Berichte von 03/2014

17.02.2014 – Selber schuld!

Sonntag, 02.03.2014

Was man in keinem Land der Welt machen sollte: Geld abheben und die Karte im Automaten stecken lassen! Passiert ist es mir am Samstag in Harbin, gemerkt habe ich es am Montag morgen in Shanghai. Immerhin: Karte sperren lassen geht per Telefon sofort, Karte von Harbin nach Shanghai schicken geht nicht, obwohl innerhalb einer Bank. Leider ist ab dem Sperren das Konto 5 Tage ‚locked‘, d.h. es geht nichts rein und nichts raus, und zwar gar nichts Eine neue Karte gibt es sofort, aber nur, wenn auf dem Konto nicht mehr als 20.000 RMB sind. Ist der Betrag grösser, muss alles erst wieder beantragt werden, Dauer 1 Woche. Also sind wir Eigentümer von Geld, aber eben nicht Besitzer.

Wieder habe ich eine halben Tag auf der Bank verbracht, mit tatkräftiger Unterstützung meiner Assistentin (die netterweise niemals durchblicken lässt, was sie von den ganzen Ausländernummern hält), und erfreulich tatkräftiger Unterstützung der Schaltermädels, am Schluss haben sich drei eifrig meines Problems angenommen. Sie wollten unbedingt eine Lösung finden! Interessanterweise wussten auch sie nicht so richtig, was geht und was nicht. Erster Versuch war die neue Karte, ging nicht. Zweiter Versuch: lass uns ein neues Konto eröffnen, vielleicht lassen sich die Konten verbinden. Ging nicht. Am Schluss: mit einem neuen Konto gibt es die Chance, einmalig Geld vom gesperrten Konto zu übertragen, so haben wir es gemacht. Wenn ich das neue Konto nachher nicht mehr brauche, soll ich es einfach wieder zumachen. Man denke an eine deutsche Bank, die vor lauter Kontoführungsgebühren nie auf die Idee käme, mal so eben übergangswiese neue Konten aufzumachen. Summa summarum habe ich mich zwar von meinem eigenen Geld ausgeschlossen, jetzt aber dafür zwei Karten = 2 Konten. Das ist noch viel besser als vorher, denn jetzt hat jeder von uns eine Karte. Und nächste Woche bekomme ich sogar noch eine Goldkarte mit allen möglichen Diskountvorteilen, ich darf damit z.B. als erster ins Flugzeug einsteigen (ob das die Fluggesellschaft auch weiss?). Nichts ist unmöglich. Diesmal habe ich es verbockt, und gelöst haben es die netten Mädels von der Bank, wunderbar! Ein Hoch auf China.

Die Karte kann ich eine Woche später abholen, oder besser könnte, denn dafür brauche ich nur meinen Pass. Und der ist bei der Ausländerbehörde, um unser Visum zu verlängern. Ich bin nämlich 2x in Deutschland, dazwischen 7 Tage in China, und für das Visum werden exakt 7 passfreie Tage benötigt. Diesen 7-Tage-Zeitraum haben wir als die einzige Chance zwischen Myanmar, Chinese New Year, den Deutschland- und weiteren Flügen rausgearbeitet, um das Visum zu verlängern. Denn dazu brauche ich immer einen Zeitraum ohne Pass. Und wenn die Bank nicht wäre, wäre alles gut. Vielleicht klappt‘s noch am Freitag Nachmittag zwischen Pass zurück und Abflug, sonst steht die Familie ohne Cash im Land.

25.02.2014 – neuer Meilenstein 2016

Sonntag, 02.03.2014

Kurzes Hin- und Her, jetzt ist es raus: unsere ältere Tochter wird hier das Abitur machen, oder auch: wir haben verlängert bis 2016. Das gibt uns die Chance, hier noch ein bisschen weiter zu arbeiten und auf die Schule zu gehen, die Sprache noch besser zu lernen, vielleicht sogar zu schreiben, und noch ein paar Reisen in Asien zu unternehmen. Und ich schiebe das Rückkehrproblem nochmal 2 Jahre raus, denn es ist heute schon klar, dass das keine einfache Nummer wird. Also für alle, die bisher gezögert haben, es gibt noch 2 ½ Jahre die Chance, uns zu besuchen und ein paar der Stories aus diesem Blog live zu erleben. Frei nach Douglas Adams: damit ist dies ein Blog, der dem Titel ‚3 Jahre Shanghai‘ eine ganz neue Bedeutung verleiht.

