Berichte von 10/2012

14.10.2012 – ein Klavier, ein Klavier

Dienstag, 16.10.2012

Tja, ohne geht’s nicht. Wir haben aufgrund der Transportbedenken unser Klavier zu Hause gelassen, also kaufen wir hier ein neues. Und was finden wir: Chinesische Firmen haben die alten (ost-)deutschen Klavierbauer aufgekauft, und werben jetzt damit. Wir können die alten Marken aus Leipzig kaufen, die hier gebaut und von hier aus nach Deutschland exportiert werden.

Immerhin gibt es jetzt wieder Klavierspiel, wenn ich nach Hause komme, fast wie zu Hause, das Ferienhausfeeling nimmt ab.

13.10.2012 – Chang Jian 750

Dienstag, 16.10.2012

Da war ja noch mein Moped. Die letzten Wochen hat der Verkäufer meine SMS nicht mehr beantwortet, und zwar genau ab dem Zeitpunkt, als ich die Anzahlung geleistet hatte. Meine Familienmitglieder konnten sich die kritischen Blicke nicht verkneifen. Am Samstag konnte ich dann tatsächlich den ersten Schritt auf dem Weg zum Moped sehen, wir haben und abends im Dunkeln konspirativ getroffen und sind in ein Industriegebiet gefahren, in dem Autos getunt werden. Und dort wurde mir in einer Lackierkabine ein Blechteil präsentiert, das mal mein Seitenwagen werden soll. Ich bin gespannt. Angeblich muss ich jetzt nur noch die Farbe festlegen, und dann wird es bald fertig.

07.10.2012 - Dali

Dienstag, 16.10.2012

Dali ist klasse. Weniger Touristen, ein paar Backpackercafes (ich weiss, das ist nicht ursprünglich, aber trotzdem nett), Berge (die Seilbahnfahrt für uns vier sollte 125 € kosten, das entspricht einem Tagesskipass, wir haben es gelassen), eine riesige Tempelanlage, erbaut vor 10 Jahren, und ein See. Es gibt sogar eine katholische Kirche, die jedoch eher wie ein Tempel aussieht. Unsere Kinder sind inzwischen mehrere Millionenmal zusammen mit anderen Chinesen offiziell und heimlich fotografiert worden, sie sind es leid. Ich wüsste gerne, wieviel Platz unsere Fotos inzwischen in der Cloud beanspruchen, es müsste signifikant sein.

Fazit, beim nächsten Mal gleich nach Dali, und in Zukunft nicht mehr in der Golden Week Autobahn fahren. Verschärft wurde das übrigens dadurch, da die Regierung beschlossen hatte, in dieser Woche keine Autobahngebühren zu verlangen. In den ersten Tagen standen an den Mautstationen nette Mädels die Freikarten ausgegeben und wieder eingesammelt haben, womit der Verkehr genauso zum Stillstand gekommen ist. Am dritten Tag wurde das dann eingestellt, was aber bedeutet, die Mädels standen so da – warum auch nicht!

06.10.2012 – nach Dali

Dienstag, 16.10.2012

Der Weg nach Dali geht zurück über den Pass, allerdings davor ein 10 km langer Stau vor einem Dorf. Also haben wir die Alternative gesucht – und gefunden. Es gab einen Weg auf der anderen Talseite, eine 4 m breite Betonstrasse erhöht durch die Reisfelder und Dörfer, ohne Leitplanken und Schilder: Laowei. 2 Chinesen sind uns mutig gefolgt, der Rest hat sich lieber angestellt, besser so.

Trotzdem hat die Fahrt wieder den ganzen Tag gedauert. Bei der Ankunft das gleiche wie in Lijiang, wir finden per Garmin das Hotel nicht. Als wir endlich in der Fussgängerzone feststecken, probieren wir es mit anrufen. Es kommt tatsächlich einer vom Hotel, und holt uns da raus, wie in Lijiang auch, da hatten wir uns im Dunkeln in einer Gasse festgefahren.

