer, haben die Fladen vor 15 Minuten 3 RMB gekostet, gibt es hier den Kaffee für 40. Was doch so ein bisschen Europa kostet, und es ist nicht mal subventionierter griechischer Kaffee.

Um 9 war ich wieder daheim, genau richtig, um zu duschen und zur Abschiedsparty meines Kollegen nach Pudong zu fahren: auf die Biofarm. Wollte ich eigentlich mit dem Radl machen, aber die Zeit zwischen Sonnenaufgang und Feierbeginn war einfach zu lang.

13.06.2015 – Sommerfest an der DSS

Dienstag, 16.06.2015

Erstes Erfolgserlebnis heute: der Postler kommt mit den Mopedpapieren. 3 Wochen und eine ordentliche Gebühr später, und schon habe ich wieder gültige Papiere. Schneller als gedacht. D.h. ausser ein bisschen Hin und Her gibt es gar nichts zu erzählen, sie sind einfach da.

Nachmittags das jährliche Sommerfest an der deutschen Schule, jedes Jahr das gleiche, und jedes Jahr gut. Im Juni ist das Wetter endlich warm, nach einem schwülen Vormittag ein angenehmer Nachmittag, es gibt die unvermeidlichen Bratwurstsemmeln, den erprobten Döner, das HB vom LaMesa, und die 11. Klassen verkaufen Kuchen zu Gunsten ihres Abiballs. Dazu das jedes Jahr gleiche Programm, mit dem Top Act ‚Lehrerband‘ zum Schluss, auch immer gleich, auch immer gut. 80er Musik, eher was für die Eltern, scheint dennoch Schüler-kompatibel zu sein.

Toll ist, dass man viele Bekannte trifft, wie das halt nun mal auf einem Dorffest so ist. Die Auslandsschule ist das Zentrum des deutschen Ghettos, drum herum die deutsche Bäckerei, der Metzger, und ein paar deutsche/französische/österreichische Kneipen. Und mein 15 RMB Friseur, der zählt aber nicht. Somit bleibt es nicht aus, man trifft immer die gleichen Leute. Ich kenne deutlich weniger als der Rest der Familie, so wie ich auch deutlich seltener in der Stadt bin, Schicksal der Väter.

Es war übrigens das deutsche Schulfest. Frankreich feiert eine Woche vorher. Dennoch heisst das Gelände Eurocampus. In China nennt man das Fake, oder Etikettenschwindel.

Wer will, kann lange bleiben und noch ein paar Bier trinken, ich bin um 9 gegangen. Ich will nämlich morgen ganz früh aufstehen, s. Sonntag.

10.06.2015 – Funkuhr funzt nicht

Mittwoch, 10.06.2015

Meine Funkuhr hat sich nach 3 Jahren ungefragt auf 12:00 (oder 00:00?) gestellt und ist beleidigt. In China gibt es kein Funksignal, d.h. sie muss ohne funktionieren, was sie bis jetzt getan hat. Aus irgendeinem Grund meint sie, jetzt nicht mehr. Damit kann sie sich nicht mehr stellen. Ich werde sie das nächste Mal mit nach Deutschland nehmen, hoffentlich fängt sie sich wieder.

Ganz anders mein Funkwecker. Er hat erstens die erste Unendlichbatterie der Welt, er läuft damit seitdem ich hier bin, und weckt mich zuverlässig um 00:15. Ich bin in der Sommerzeit umgezogen. Am Anfang war es etwas gewöhnungsbedürftig, bisher habe ich immer richtig umgerechnet und noch kein Flugzeug verpasst. Wundert mich, dass China noch keine eigenen Funkuhren hat, es gibt auch ein eigenes GPS System. Vermutlich wäre die Frequenz eh anders.

Heute waren die Kids zu Hause, in der Schule geht ein Virus um: Verdacht auf Pfeiffersches Drüsenfieber. Hört sich dramatischer an, als es ist, muss aber nicht sein. Mal sehen.