Es ging erstaunlich reibungsfrei, nur unser Haus war wieder Anlass zu Diskussionen. Der sogenannte Agent gehört inzwischen zu den Personen, die ich als erstes auf den Mond schiessen würde. Wir hatten nicht die geringste Lust umzuziehen, unser Haus gefällt uns, liegt gut, gehört einem vernünftigen Vermieter und ist für Shanghai-Verhältnisse ein finanzieller Glücksgriff. Also wollte ich den Vertrag jetzt verlängern, und nicht im Sommer, wenn wieder alle anderen suchend vor der Tür stehen und sich mit ihren Firmenbudgets gegenseitig überbieten. Info vom Agent war wie immer: jetzt nicht, neuer Preis viel höher, später, und, und , und. Es half nur, sie aktiv aus dem Prozess zu entfernen, und schwupps, war der Vertrag nach 1 Woche zum alten Preis unterschrieben, Dank an unseren Einkäufer. Vielleicht fehlt jetzt jemandem eine Provision, aber damit kann ich leben.

Falls sich jetzt einer wundert, bei den ganzen Stories, wie kann man da nur länger bleiben wollen? Ganz einfach, gefühlt sind wir mit China noch nicht fertig. Ich vermute mal, wenn wir wieder gehen, kommen wir vermutlich nicht nochmal hierher, also wollen wir noch einiges in China sehen und erleben. Jetzt hoffen wir, dass uns nicht in einem Jahr die Decke auf den Kopf fällt.

Mich haben ein paar gefragt, ob ich aus dem Blog nicht ein Buch machen möchte. Nun, ich möchte nicht, ich bin ja schon froh, wenn ich hin und wieder zum Schreiben komme, die letzte Pause von 2 Monaten zeigt das, aber der Gedanke ist nicht neu. Wer Lust hat, es gibt ein paar solcher Bücher von Expats aus unserem Umfeld geschrieben. Ich muss nur anmerken, die Geschichten sind die gleichen: entweder ‚Manche mögen-Reis‘ von Susanne Vehlow, bis vor kurzem hier an der deutschen Schule, oder die Bücher von Jan Aschen, sein letztes Buch über das Fliegen spricht mir aus der Seele: the plane has not arrived yet! Ich mache nicht gerne Werbung, aber wenn ich schon zu faul bin, selber zu schreiben… Ich werde auf jeden Fall erstmal hier weiterschreiben, vielleicht halte ich 4 ½ Jahre durch, und vielleicht die Leser auch.

16.02.2014 – Eisfestival in Harbin

Sonntag, 02.03.2014

Eins der ‚must see‘ in China. Im Januar und Februar werden in Harbin eine Ice- und eine Snowworld aufgebaut, die es zu besichtigen gilt. Harbin liegt weit im Nordosten, nah an Russland und Nordkorea, Temperaturen bis zu -30°C sind dort normal. Wer Interesse hat, hier könnt Ihr nachschauen: http://www.icefestivalharbin.com/harbin-attractions.html. Ausgerüstet mit 3 Lagen Unterhosen, Skihosen und dicken Schuhen waren wir knapp 2 Tage dort unterwegs. Über ‚Connections‘ hatten wir einen Fahrer und eine 14-jährige (!) Führerin. Es war imponierend, wie selbstbewusst eine 14-jährige 2 Laowei-Familien im Griff hat. Sie hat uns super rumgeführt, was bei dem Altersunterschied eine beeindruckende Leistung war.