Und als kleine Aufmerksamkeit: Im Bad wird vor rutschigen Fliesen gewarnt:

04.10.2012 – Lijiang

Dienstag, 16.10.2012

Wer wusste vorher, dass Lijiang an dritter Stelle der meistbesuchten Orte Chinas liegt, nach Beijing und Xi’an? Wir nicht. Die Stadt besteht aus supertollen, verwinkelten Gassen, in denen alle einen Parkplatz suchen – und nicht finden. Gleichzeitig steht der Verkehr aussenrum im Dauerstau. Von dort aus kann man in ein paar Dörfer am Schneeberg (xue shan) fahren. Das weitest entfernte ist noch ganz nett, aber auch verkehrstechnisch überfordert. Immerhin wohnen dort noch Leute. Und wenn man sich von der deutschen Einstellung freimacht, dass man einen richtigen Parkplatz braucht, kann man auch das Auto abstellen. Es gibt sogar ein Cafe mit Homestay-Übernachtung, geführt von einem Amerikaner aus Oregon und seiner chinesischen Frau.

Das nächste Dorf ist schon deutlich mehr auf Touristen aus (chinesische, wir sind permanent die Laowei), und für das Dritte mussten wir Eintritt zahlen! Dafür betritt man quasi ein Oktoberfest ohne Bierzelt. Die chinesische Freizeitbeschäftigung besteht aus Essen und Einkaufen, beide geht hier perfekt, aber nur das.

Abends in der Stadt gibt es jede Menge von Karaoke und Dance-Restaurants, die lautstark die Besucher anlocken.

Wir wohnen mitten in der Altstadt in einem Hofhaus, nur zu Fuss zu erreichen, sehr zu empfehlen. Die Besitzerin spricht englisch mit starkem amerikanischen Akzent, den sie sich aus amerikanischen Filmen angeeignet hat. Abends lädt sie uns noch mit Ihren Freunden zu einem (oder auch zwei) Bier ein, denn das ist das, was man hier macht: reden und Biertrinken. Da chinesisch Reden nicht wirklich klappt, machen wir das mit Biertrinken wieder wett. Und da meine Frau nicht trinkt, mache ich das auch noch wett, ein netter Abend!

03.10.2012 – Der Weg nach Lijiang

Dienstag, 16.10.2012

Es sind schlappe 530 km nach Lijiang, und wir dachten, wir fahren halt einen Tag lang in Ruhe durch die Gegend, warum nicht. Wir sind einen Tag lang durch die Gegend gefahren, nur nicht in Ruhe. Es fängt damit an, dass auf der Autobahn bis Dali der gesteigerte Wahnsinn herrscht. Sie ist voll mit nagelneuen Q7, Q5, X5 und sonstigen Modellen der oberen Mittelklasse, die sich mit ca 70 auf der linken Spur um die LKW herumbewegen. Bis es wieder kracht, und alles 2 h lang auf der Strasse steht.

Wir haben einfach nicht bedacht, dass sowieso viele Chinesen unterwegs sind, und es diesmal, wie wir hinterher erfahren haben, seit langem am schlimmsten war. Viele haben sich das Auto gerade noch vor Golden Week gekauft, und sind nun ohne Fahrpraxis unterwegs, daher die 70 (man darf 120 fahren, das traut sich aber wirklich keiner). Und diesmal sind laut Statistik 86 Mio unterwegs, so viele wie noch nie. Sogar in Spiegel online war ein Artikel zu diesem Thema. Man kann es gut mit Deutschland in den 70ern vergleichen: alle sind erstmalig mobil und probieren das aus, das Ergebnis ist wie damals in Europa der Dauerstau auf der Autobahn, mancher erinnert sich noch an die Bilder auf der Brennerautobahn – und wir mittendrin als die Attraktion schlechthin. Ausländer gibt es hier selten, daher kommt uns alle paar Minuten das Wort Laowei entgegen, wir werden mit höchstem Interesse unauffällig beobachtet, und mit jedem verfügbaren Handy fotografiert.

