Berichte von 07/2014

20.07.2014 – unser Haus ist sicher

Sonntag, 20.07.2014

Denn ich bin nicht mehr reingekommen. Auf deutsch, ich habe mich ausgeschlossen. Da der Bub ja da ganz alleine ist, habe ich die Eingangstür für die Nacht von innen verriegelt, wir haben da so einen schönen, massiven Holzriegel, Modell Ritterburg. Und in der Früh zu Bäcker wie immer ganz lässig durch die Garage raus, das Rolltor fährt automatisch von selber zu. Beim Heimkommen war mir nach einer Sekunde klar, warum ich trotz Schlüssel die Tür nicht aufbekomme. Und dann habe ich alles probiert, ich war sogar auf dem Dach, keine Chance. Mein Tennislehrer hat mir geholfen, den Schlüsseldienst anzurufen. Der kam tatsächlich nach 10 Minuten mit seinem Elektroroller und hatte sogar einen Werkzeugkoffer dabei. Als erstes hat er eine Diskussion begonnen, dass er letztes Jahr schon mal hier war, und meine Frau ihn immer noch nicht bezahlt hätte. Bei sowas frage ich mich immer, was will er mir damit sagen? Irgendwann hat er die Nummer dann aufgegeben und sich an die Arbeit gemacht.

Wir haben uns für die zweite Garagentür entschieden. Nur hat er sie nicht aufbekommen, das Schloss war zu alt und verrottet. Also kurzerhand mit der Zange rausgerissen und ein neues eingebaut. So geht eine Tür in 30 s auf. Dafür wollte er 350 RMB, mein Tennislehrer hat ihn auf 300 runtergehandelt. Das ist zwar immer noch Ausländerpreis, aber nicht mehr ganz so hoch. Und für Sonntag Früh OK. Zur Strafe durfte ich dann bei 35°C in der Sonne üben, auch so kann man seinen Sonntag einläuten.

30.06.2014 – Internet

Sonntag, 20.07.2014

Seit Anfang Juni ist das Internet nicht nur langsam, viele Seiten gehen nicht mehr, Google ist blockiert. Wir dachten, OK, für Anfang des Monats ist es verständlich, wer sich fragt warum, einfach mal googeln (aber nicht in China ,-)), geht wieder vorbei. Tut es aber nicht. Google ist wohl in Ungnade gefallen, es geht gar nicht mehr. OK, es gibt andere Suchmaschinen, aber die sind einfach schlecht. Man könnte fast meinen, es ist eine Werbekampagne für Google, damit man mal merkt, wo der Vorteil ist. Noch schlimmer: Google Maps geht auch nicht mehr. Die TomTom Karten auf dem iPhone sind einfach nur Schrott, jetzt wird das Navigieren in der City zum Glücksspiel. Es ist einfach nur nervend. Selbst mit dem gebauten Tunnel geht es oft gar nicht. Im Compound haben sie uns Glasfaser angekündigt. Genau, angekündigt, der Status ist stabil seit März. Die Oriental Cable Company wird hier Kabel verlegen, klingt nach Märchen aus 1000 und 1 Nacht. Wer nicht permanent mit 8 kB/s und gesperrten Seiten gelebt hat, kann sich das genausowenig vorstellen wie fliegen in China, oder Autofahren, oder Handwerker, oder… So toll es ist, manche Dinge stellen mich auf eine Geduldsprobe, vor allem, wenn sie lange andauern und es nicht wirklich einen Umweg gibt.

19.07.2014 – der Aufholblog

Sonntag, 20.07.2014

Wahrscheinlich habt Ihr es schon gemerkt: ich bin hinten dran, mit dem Blogschreiben meine ich! Wer es noch nicht gemerkt hat, der liest wohl nicht regelmässig. Deshalb habe ich mich für den Aufholblog entschieden. Vielleicht lasse ich jetzt ein paar nette Stories aus, aber immer mit 2 Monaten Verzug zu schreiben, ist auch öde. Wie auch immer, in den letzten Wochen hat es nicht funktioniert, mich hinzusetzen und zu schreiben. Also jetzt alles, was mir so einfällt, auf einmal, und dann geht es in Echtzeit weiter, ist zumindest das Ziel.

