26.07.2014 – Huang Shan

Samstag, 02.08.2014

Warum nicht mal ein Wochenendausflug ähnlich wie ‚daheim‘. Also ab in die Yellow Mountains Huang Shan. Das sind 450 km von Shanghai, alles Autobahn, und wenn man mal das Einzugsgebiet von Shanghai hinter sich hat, also nach etwa 100 km, dann wird der Verkehr dünn und es geht ganz gut. Trotz 4 Spuren + aktiv genutzter Standspur ist es am Anfang eher langsam, einerseits drängelt jeder dauernd vor und andererseits traut sich keiner, die Geschwindigkeitsbegrenzung von 120 km/h auszunutzen. Also muss man Slalom um die 70 bis 100 km/h Hindernisse fahren, wobei gilt, je weiter links, desto langsamer. Nach etwa einer Stunden wird es besser und man kann mit ungestörten 140 und Tempomat, mehr gibt das Fahrwerk dieses Buick nicht her, auf der rechten Spur fahren. Die ist frei, die wenigen Verbliebenen fahren verlässlich links, und rechts Überholen ist in China nix schlimmes.

Also alles wunderbar, abends angekommen, übernachtet, und am nächsten Morgen auf die Gelben Berge http://en.wikipedia.org/wiki/Huangshan . Geht mit einer Doppelmayr Seilbahn, man könnte auch laufen, muss aber nicht, und schon beginnt das chinesische Bergwandern: Treppensteigen! Egal wo, man läuft auf einem 2 m breiten, gepflasterten Weg, jeder Höhenunterschied wird mit Treppen bewältigt. Was für ein Aufwand. Dennoch: endlich mal wieder etwas anderes, fast freie Bewegung bei guter Luft! Wir haben oben übernachtet, zum stolzen Preis von etwa 150 USD, das Hotel wäre 40 wert gewesen, aber es gilt Angebot und Nachfrage. Obwohl Regen angesagt war, sind wir nur wenig nass geworden, und in den Wolken sind die Berge sowieso immer. Huang Shan ist eine etwa 1.500 m hohe Bergkette mit Spitzen bis zu 1.860 m, ausgebaut als komplettes Treppenhaus. Das Tal in der Mitte bietet einen canyonartigen Blick, sehr zu empfehlen, und es macht viel Spass, an einem normalen Wochenende mit normal vielen Chinesen dort rumzulaufen. An einem Feiertagswochenende mit normal ganz ganz vielen Chinesen würde ich das nicht wollen!

Der höchste Berg ist wegen Bauarbeiten gesperrt (vermutlich Treppe defekt), auf den zweithöchsten Tian Du 天都峰mit 1.810 m darf man über eine steile, teilweise sehr enge und ausgesetzte Treppe rauf. Superklasse! Von oben kommend, fängt man bei 1.600 m an, man kann von einer Seite rauf und auf der anderen runter. Wenn man das ganze von unten macht, startet man bei 1.400 m. Und das geht eindeutig in die Waden! Wenn ich es vorwegnehmen darf: niemand ist gewohnt, 2 Tage Treppen zu steigen, der Muskelkater danach ist fies. Ausser den Lastenträgern: trotz Seilbahn werden die Buden, Restaurants und Hotels per Träger versorgt, und die steigen mit den Lasten an einer Bambusstange über der Schulter hängend den ganzen Tag rauf und runter. Und wer nicht selber laufen will, kann sich tragen lassen. Ob das auch über den engen Zugang auf den Tiandu geht, weiss ich nicht, die anderen Wege sind auf jeden Fall kein Problem. Selbst die Preise sind offiziell angeschrieben, wie Busfahren.

Im Internet habe ich während der Vorbereitung viel über Schwierigkeiten bei der Orientierung und fehlende Karten gelesen: Papperlapapp! Man kann eine für Ausländer lesbare Karte für 10 Kwai in jedem Shop kaufen, im Hotel gibt es eine chinesische, die sogar noch besser ist. Und wenn man die Schriftzeichen vergleicht, findet man sich prima zurecht. Die Orientierung ist einfach, es ist ein grosses ‚U‘, am besten geht man auf der einen Seite rauf und auf der anderen runter. Transport mit dem Bus und der Seilbahn ist gut organisiert, Chinesen können Massen sehr gut abfertigen. Und: es ist super sauber! Auf dem ganzen Berg herrscht Rauchverbot und wird wegen Strafe auch eingehalten. Nicht mal Müll liegt rum, sehr selten, aber wahr. Die Hot Springs am Sonntag nachmittag haben wir uns geschenkt, obwohl die Gegend dafür bekannt ist, wäre sicher eine gute Massnahme gegen den Muskelkater gewesen.

Leider war die Heimfahrt nervig: Platschregen ist im chinesischen Verkehr kein Spass, es war wie Sonntagnachmittagsverkehr vom Allgäu nach Stuttgart, nur eben die chinesische Ausgabe. Leider wurde ich unterwegs 3x geblitzt, und damit meine ich nicht das spektakuläre Dauergewitter, das zwar nett anzusehen, aber eben für den Regen verantwortlich war. Deswegen hat’s zurück auch 5 Stunden gedauert. Aber es war es wert, kann ich jedem ans Herz legen. Und: auch wenn es geschäftsschädigend ist, ein Führer ist überflüssig.