28.04.2013 - Hakka 2

Dienstag, 07.05.2013

Fortsetzung der 3-tägigen Hakkatour mit 2 Führerinnen und einem Fahrer. Alicia kommt aus der Gegend und spricht den hiesigen Dialekt (oder Sprache?), den Sophie genauso wenig versteht wie wir. Speziell ist unser Fahrer, Name unbekannt, er schafft es jedesmal, oben auf dem Hügel mit Tempo 30 anzukommen, und das mit einem 3 l V6 GL8. Warum? Er hat die Eigenart vieler Chinesen: alle 3 s nimmt er für 1 s den Fuß vom Gaspedal!?  In der Ebene ist das Dank Automatikgetriebe und Fahrzeugmasse wurscht, bergauf aus den gleichen Gründen eben nicht. Dummerweise ist die Gegend bergig. Jdesmal, wenn vor ihm ein auto ist, wird gehupt, und das ist ziemlich oft. Jedesmal vergisst er dann das Gasgeben, oder er nimmt den Fuss gleich wieder vom Gas, und so wird's nix mit dem Überholen, das passiert auch ziemlich oft. Also beginnt das Spiel von vorn. An der Windschutzscheibe prangt ein großes VIP Schild, das sich wohl auf ihn bezieht, seine 2 Handys klingeln ununterbrochen, die Geräuschkulisse ist enorm. Kritisch wurde es, als er auf der Autobahn links dauerblinkend und hupend bergauf bei 65 angekommen ist, und ihn andere aus Frust nach dem Rechtsüberholen so geschnitten haben, dass nur noch eine Vollbremsung den Zusammenstoß vermieden hat. Immerhin hat er das trotz telefonieren geschafft. Was übrigens in China eine Ausnahme ist, eigentlich regt man sich offiziell nicht auf, sieht nie hin, damit ist der andere quasi nicht da, und wenn man vorbei ist, lässt man die Situation unkommentiert stehen und bereitet sich auf die nächste vor, die meisst nur Sekunden entfernt ist.

Zusätzlich zu den Hakka Häusern, die als Museum oder Modell dienen, haben uns Alicia und Sophie in ein Dorf geführt, in dem die Leute einfach nur leben. D.h. mit allem Federvieh und Müll bewohnen sie das Riesenhaus. Laut Alicia, die aus dem Nachbartal stammt, ist das hier schon ganz schön arm. Leider liegt wirklich alles voller Müll, einschließlich Batterien und zerbrochenen Energiesparlampen, der nächste Platschregen wird es schon richten. Erstaunlicherweise ist das in touristisch aufbereiteten Häusern nicht anders. Sogar neben dem Hausaltar, auf dem Bilder, Räucherstäbchen und Figuren stehen, liegt drunter und daneben alles voll Müll, es scheint niemanden zu stören. Stellen wir uns vor, in der Kirche liegt neben und unter dem Altar weggeworfenes Spielzeug, Batterien, Lappen, kaputte Schuhe, etc.