Am ersten Wochenende habe ich mit viel Erfolg den Rosthaufen wieder in ein Moped verwandelt. Es gibt tatsächlich Lackpflegemittel mit Wet Look. Also habe ich jetzt eine Chang mit Lackschäden und Wet Look, sieht schick aus.

Mittendrin war Shanghai im Ausnahmezustand: Chinas Staatspräsident war da. Die Unternehmen in der Stadt durften zumachen, da in der Innenstadt mehrere Strassen gesperrt und in der Metro die Leute nur noch auf Sitzplätzen fahren durften, gut bewacht von der örtlichen Polizei.

China druckt fleissig Geld. Es passiert immer öfter, dass man Scheine mit aufeinanderfolgenden Nummern bekommt. Aus Deutschland kenne ich das nur vom Bankraub. Hier gibt es es das bei allen Scheinen, meistens bei den 100 RMB Scheinen aus dem Geldautomat. Es ist ja schon komisch genug, dass das Land mit, flapsig gesagt, 10 Mark Scheinen funktioniert. Ich weiss, es sind zu Zeit 11 Euro Scheine, dennoch: da man in China der Bank nicht so richtig traut und lieber bar zahlt, wie zahlt man einen Range Rover mit 11 Euro Scheinen. Chinesen sind irre schnell im Geld zählen, kein Wunder, mein Moped habe ich mit 1 cm dieser Scheine bezahlt.

Die Currywurstsaison hat wieder angefangen. In Taicang, ein Dorf weiter von Jiading, wo unser Werk ist, baut jeden Freitag ein von einem deutschen Ex-VW Mitarbeiter gegründeter Laden seinen Holzkohlengrill auf und ist so ein magnetischer Anziehungspunkt für alle Kantinenflüchtlinge. Dimos ist in ganz Shanghai bekannt, dort treffen sich die Mitarbeiter von VW und besonders Schäffler, lustig zwischen lauter Oberfranken in China eine Currywurst zu essen: Man bestellt Currywurst mit Pommes Frittes, er schreibt’s auf chinesisch auf, und 5 min später bekommt man das Ding frisch vom Grill. Etwas gewöhnungsbedürftig ist es, bei 38°C so ein Ding zu essen, aber mit ein bisschen gutem Willen geht's.

Leider habe ich mir einen Zahn mit einer Schweinebratenkruste (ja, sowas gibt es hier) zerbissen. Ich war bei einer der deutschen Fachkräfte, eine Zahnärztin. Sie hat mir gleich Mut gemacht: das machen wir jetzt provisorisch, und zu Hause können Sie das dann richtig machen lassen. Na super, ich fahr‘ jeden Abend nach Hause, aber nicht nach Deutschland. Zum Trost: Kronen kommen hier aus den USA. Also bekomme ich in Kürze in China von einer deutschen Zahnärztin eine amerikanische Krone eingesetzt. Immer positiv denken!

EndeJuni hat mich die Familie nach Deutschland verlassen. Warum auch nicht, hier ist es eh nur heiss und schwül, was soll man dann hier? Dieses Jahr ist das Timing anders, es ist kaum noch einer der Väter da, die coole ‚wir grillen‘ Zeit fällt aus. Schade. Und: Jetzt haben sie mich mit dem Hasen allein gelassen! Ich versuche ja, eine innige Beziehung aufzubauen, nur der Hase sieht das anders. Wenn ich ihn aus dem Käfig lasse, hinterlässt er im Haus seine Spuren, im Käfig dreht er durch und will raus. Wir haben ihm draussen ein 2,5x2,5 m² Gehege gebaut, da flakt er sich in die Ecke und pennt. Und wenn ich ihn streicheln will, beisst er. Immerhin hat er in unseren streunenden Katzen ein paar Freunde gefunden, die ihn regelmässig besuchen. Als erstes hat er Lili gebissen, unsere Ayi. Sie hat den Job, sich um das Tier zu kümmern, wenn ich nicht da bin. Es gibt hier Hunde Ayis, warum nicht auch eine Hasen Ayi? Lili ist dann gleich ins Krankenhaus gefahren, wegen Angst vor Tollwut, und meine Assistentin hat mich dezent drauf hingewiesen, dass jemand die Krankenhausrechnung übernehmen sollte. Erst habe ich an den Hasen gedacht, dann habe ich es doch selber gezahlt: 75 Kwai, immerhin. Ein wenig enttäuscht war ich schon, ich dachte, so eine Ayi ist mit Tieren handfester.