08.06.2015 – Das Schokoladenparadox

Mittwoch, 10.06.2015

Ergebnis meiner Eigenstudie: ich esse hier wesentlich mehr Schokolade als zu Hause (eigentlich bin ich hier zu Hause, ihr wisst schon), eigentlich dauernd. Wo die doch so teuer ist! Genau deshalb: Weil sie so teuer ist, bringe ich sie immer aus Deutschland mit. Und wenn ich vor dem Discounterregal mit den Centbeträgen stehe, und eigentlich nur 5 kaufen möchte, werden es 10. Schliesslich wollen die 64 kg Gepäck genutzt werden, und der Fluggesellschaft kein Kilo geschenkt. Im Gegensatz zu den Kaffeekilos passen so ein paar Tafeln immer irgendwie rein. Und so ist unser Kühlschrank voll, und das Zeug muss weg. Klassischer Fall von Überfüllung wegen gefühltem Mangel. Bin ich froh, wenn ich in Deutschland nicht mehr so viel Schokolade essen muss.

06.06.2015 – Brillenmarkt

Mittwoch, 10.06.2015

Ich mag diese Brillen-, Stoff-, Pflanzen-, Fake- und sonstwas-Märkte nicht besonders. Erstens ist mir Einkaufen per se ein Gräuel, ausser vielleicht Outdoor- und Mopedteile, zweitens nervt mich die Marktschreiernummer: kaum latscht man unten rein, schon hat man 10 Angebote vorliegen, ohne einen Wunsch geäussert zu haben. Aber es nutzt nix, meine Brille gibt den Geist auf, ich brauche eine neue. Und das geht so: Fahrt zum Brillenmarkt, rund eine Stunde, zielstrebiges Ansteuern des Ladens, in den alle anderen Expats gehen. Sowas nennt man Empfehlung oder auch Geheimtipp. Nicht, dass der Laden eine bessere oder billigere Ware hat, vermutlich eher das Gegenteil. Es ist einfach so, wenn einer mal sagt, es sei OK gewesen, dann gehen alle hin. Risikominimierung. Wer so einen Laden hat, hat ausgesorgt, solange er keinen fahrlässigen Flop baut. Ich habe es schon mal erzählt, üblich ist 3 mal Hinfahren: Aussuchen, Abholen wollen (dabei stellt man fest: man sieht nichts, kommt in die Hose nicht rein oder die Ärmel sind zu kurz), und final Abholen. Also muss das effizient werden, d.h. wir kaufen 2 Lesebrillen, 1 Sonnenbrille und eine ‚normale‘. Macht zusammen 1.500 Kuai. Das ist ziemlich billig, und so sind die Brillen dann auch. Ein billiges Gestell ist ein billiges Gestell. Habt Ihr genau gelesen? Genau, ich brauche eine Lesebrille! Da ich diese Gleitsichtdinger nicht mag, und auch nicht brauche (!! denn ich kann unter den Gläsern durchschauen), eine Lesebrille. Sieht dann nicht mehr so komisch aus, weil ich im Büro nicht immer 15 cm vor dem Bildschirm klemme. Ich gehöre ab jetzt zu den Leuten, die dauernd ihre Brille wechseln. Hurra: alle Brillen passen von Anfang an! Volltreffer, zum Glück war ich beim Geheimtipp! Hier ist die neue:

Beim Mopedladen war ich auf dem Rückweg auch noch, wenn ich schon mal im Samstagsverkehr rumstehe. Auch so ein Geheimtip: Seit einer Woche sollen morgen die Papiere da sein! Ich glaube es erst, wenn ich sie in der Hand halte. Ob sie dann echt sind oder nicht, frage ich besser gar nicht.

Nachmittags gleich das nächste Erfolgserlebnis, what a day: Ich habe mir so eine Bose Box geleistet, und mich in die Tiefen eines NAS Servers begeben. Steht alles seit 2 Monaten rum, jetzt wurde es Zeit. Sogar ich habe es geschafft, per WIFI können wir jederzeit unsere MP4 hören, ohne einen Rechner anzuwerfen. Megacool: mit jedem Smartphone und Tablet kann man die Kiste steuern. Keine Kabel, kein CD Haufen, und ich hab es ganz alleine aufgebaut (Stolz).

Abends nochmal mit meiner Cousine in der Stadt. Sie hat 3 Tage Peking eingelegt und ist heute Abend zurückgekommen. Sie hat freiwillig bestätigt, dass Shanghai die coolere Stadt ist! Sie war noch auf dem Pearl Tower, diesmal ohne Regen, danach Treffen am Bund und zu Fuss den Bund entlang zur Vue Bar. Am Dienstag waren wir in der Char Bar, meiner Lieblingsbar, wegen dem Blick auf den Bund von Südwesten, heute Vue Bar mit Blick von Norden. Wir müssen unserem Besuch immer das harte Expatleben im kommunistischen China zeigen. Die Hardship Zulage will gerechtfertigt sein.