Angefangen hat es mit Eisschwimmen, Zuschauen natürlich, der Schwimmclub Harbin besitzt ein rechteckiges Loch im Eis des Flusses und geht dort Baden, logischerweise gegen Eintritt. Blauer Himmel und Sonnenschein bei eisigem Wind, je nach Windschutz war es fürchterlich kalt oder ganz OK. Das gleiche im Snowpark. Offensichtlich gab es schon ein paar warme Tage, die Figuren sahen schon ein wenig angetaut aus, dennoch sind Anzahl und Grösse beeindruckend. Meinen iPhone Handschuh habe ich fleissig eingesetzt, es hat nur jedesmal zum Absterben der Finger geführt. Kalt ist kalt. Fotos sind es am Schluss gar nicht so viele, denn Fotografieren geht nur, wenn man den Akku der Knipse permanent in der Hosentasche transportiert und nur zum Knipsen einsetzt, und das wird schnell lästig.

Die Iceworld ist ein Riesengelände mit unzähligen Gebäuden aus grossen Eiswürfeln, in die Leuchtröhren eingebaut sind. Ähnlich wie auf der Expo gibt es Themengebäude, Tore und Brücken, bis zu 30 m hoch, die von innen in allen Farben leuchten. Coole Sache.

Cool auch unser Abendessen. Am ersten Abend wollten wir noch ein Begrüssungsbier im Hotel trinken. Worauf einer der Angestellten losgezogen ist und mit einer Plastiktüte voll Bierbüchsen zurückgekommen ist. Alles ist möglich, keine Ahnung woher er das hatte, war aber egal, Tankstellen verkaufen hier auf jeden Fall kein Bier. Sogar Chipstüten waren dabei, leider ungeniessbare Sorten. Prost auf Harbin! Am zweiten Abend hätten wir im Iglu Hotpot essen können, mit Eisbar. Wäre toll gewesen, aber nach dem Tag draussen war keiner mehr mental bereit, bei 5°C Abend zu Essen. Lieber ein langweiliges, aber geheiztes Restaurant, und kein Hotpot in der Skihose.

Harbin hat sogar eine bekannte Fussgängerzone. Die Nähe zu Russland ist gut erkennbar, Strassenschilder in russischer Schrift, typisch russische Architektur und Geschäfte mit russischen Waren. Es gibt Milkaschokolade mit russischer Aufschrift! Vor rund 50 Jahren gab es wohl einen regen Grenzverkehr, viele Russen sind nach China umgesiedelt. Heute ist das alles vorbei, jetzt lebt hier die übernächste Generation der damaligen Grenzgänger.

Für den Sonntag gibt es Gaudi am Fluss: Eissegeln, Skidoo fahren, oder mit Reifen auf der Eisbahn vom Ufer auf den Fluss rutschen: das haben wir uns eine halbe Stunde gegönnt, sogar mit Lift!

09.02.2014 – Zurück aus Thailand

Sonntag, 02.03.2014

Eine Woche am Strand, es gibt Schlimmeres. Wir waren in Krabi, das ist der Ort, für den alle Besucher eines Tatoo-Studios einen Gutschein bekommen, den Eindruck hatte ich zumindest. Ausser Strand, Tauchen und Biertrinken bei Sonnenuntergang kann man da nicht viel machen, für eine Woche ist das ganz OK. Die Hotels stehen am Strand in einer Bucht, die nur mit dem Boot zu erreichen ist. Vor 15 Jahren war das sicher paradiesisch, jetzt ist es einfach nur ein Riesenrummel, zumindest tagsüber. Der gesamte Verkehr wird mit den typischen Langbooten abgewickelt, zum Einsatz kommen diesmal nicht alte chinesische Diesel sondern turboaufgeladene PKW Dieselmotoren, auch ohne Schalldämpfer. Erst abends wird es ruhiger. Laufen ging leider nicht, ausser 200 m Strand gab es keine Strecke, und dafür rentiert es sich nicht mal, einen Schuh anzuziehen. Ausser ein paar Posern war auch keiner unterwegs.

Tauchen waren wir, jedoch ist das Wasser nicht wirklich tief und aufgrund der Gezeiten recht trüb, wenigstens sind wir in Übung geblieben.

Für einmal war es OK, nochmal würde ich aber nicht hinfahren. Auf dem Heimflug habe ich mir in Bangkok am Flughafen noch eine Lebensmittelvergiftung eingefangen, der Rückflug war ätzend, Details spare ich besser.