Dieses Jahr ist das Wetter anders, wohl so, wie es sich gehört. Juni ist méi yǔ , die Regenzeit (yǔ für Regen ist ein schönes Zeichen, oder?), in der es ganztägig grau ist, nieselt, man nicht weiter als 300 m sieht und die Luft kauen kann. Letztes Jahr hat mir mein Kollege davon erzählt, und ich habe es nicht geglaubt, weil: es hat nicht stattgefunden. Hätte ich wohl besser, dieses Jahr hält sich das seit Mitte Juni, deutscher November bei 25°C. Wenn das rum ist, wird alles besser, dann ist das Wetter klar definiert: 35-40°C und schwül.

Kurzzeitig ging ein Raunen durch die Expatgemeinde: Google ist wieder erreichbar. 2 Tage hat es funktioniert, dann war der Spass wieder vorbei. Mann!

Dann war ich in den USA, ich hätte die Krone vielleicht gleich selber mitnehmen können. 12 Stunden Zeitverschiebung machen nicht wirklich Spass, und gerade, wenn der Körper so halbwegs wieder mitspielt, geht es wieder zurück. Die Einreise war ein Kinderspiel. Mit mir waren 80% Chinesen im Flugzeug, die sich alle bei US citizens angestellt haben, wir waren nur zu fünft beim ESTA Verfahren, in 10 Minuten war ich durch, das ist Rekord. Beim letzten Mal dauerte der Spass eineinhalb Stunden. Das erste, was mir aufgefallen ist, so frisch aus Shanghai: dieMenschen sind doppelt so gross, doppelt so breit und doppelt so, na ja, dick. Ist jetzt keine besonders neue Erkenntnis, zeigt aber die menschliche Wahrnehmung. Ausserdem gibt es dort viele Chinesen, und das 20-jährige chinesische Girl mit Cayenne im Schritttempo auf der Interstate habe ich auch getroffen, ist wohl ein Exportartikel. Auch sonst könnte ich über die USA ähnliche Stories schreiben wie über China. Beispiel: Auf der Bank haben sie mir eine Wasserflasche angeboten: völlig tiefgekühlt. Sie haben sich dafür entschuldigt, am Abend war sie immer noch zur Hälfte gefroren. Und ich habe etwas gelernt: wir waren bei so etwas wie einem Strassenfestl auf dem Land, mit vielen Rednecks (kannte ich schon) und White Trash (kannte ich noch nicht, darf man das schreiben?). Hin war mein Flug gecancelt, zurück dachte ich, ich bekomme was besonderes: In der 747 oben. War auch besonders: chinesische Familie mit kreischendem, verzogenen 5-jährigen, der von den 14 h leider nur die letzten beiden verschlafen hat. Selbst die Stewardessen haben ihn nicht ruhig bekommen. Ätz!

Der Vorteil: ich konnte mir das Endspiel der WM am Nachmittag ansehen. Shanghai war eher ungünstig, die Spiele haben um Mitternacht (OK), 3 Uhr (untauglich), 4 Uhr (wenn Deutschland spielt) und 6 Uhr (OK) begonnen. Meine Kollegen waren übigens der Meinung, dass die Ergebnisse sowieso vorher ausgemacht sind, deshalb haben sie bei D – USA auf unentschieden gesetzt. Besonders beliebt war Wetten auf Ergebnisse, wenn man mit irgendwas Geld machen kann, auf geht’s. Ein Kollege hat angeblich bei 10.000 RMB Einsatz 150.000 RMB gewonnen, mit dem Endspiel. Ob’s stimmt? Die Chinesen selbst spielen nicht so besonders Fussball, sie sagen von sich selbst, kutlurell sind sie nicht gut in Mannschaftssportarten. Wichtig sind nur Medaillen bei Olympia, als Mannschaft Erfolg zu haben, ist zu aufwendig. Ein chinesischer Witz ist übrigens: Nach dem Spiel BR – D sagen sie, da hätte die chinesische Mannschaft auch gewonnen!