02.06.2015 – Hoher Besuch

Montag, 08.06.2015

Meine Cousine hat sich ins Land der Mitte aufgemacht, gestern früh ist sie zu nachtschlafender Zeit angekommen, jetzt erobert sie Shanghai. Leider spinnt das Wetter wieder, die typischen heftigen Regenfälle der Plum Season kommen zu früh, heute war eine Unterwasserkamera zum Knipsen notwendig. Sie hat sich nicht die Laune verderben lassen, Shanghai ist auch bei Regen interessant.

30.06.2015 – 3 Jahre sind langsam rum

Montag, 08.06.2015

Es häufen sich die Abschiedsfeiern. Mehrere unserer Bekannten gehen nun nach 3 Jahren heim, wir sind die 2012er Generation. Die einen, weil sie wollen oder sollen, manche weil sie müssen. Das kann berufliche und private Gründe haben. Von den alten Eltern zu Hause, die Unterstützung brauchen, bis hin zu keinem Spass mehr an der Luftverschmutzung oder lang- aber auch kurzfristige Arbeitgeberentscheidungen. Wohl dem, der dabei wenigstens einen guten Spot zu Hause gefunden hat. Am härtesten trifft es die, die plötzlich zurückmüssen, obwohl eines der Kinder gerade in der 11ten Klasse ist. D.h. nochmal von vorn anfangen, das gibt es leider auch. Dynamik ist angesagt.

Für uns ist es noch ein Jahr. Und ich bin mir sicher, das geht ratz-fatz vorbei. Wir planen schon die restlichen Urlaube (was sonst?) und stellen fest, unsere Liste schaffen wir gar nicht mehr. Das geht jetzt noch bis Weihnachten, dann beginnt bereits die Rückkehrlogistik, Schule, Wohnen, Umzug, Versicherungen, der ganze Kram.

Noch kann ich mir das Zurückgehen gar nicht vorstellen, gefühlt sind wir gerade erst gekommen. Ist ein bisschen Endzeitstimmung, wenn ich in der Stadt unterwegs bin, denke ich schon: wie oft noch? Nicht mehr oft. Irgendwie schade, aber ewig will ich hier auch nicht bleiben.

Übrigens habe ich coole Reaktionen auf die Emailliste bekommen, inzwischen stehen Fans auf der Liste, die ich weder kenne noch jemals getroffen habe. Ist nett, da schreib ich doch gleich ein bisschen weiter.

26.05.2015 – shí wàn qiānmǐ / 十万千米

Montag, 08.06.2015

Heute hat mein Auto die 100.000er Marke geknackt. Ich wollt’s ja erst fotografieren, fand das dann doch zu albern. Auf chinesisch sind das 10 x 10.000, also 10 wan oder shi wan, gesprochen shö (aufsteigend) wann (kurz). Einhundertausend oder eine Million gibt es im Chinesischen nicht, wie übrigens auch in Japan, Korea und Indien. Überall gibt es die Zehntausend, ausser Indien, da ist natürlich wieder alles anders: Inder haben den Lak, das sind Hundertausend. So ähnlich wie die Franzosen: immer alles anders machen wie der Rest. Diese Zählweisen erzeugen immer den maximalen Grad der Verwirrung, im Gespräch stimmen sie meistens nicht. Zurück zum Auto: als chinesisches Produkt hat es bisher ganz gut durchgehalten, ausser einem neuen Getriebe und mehrfachem Nachlackieren wegen ominösen Blechschäden gab es noch nichts. Die Karre ist jetzt fast genau 3 Jahre alt, ich habe es mir erspart, das genau nachzuschauen, und hat bis auf eine Ausnahme bislang nur das Shanghaier Stadtgebiet gesehen. Dafür sind 10 wan doch eine reife Leistung. Zum Glück hat das gute Stück keinen Betriebsstundenzähler, obwohl der Standardausstattung bei Treckern ist. In Stunden sind es sicher deutlich mehr, zum einen durch den Dauerstau hier, noch mehr hauen die Stunden im Stand mit Heizung oder Klimaanlage rein. So ein Fahrer hat es gerne temperiert. Man hat mir im interkulturellen Training gar nicht beigebracht, wie ich hier mit meinem Ökogewissen umgehen soll.