30.01.2014 – Xin Nian Kuai Le – Gong Xi Fa Cai

Sonntag, 02.03.2014

Silvester, und was wünscht man sich: Reich werden, was sonst – gong xi fa cai!

Wir sind zum Raclette Essen eingeladen. Klingt profan, ist hier aber in einer Kategorie mit Kaviar und Jakobsmuscheln. Denn Käse ist bekanntlich grauenhaft teuer. Der wurde übrigens gerade vom Frankfurter Flughafen eingeführt, und hat erfreulicherweise den Hund überwunden.

Den ganzen Tag knallt es, je grösser die Böllerabschussstation, desto lauter desto besser. Der Renner ist die ‚Waschmaschine‘, so genannt wegen der Grösse. Sie schiesst unzählige Raketen unheimlich hoch mit einem unheimlichen Krach, so muss es sein. Vor Mitternacht ist esallersings schon vorbei, man geht hier früh ins Bett, auch an ‚Silvester‘. Dafür geht es am nächsten Morgen um 6 weiter, was so gar nicht zu unserem Rhythmus passt.

31.01.2014 – Pferd

Sonntag, 02.03.2014

Wir haben das Jahr des Pferds, seit heute. Damit bin ich cha bu duo 2 Jahre hier, im 3. Chinesischen Jahr: Drache, Schlange und jetzt Pferd. Zeit, mal ein bisschen Bilanz zu ziehen.

Ich habe erfolgreich einen chinesischen Führerschein bestanden und fahre bis jetzt fast unfallfrei. Ein wenig komme ich in dieser Megacity schon ohne GPS klar, zumindest die Mainstream Ziele auf den grossen Strassen finde ich. Mein Moped habe ich auch, sogar in der gewünschten Farbe, es fährt nur nicht. Wir wohnen in einem netten Haus, mit Pullover ist es auch im Winter gemütlich, und an 2 Tagen im Jahr können wir auf der Terasse grillen ohne zu frieren, zu schwitzen oder von Mücken aufgefressen zu werden. 2 ½ Jahre Chinesischunterricht haben mit rudimentäre Sprachkenntnisse vermittelt, einfache Sätze kann ich sagen, verstehen manchmal, antworten dauert meist zu lange. Lesen und Schreiben geht gar nicht, gelernter Analphabet. Wir halten es inzwischen für ganz normal, mit Stäbchen zu essen, Messer und Gabel beherrschen wir aber noch. Unser dritter Fahrer fährt uns schon eine ganze Weile, unsere Ayi ist immer noch die erste. Mein Fitnesszustand ist so schlapp wie noch nie, zum Laufen ist es entweder zu nass, zu heiss oder die Luft zu schlecht. Wir haben den AQI > 600 erlebt, bei dem man nicht weiter als 30 m schauen kann. Temperaturen koennen 42°C erreichen, Schnee ist möglich, Regen kann das Ausmass eines Wasserfalls annehmen, die Luftfeuchtigkeit erreicht den Sättigungsgrad. Unserem Ziel, China zu sehen, sind wir näher gekommen, einiges auf unserer Liste haben wir bereits ‚erledigt‘, leider gilt auch hier: oft ist es zu kalt, zu heiss oder zu voll zum Reisen. In Asien waren wir schon ganz gut unterwegs, haben viel gesehen, unter anderem ist ein Tauchschein dabei rausgesprungen.

Jetzt sind wir mal gespannt, ob es nochmal 2 Jahre werden oder nicht. Im Moment stehen die Chancen ganz gut, alle wollen da bleiben, in etwa 3 Wochen sollten wir es wissen.

27.01.2014 – warme Finger

Sonntag, 02.03.2014

Nach dem Frühlingsfest wollen wir nach Harbin zum Eisfestival bei vorhergesagten -25°C. Also leihen wir uns von Kollegen die Klamotten zusammen (Christian: Handschuhe habe ich schon, Skihose vielleicht auch). Es werden die grössten Schauergeschichten erzählt, Fotos von völlig vermummten Personen gezeigt, offensichtlich wird es beim Rumstehen und Fotografieren recht frisch. Wenn man überhaupt Fotografieren kann, denn Li-Ionen-Akkus mögen solche Temperaturen gar nicht. Da ich damals alle warmen Sachen zu Hause eingelagert habe, hilft also nur Leihen oder Kaufen, sprich Pilgerfahrt zu Decathlon. Meine Lieblingsausstattung, frisch erworben, ist der Kunstfaser-Unterhandschuh mit dem iPhone-tauglichen Zeigefinger, genial, den musste ich unbedingt haben – in gelb!