Zurück war ich erst beim Grillen in einer chinesischen Siedlung, mit dem Sohn eines Kollegen meines früheren Arbeitgebers, lustig, wie man immer dieselben 200 Leute trifft. Es sind diese 3-stöckigen Wohnblöcke, in denen auf jedem Stockwerk eine chinesische Familie wohnt, mit Bad und Toilette unten auf dem Hof für alle. Eines der Häuser war als eins für Westler umgebaut, wirklich schick. Es ist nahe am schwäbischen Reihenhaus, etwa 4 m breit mit versetzten Stockwerken und Dachterrasse. Als einziger Laowai ist das erstmal etwas gewöhnungsbedürftig, aber keine schlechte Alternative zu unserem Deutschenghetto an der deutschen Schule. Und dann auf einem Skyscaper Walk mit einer deutschen Architektin, von wegen Ghetto! Gelernt habe ich ein bisschen was über die Bauten in Shanghai, so sind die Steinhäuser am Bund keine Steinhäuser, sondern Stahlkonstruktionen mit Stein verkleidet. Warum? Da das alles Lehm bis in unendliche Tiefen ist, wären die Gebäude sonst zu schwer. Ins Walldorf Astoria muss man deswegen erstmal 4 Stufen runtersteigen, bis man in die Lobby kommt, es ist nämlich abgesunken. Und jetzt weiss ich: auch ich kann im Stehen schlafen. Gegen 9 Uhr abends habe ich mindestens 15 Minuten nicht mitbekommen, Nightwalk (!), ich bin einfach eingeschlafen, blöde Zeitumstellung. Dafür am Sonntag um 4 wieder aufgewacht.

So, damit ist der Aufholblock beendet.

12.06.2014 - der Hase

Sonntag, 20.07.2014

Die letzten Wochen waren einerseits so wie immer. Ich war in Japan und Singapur. In Japan ist das Essen super, der Rest kompliziert, in Singapur kann das Essen super sein, muss aber nicht, dafür ist es extrem schwül. Es ist hochinteressant, dort Laufen zu gehen, ich muss ja die Luft ausnutzen, allerdings dauert es danach mindesten eine Stunde, bis die Schwitzerei aufhört. Drei Tage lang habe ich in dem Konferenzraum gefroren, mein Kollege war schlauer: Er hatte seinen Pulllover dabei. Draussen hat es 28°C, drinnen 18! Und jeder Singapuri bestätigt, es sei viel zu kalt. Aber keiner kennt den Temperaturregler. Es ist eine komische Insel, da sie auf der begrenzten Fläche in Kürze 6,5 Mio. Einwohner haben wollen. 1/3 des Wassers ist importiert, 1/3 kommt aus Entsalzungsanlagen und 1/3 ist wieder aufbereitetes Abwasser. Die grosse Insel davor ist die Müllhalde, man hat eine angeblich wasserdichte Badewanne der Grösse einer mittleren Insel betoniert, die soll bis 2050 reichen. Wir waren noch im Containerhafen, dem zweitgrössten nach Shanghai: Gefahrguttransporte durch die Stadt sind mit GPS ausgerüstet, sobald sie von der genehmigten Route abweichen, kann die Polizei remote den Motor abschalten, cool oder?

Besuch hatten wir auch, Freunde aus Deutschland waren eine Woche hier. Es ist supernett, mal wieder Freunde von zu Hause zu treffen, und unsere Zeitungs- und Schokoladenlager sind wieder etwas aufgefüllt. Ich kann jeden nur ermuntern, vorbeizukommen.

Nach Singapur bin ich jetzt wieder daheim, und ich muss feststellen, wie stark ein Chinaufenthalt Menschen verändern kann: Handyhasser werden zu Smartphonejunkies, Läufer zu Couchpotatoes, Kinder fahren mit dem Taxi in die Schule, und jetzt kommt das neueste: wir, die wir allen jahrzehntelang erklärt haben, warum ein Haustier zu uns so gar nicht passt, haben jetzt eins: einen Hasen! So einen weissen im Käfig. Erklären kann ich es nicht, es ist eine Mischung aus Gelegenheit (heimgehende Familie weiss nicht, wohin damit) und Leichtsinn. Ich bin gespannt. Wird vielleicht das nächste Dauerthema nach dem Moped