Nach 2 Stunden Stillstand geht es plötzlich weiter, und das ist ein Erlebnis der besonderen Art: Wir fahren die nächsten 5 km durch einen Müllhaufen, der mich sofort an die Trinkstation beim Marathonlauf erinnert. Sämtliche Verpackung wird einfach aus dem Auto geworfen, die Strasse ist weiss von Pappschachteln und Papiertüten. Noch schlimmer ist, dass unvermittelt Autos auf der Strasse stehen. Der Besitzer ist entweder weg, oder er sitzt drin und schläft, und zwar auf jeder der drei Spuren. Wenn alle nach einem Stillstand ungeduldig losfahren wollen, ist das durchaus kritisch.

Die Landschaft muss man sich tatsächlich wie die Brennerautobahn vorstellen, es geht durch eine Berglandschaft zwischen 1800 und 2500 m ü.NN, nebendran ist die alte Strasse. Könnte ich jetzt hier Mopedfahren!

Nachmittag waren wir in Dali am Autobahnende, und dem Beginn der Passstrasse. Und das ist nun genauso wie der Fernpass am Samstag morgen der Faschingsferien, nur eben 160 km lang. Irgendwann habe ich die Geduld verloren, und bin mit den anderen in zweiter und dritter Reihe den 2-spurigen Pass hoch und runter gefahren, zum Leidwesen meiner Mitfahrer. Am besten ging rechts überholen. Grundsätzlich wird mit dem SUV links blinkend links gefahren, aber es fehlt die Traute, dann das Gaspedal durchzudrücken, also war der Weg rechts vorbei frei! Es hat trotzdem 11 Stunden gedauert.Und wenn man dann im Stau links stecken bleibt, geht das so lange gut, bis einem ein Regierungsauto entgegenkommt und drauf besteht, dass die Spur bis zum Mittelstreifen frei ist. Dann hilft nur Rückwärtsfahren. Das ist dann kein Spass, während man bei Anwesenheit von Polizei jederzeit wie gewohnt weitermachen kann.

02.10.2012 – Yunnan

Dienstag, 16.10.2012

Wir haben uns in der golden Week für Yunnan entschieden, und der Anfang war nicht schlecht. Mein chinesisch hat tatsächlich ausgereicht, um am Flughafen den Autovermieter anzurufen, mit ihm den Treffpunkt auszumachen, und das Auto perfekt zu übernehmen. Ich war ganz stolz auf mich. So haben wir auf einem Wohnviertelparkplatz Modell Plattenbau einen Citroen Elysse uebernommen, mit zerschliessenem Fahrersitz, Beulen und Kratzern rundherum einschliesslich Dach, ungewaschen innen und aussen, aber er faehrt. Die Dokumentation der Beulen dauerte volle 10 Minuten. Und dann hat uns mein Motorrad-Garmin zielgenau zum Hotel geführt, super!

Ungewöhnlich war das Frühstück am nächsten Morgen: Suppe, Knödel, logischerweise Reis und Nudeln, leider keinen Kaffee, dafür den üblichen chinesischen Tee mit den grossen Blättern mit warmem Wasser aus der Mao-Thermoskanne. So weit so gut. Ein wenig kritischer waren die fettigen, nur mit Wasser abgewischten Tische, und die Gewohnheit unserer Mitbewohner, sich neben den Stuhl ein Taschentuch auf den Boden zu legen, und darauf nach lautem Räuspern das Ergebnis abzulagern. Beim Rausgehen ist es schwer, die vielen Taschentücher auf dem Boden zu ignorieren.

Kunming ist nicht so wirklich interessant. In der Nähe, d.h. 80 km weg, gibt es einen Steinwald, touristisch perfekt erschlossen. Im Reich der Mitte mit einem Promille der Bevölkerung auf 5 km² ein Outdoorerlebnis zu teilen, ist ein Ergebnis der besonderen Art. Es wird irre viel fotografiert, die Wege sind alle Stöckelschuhsicher gepflastert, und das Gefühl ähnelt dem Weihnachtsmarkt am Freitag Abend, nur nicht so kalt und dunkel.