23.01.2014 – Silvester, Ende der Schlange

Sonntag, 02.03.2014

Noch nicht ganz, aber fast. Jetzt kommt so ein Weihnachtsgefühl auf! Die Strassen werden täglich leerer, es gibt Feiern, wie im Dezember zu Hause, allerdings mit abnehmender Tendenz: die Antikorruptionsinitiative wird konsequent durchgesetzt. Staatsbetriebe verzichten auf Feiern und Geschenke, keiner möchte Gefahr laufen, unangenehm aufzufallen. Während die erste Meinung nach der Wahl eher skeptisch war, Ankündigungen gab es in den letzten Jahren wohl viele, macht sich jetzt Respekt breit. Das Vorgehen ist konsequent, es mussten schon einige dran glauben. Unsere Annual Party hat allerdings stattgefunden: in einer Sporthalle mit rund 1.000 Leuten, natürlich ungeheizt, immerhin haben alle gefroren, nicht nur die Langnasen. Die Abteilungsfeier ist auch vorbei, ebenfalls in einem ungeheizten Restaurant, die Feier mit meinem Team habe ich in den geheizten Paulaner gelegt: Schweinshaxe und Bratwurst.

Unsere Mitarbeiter verschwinden peu à peu einer nach dem anderen nach Hause zur Familie, die grosse Völkerwanderung hat begonnen. Den Zeitpunkt der Abreise nach Hause entscheidet man übrigens nicht selbst, man fährt an dem Tag, für den man ein Zugticket ergattern konnte. Die Baustellen kommen zur Ruhe, es ist ja die einzige Woche im Jahr, in der die Arbeiter heimfahren können. Das Timing ist dieses Jahr besonders blöd: die 7 freien Tage beginnen am 31.01., das ist der Neujahrstag. Der 30., der wichtigste Tag mit dem ‚Silvesterabend‘, ist also noch ein Arbeitstag. Das ist so, als wäre der Heilig Abend ein Arbeitstag, dafür gab es keine guten Kritiken. Bis Donnerstag ist dann frei, Freitag und Samstag wird wieder reingearbeitet, wie auch der Sonntag davor. Die Schule hat typisch Deutsch die ganze Woche Ferien, obwohl 7 Tage frei sind, muss ich 2 meiner kostbaren Urlaubstage einsetzen, um mit der Familie wegzufahren, schöner Mist.

Wie jedes Jahr fahren wir in den neuralgischen Wochen raus aus China, wir wollen nach Thailand zum Tauchen, und ein paar Tage nach Bangkok. Volltreffer, wir wären nämlich genau zum Wahltag dort. Das lassen wir lieber bleiben. Jetzt bleibt nur noch das Umbuchen, dazu brauchen wir das Internet, das es gerade wieder nicht gibt. Die neuesten Nachrichten aus dem Ausland über China haben zu einer weitreichenden Sperre geführt, nicht mal die SZ ist erreichbar, Mails nur sehr langsam. Da hilft wieder nur Geduld, und das Ganze sportlich nehmen.

25.01.2014 – von 600 auf 60

Sonntag, 02.03.2014

Und wieder zurück! Wer sich erinnert, Anfang Dezember war die Luft in Shanghai so schlecht wie noch nie: AQI über 600 (und mein Moped war nicht Schuld dran). Der Effekt war ähnlich wie Althaus und der Skihelm. Die Expats haben die Läden der Luftreinigerhändler gestürmt. Jeder ist nun Experte, kennt alle Modelle und kann das Thema AQI im Schlaf aufsagen. Viele haben die Dinger inzwischen zu Hause stehen, wir noch nicht, da wir ja immer noch nicht wissen, ob wir im Sommer die Zelte abbrechen. Manche Firmen stellen die Dinger sogar in den Büros auf.