08.06.2014 – Biofarm

Sonntag, 20.07.2014

Wir sind auf einer Biofarm eingeladen, sie gehört der Frau eines Kollegen: www.biofarm.cn/en/index2.html. Das wollten wir uns unbedingt ansehen, wie macht man hier Bio? Ich weiss, 2 Wochen vor Verkauf wird nicht mehr gespritzt, aber das war wohl ernster gemeint, das wollt eich schon genauer wissen. Unsere deutschen Freunde wollten wir auch animieren, sie haben mehrheitlich abgelehnt, die Vorurteile waren stärker als das Interesse. Die Farm liegt kurz vor dem Flughafen. Ja, die Rohstoffe Erde, Wasser und Luft sind halt so wie sie sind. Aber sie geben sich Mühe, ohne Pestizide auszukommen, und sind immerhin Lieferant für die grossen Hotels in Shanghai. Schon nicht schlecht. Wir hatten einen netten, teils chinesischen Sonntag mit Führung und selber Rosmarin pflanzen. Ob man es glaubt oder nicht, unsere chinesischen Kollegen haben so etwas noch nie gemacht! Weder deren Kinder noch sie selber haben jemals irgendwas eingepflanzt. Vor lauter daheimsitzen und Pauken für die Prüfung bleibt keine Zeit für Sport oder sonstige Aktivitäten. Deshalb können chinesische Kinder auch nicht Schwimmen und Fahrradfahren, aber das führt jetzt zu weit. Es gab ein nettes Mittagessen, fast vegetarisch, das unvermeidliche Gesellschaftsspiel, an dem die Chefs sich blamieren müssen, no excuse, selber Tomaten pflücken, Einkaufen und wieder heim. Neben den ganzen Fake Markets und Stadtbesichtigungen war es mal eine nette, etwas exotische Abwechslung.

06.06.2014 – aber sicher!

Sonntag, 20.07.2014

Ich brauche nur noch eine neue Versicherung, ein ganz einfaches Thema, möchte man meinen. Der Mopedladen bietet das an, allerdings für 1.000 Kwai, da dachte ich mir, das kann ich auch anders. Also wieder die Assistentin bemüht, bei PingAn anzurufen, das ist ein grosser Versicherungskonzern. Meine Assistentin könnte inzwischen ein Reisebüro aufmachen, eine Bank betreiben, einen Ayi Service koordinieren und Versicherungsbroker werden, es ist ein bisschen peinlich, aber was soll der Analphabet sonst tun? Erste Antwort: meine bisherige Versicherung hat das Geschäft eingestellt. Die Alternative PingAn versichert in Shanghai keine ausländischen Mopeds (ich habe ein Hubei Kennzeichen), die nächste machts das, wenn ich mit dem Mopedhalter, den ich nicht kenne, und dem Moped in Hubei vorbeikomme, schlappe 600 km von hier (dann hätte ich die Einfahrtzeit auch überstanden. Mit meiner GS zu Hause habe ich das auch an einem Wochenende gemacht). Ausserdem kann man eine Versicherung nicht direkt abschliessen, das geht nur über einen Mittelsmann. Der Arme muss ja auch was verdienen. So einen habe ich dann gefunden, er würde das Ding sogar auf meinen Namen versichern, ganz exotisch! Aber er macht es nur, wenn ich zusätzlich zur vorgeschriebenen Haftpflicht eine Unfallversicherung abschliesse. Nicht, weil er so besorgt um mich ist, nein, weil die nochmal 500 Kwai kostet und sich sonst das Geschäft für ihn nicht lohnt. Also bin ich erneut reumütig zum Laden zurückgekehrt und habe mit die Versicherung dort besorgen lassen. Was nach einigen Wirrungen 2 Wochen später auch geklappt hat. Zwischendrin hatte ich mal ein paar fremde Mopedpapiere und mein Fahrer war 4x dort, aber danach war alles gut.

30.05.2014 – Es fährt!