Am Nachmittag stand Radeln auf dem Programm, cycle for 2 hours through the landscape, yeah! Jetzt wurde es wieder Chinesisch: Erstmal waren keine Fahrräder da, also Handy raus und telefonieren. Dann gab's welche, aber nur 2. Es könnten ja 2 von uns auf dem Gepäckträger sitzen? Wollten wir nun nicht. Also weiter telefonieren, vielleicht aus dem Nachbardorf. Das Mieten sei leider sehr teuer, 100 RMB. Die Botschaft laut Sender-Empfänger-Modell war: lasst es doch lieber! Aber wie das halt so ist, unsere Botschaft war: jetzt erst recht, ich will Radeln! Nach einer Stunde und viel telefonieren die Lösung: es würden 2 Fahrräder gekauft! Weil es schon so spät ist, sollten wir morgen Radeln. Auch OK. Doch auf einmal sind die Räder da: 2 Mini-Klappräder, ein Modell Mao von 1920 und ein Kaufhausmodell in gelb, 2 noch eingepackt. Alle wie immer in tiefster Sattelstellung, also perfekt für europäische Gundschüler. Aber: morgen müssen die Räder irgendwie zurück sein, also geht morgen leider nicht. Heute oder gar nicht, wieder Botschaft gegen Botschaft: also heute. Wie nun die Sättel in die Höhe bringen, also die 13er Mutter öffnen? Nach einigem Palaver, nicht verstehen (wollen) schliesslich: Es gibt einen 12er und einen 14er, das passt cha bu duo. Der chinesische Verleiher, also der Manager, macht sich natürlich nicht die Finger schmutzig, da muss der Laowei schon selber schrauben. Statt um drei sind wir um 6 losgefahren. Mein Fahrrad war quasi ein Fully, das Hinterrad war tatsächlich gefedert, der gesamte vordere Teil hat sich in jedem Schlagloch an der Grenze zwischen plastischer und elastischer Verformung bewegt, perfektes Dämpfungsverhalten. Nach immerhin 300 m ist leider die linke Kurbel abgefallen. Vermutlich wurde sie nach dem Kauf nur mit den Fingern festgezogen, und das reicht auch in China nicht. Deshalb gibt es heute im Dorf Hu Keng Zhen einen Chinesen, der noch vielen Freunden und Verwandten erzählen wird, wie 4 Langnasen aus dem nichts vor seinem Haus standen und um eine Zange gebeten haben. Und eine Langnase, die wieder eine Story für den Blog hat! Er hatte einen 'Engländer', wenn einer weiß, was das ist. Nett, aber für die Mutter einer Kurbel leider untauglich. Viel besser war die Spitzzange seiner Nachbarin, die sie mir ungefragt gebracht hat. Das ist das nette an China, in solchen Situationen sind die Leute gegenüber Ausländern aufgeschlossen, freundlich und hilfsbereit. Neben einer interessanten und überaus freundlichen Konversation auf Chinesisch hatten wir eine Kurbel, die immerhin fast 1 km fest war!

Soweit sind wir noch bergauf gefahren, dann hat es uns gereicht. Bergab zurück geht auch ohne Kurbel. Alle waren angeblich völlig überrascht, dass wir schon so bald wieder da waren. Der Verleiher fand es nun angemessen, dass ich ihm die Sättel wieder runterschraube, das war wohl die Bedeutung seiner wedelnden Handbewegung. Ting bu dong, keine Reaktion heisst: Mach's selber.

Übernachtet haben wir danach mitten in den Bergen, und ich glaube, chinesischer geht nicht mehr. Keine Langnasen, keine Buchstaben, einfach nur eine Kleinstadt, Wir haben ein Restaurant gefunden, am geöffneten Kühlschrank ausgesucht, was gekocht werden soll, waren im Kramladen daneben einkaufen, immer ein wenig unter Beobachtung, einfach mitten in China. Nach all den Touri und sonstigen Flugreisen eine Bereicherung, und es geht ganz einfach. Mit ein bisschen gutem Willen verhungert man nicht und findet ein Bier, manchmal sogar ein kaltes.

An dieser Stelle nach den vielen Bermerkungen zu Fahrstil (grauenhaft), Planung (nicht vorhanden), Umweltbewusstsein (hä?) und gegenseitiger Umgang (dich kenn ich nicht) eine nette Bemerkung: Viele Chinesen sind fröhlich, aufgeschlossen und nett. Wenn man ihnen lachend begegnet, lachen sie auch, versuchen zu helfen, und sie sind meisst freundlich. Immerhin sind wir ja die unkultivierten Ausländer. Schwierig wird es nur dann, wenn sich die Meinungen nicht decken, denn Konflikte untereinander werden nach bestimmten Riten verhandelt, mit Laoweis scheint es kein verfügbares Muster zu geben, und damit keinen erprobten Lösungsweg.