Allerdings ist irgendwas passiert: Shanghai entwickelt sich zum Luftkurort. Wir haben erwartet, dass im Januar und Februar mit der Heizperiode alles noch schlimmer wird, der Mensch extrapoliert ja gerne linear, aber im Gegenteil: Selbst letzten Sommer habe ich keine Werte unter 50 gesehen, aktuell haben wir unter 40! Viele kleinere Stahlwerke und Kraftwerke wurden wohl geschlossen, die Ämter haben die Vorgabe, die Luftqualität zu verbessern. Wer nun glaubt, Vorgaben sind geduldig, wird eines besseren belehrt. Es stimmt zwar meistens, aber eben nicht immer. An die Erfüllung der Vorgaben wird die Karriere der Beamten geknüpft: wer bis 40 nicht auf der richtigen Laufbahn ist, schafft es nicht mehr. Wer es nicht schafft, wird früh in Rente geschickt, das kann schon mit 50 sein. Klingt zwar nicht schlecht, nur sind die Renten nicht wirklich hoch. Damit werden ein vernünftiges Leben und, noch wichtiger, die Ausbildung des Kindes schwierig. Über solche Hebel geht es ganz schnell, aus Ruhrgebiet 1905 wird Bad Shanghai! Faszinierend, wie schnell hier manches geht. Allerdings nehmen die Schwankungen zu: Am Samstag waren es in der Früh 30, und nachmittags 300, mir ist ein Rätsel, wie es so schnell gehen kann. Sicher nicht durch natürliche Einflüsse, wenn auch die Windrichtung eine Rolle spielt. Interessant ist, dass sich inzwischen sich die USA, Korea und Japan beschweren, weil die schlechte Luft bei ihnen ankommt.

18.01.2014 – 坏了huai le

Sonntag, 02.03.2014

Oder auch: kaputt, und zwar der linke Zylinder, und der rechte, und irgendein Lager. Lang hat es gedauert, unzählige WeChat Nachrichten sind durch das 3G Netz geflossen, jetzt will der freundliche Chang Händler meines Vertrauens den Motor auf eigene Kosten aufmachen, und reparieren - sagt er. Seinen Laden gibt es nicht mehr, Teile hat er auch keine mehr, von Werkstatt ganz zu schweigen. Ein Blogleser hat mich gefragt, ob das nicht langsam nervt: Tut es, und zwar gewaltig, ungefähr so wie der Strassenverkehr und der chinesische Umgang mit Regeln, aber was soll’s. Wenn man es nicht mehr sportlich nehmen kann, sollte man heimgehen. Wieder kam der Bruder zum Abholen vorbei, der mit den besseren Zündkerzen und der Freundin, die nicht bremsen kann. Man kann ihn auch den gelben Engel von Qingpu nennen, auch wenn er nicht Hubschrauber fliegt und keine Ranglisten erstellt. Angesprungen ist das Ding überraschend astrein, man glaubt es kaum, allerdings waren nach 30 s unser und die Häuser der Nachbarn vollständig in blauen Nebel gehüllt. Auch in China ist das ein Indiz, dass die Kolbenringe ausserhalb der Toleranz sind. Worauf der Bruder die fachmännische Diagnose gestellt hat: 坏了! Wäre ich Nachbar, ich hätte mich geärgert, wäre ich deutscher Nachbar, hätte ich den Katastrophenschutz und das THW geholt, zusammen mit der Polizei. Mir war das eher peinlich, schliesslich beschwert sich jeder Expat über die Luftqualität. Mir ist das erspart geblieben, in China ist man da toleranter, aber ich war froh, als er vom Hof war. Eigentlich hätte ich das Ding hinbringen sollen, aber so habe ich das Risiko umgangen, auf den 2 km liegen zu bleiben. Jetzt bin ich mal gespannt: ich wollte mir den offenen Motor ansehen, aber er reagiert auf meine Nachrichten nicht mehr. Immer cool bleiben. Wir haben erst mal Platz in der Garage, alles andere kommt nach dem Spring Festival.