Sonntag, 20.07.2014

Heute sollte es soweit sein: Reparatur abgeschlossen, das geschichtsträchtige Teil ist bereit zur Abholung. Sie hat jetzt einen neuen Zylinder, neue Kolben samt Ringen, neue KW, eine neue Nockenwelle und neue Ventile. Oder zumindest andere, auf jeden Fall stehen die Teile auf der Rechnung. Ich zahle und bekomme den gutgemeinten Ratschlag, den Motor auf den ersten 1.000 km vorsichtig einzufahren. So weit bin ich in den letzten 2 Jahren nicht gekommen. Sie hat es aus eigener Kraft bis nach Hause geschafft, der Motor läuft ziemlich gut, so rund wie noch nie, bilde ich mir zumindest ein. Sollte das jetzt der Anfang einer wunderbaren Mopedzeit sein? Am meisten begeistert war unser Fahrer, er ist sicherheitshalber hinter mir hergefahren, er findet das Ding toll.

Jetzt steht sie wieder in der Garage, sie fährt, das Aussehen allerdings zum Fürchten, Modell Rosthaufen. Und dann war da noch ein klitzekleines Thema: der TÜV gilt noch bis nächstes Jahr, aber die Versicherung läuft im Juni ab, ich brauche eine neue.

Wer Lust hat, mal den Mopedhändler meines jetzigen Vertrauens zu sehen, kann sich hier durchklicken: http://www.yiqimotor.com oder http://www.ural-china.com, gut ist auch http://www.chinasidecartours.com und http://www.bjkuazi.com, für alle, die des Chinesischen mächtig sind. Man sieht, der Laden hat sich von Chang weiterentwickelt zu CanAm und Harley, die Zahl der existierenden Chang geht zurück, das Geschäft ist vom Aussterben bedroht. Umso besser, dass ich mir noch einen dieser wertvollen Klassiker gesichert habe! Die noch angebotenen Ural gibt es heute noch neu, die Chang wird seit 1996 nicht mehr gebaut, warum nur? Als Randbemerkung: es macht wenig Spass, zu dem Mopedhändler zu gehen: immer, wenn ich da bin, fährt ein kleiner Chinese in Badelatschen mit einer nagelneuen GS vor, das ist psychische Folter.

17.05.2014 - Moped, zum wievielten Mal?

Sonntag, 20.07.2014

Wer sich erinnert, da war noch was: mein immerwährender Begleiter, zumindest mental. Auch wenn es einige schon nicht mehr sehen = lesen können: die Story geht weiter!

Nach wochenlangem Schweigen Habe ich wieder den grossen Hammer ausgepackt, klingt albern, ist aber so: Ankündigung, die Polizei einzuschalten, damit sie mein Moped sucht. So habe ich wenigstens ein paar hilflose SMS bekommen, jetzt Coffeshop, keine Mopeds mehr, macht der Bruder etc. Ich bin inzwischen schon mit wenig zufrieden und freue mich deshalb über jede Antwort. Ist clever gemacht, denn der Bruder kann nur chinesisch, d.h. den anzurufen ist nur eine theoretische Option. Also habe ich meinen Kollegen um Unterstützung gebeten, der sich netterweise mit grossem Einsatz um den Laowai kümmert. Ergebnis: die Lagerbuchse im oberen Pleuelauge ist defekt, und in ganz China ist das Ersatzteil nicht verfügbar! Ganz China? Oder gibt es nicht vielleicht einen kleinen Laden, der…!?. Gibt es, dort habe ich das Teil selber besorgt, ist nicht so schwer. Aber dann habe ich ingenieurmässig ein bisschen weiter gedacht und mir den Einbau vorgestellt: man macht das Pleuel warm und schiebt die Buchse rein. Und dann habe ich noch weiter gedacht, wie der chinesische Spezialist das wohl realisieren wird: Hammer mit gnadenloser Kaltverformung. Also lieber mal nachfragen: logisch, wird einfach reingeklopft, wo ist das Problem?

Das war's dann: ein Strategiewechsel ist dringend nötig, etzt wird das Trauerspiel beendet. Hinterher ist man ja immer schlauer, tatsächlich ist das schon lange überfällig. Neuer Ansatz: Ich bringe das Ding zu dem Laden, wo ich vorher aus Preisgründen nicht kaufen wollte. Hoffentlich erkennen die mich nicht wieder. Ob sie es haben oder nicht spielt keine Rolle, sie können mit mir Geld verdienen, also kein Problem. Chinesen sind unglaublich pragmatisch! Jetzt galt es, das Erscheinen des ‚Bruders‘ mit dem Abholservice des Mopedladens zu koordinieren. Mein Kollege hat das gedeichselt, das war der richtige Ansatz, denn ohne 20 Telefongespräche ging das Ganze nicht über die Bühne.

Erstmal ein konspiratives Treffen Samstag Abend um 6 vor der Garage vereinbart, zwecks Mopedüberführung in den gelobten Laden. Der Bruder kam pünktlich, hinten im 'Loch' stand eindeutig mein Moped, mit abmontiertem Zylinder, demontierten Kolben, und, oh nein, völlig verrostet. Die Wochen in dem feuchten Verschlag haben ihr stark zugesetzt, sie sieht grauenhaft aus. Erster Reflex: am besten gleich da lassen. Zu allem Überfluss ist wie auch immer der Lack an vielen Stellen beschädigt, Rostflecken auf weissem Grund. Obwohl ich es mir sparen kann, habe ich nach dem Woher gefragt: kann er sich leider auch nicht erklären, er weiss von nix. Grundsätzlich war er sichtlich erleichtert, endlich diese Ausländerpein loszuwerden, und hat deshalb sofort geschäftig das Ding aus der Ecke rausgezerrt. So hatte ich den Rosthaufen pünktlich auf der Straße stehen, der Bruder hat seinen Laden schnell wieder dichtgemacht, und weg war er.

Fehlt noch Teil 2: der gelbe Engel mit dem Laster. Jetzt folgen die genannten Telefongespräche in Shanghainese: ja, der Truck ist losgefahren, ist auf dem Weg, findet die Adresse nicht. Wo ist er? Alles klar, in 5 Minuten da; so zog sich das etwa eine Dreiviertelstunde hin. Schliesslich wollte ich ein wenig helfen und den Weg erklären: er müsste aussenrum, da Linksabbiegen verboten, und dann... Antwort: Linksabbiegen mit dem Moped kein Problem, gleich da! Moped?? Äh - Laster? 3 Minuten später fährt eine CJ750 mit 2 Typen drauf vor, der Abschleppdienst. Wie, fährt nicht mehr? Achso, mei wenti = kein Problem. Allen Ernstes: sie schleppen das Ding mit einem Seil ab. Wenn Jane, die Chefin, mir das gesagt hätte, ich hätte es ihr ausgeredet. Aber jetzt, wie sooft die Position ‚Abwarten und grünen Tee trinken‘ einnehmen, interessiert beobachten und bloss nicht dazwischenfunken. Und siehe da: Seil, fröhliches Winken, Abfahrt.

Ich bin mit Kollege und Auto ebenso zum Laden gefahren, dauert etwa 25 min, und siehe da: eine Viertelstunde nach uns waren die beiden da. Man muss nur an das Gute glauben (manchmal). Also haben wir uns sofort an die Direktannahme mit dem Meister gemacht. Auch wenn der Typ eher nach Hilfsarbeiter ausgesehen hat, er scheint die Mopeds gut zu kennen, und wusste wenigstens, wo hinfassen: Diagnose: nicht nur die Kolben sind hin, sondern auch das Pleuellager auf der Kurbelwelle. Das erklärt schlagartig die Aussitzhaltung des Bruders: er hat das ebenso erkannt und hatte keinen Bock, auch noch die Kurbelwelle auf Garantie zu tauschen; hätte ich auch selber draufkommen können: Anfänger! Leider ist die Chang gebaut wie eine Motorsäge: sie hat eine verpresste 7-teilige Kurbelwelle, man kann die Pleuel nicht tauschen. Wir machen die Liste auf: Einen Satz Kolben gibt es für 270 Kwai, die gesamte Welle kostet dann doch 880. Nutzt aber alles nix, entweder reparieren oder eben verkaufen/verschrotten. Also Auftrag erteilt, und heimgefahren.

01.05.2014 – 30 km Schotter

Sonntag, 06.07.2014

Heute geht es zurück nach Chengdu. In der Früh erstmal ein platter Reifen. Teng Wei und seine Freunde haben nicht einmal zugelassen, dass ich ihn selber wechsel. Danach sind wir zusammen ins Dorf gefahren, um ihn flicken zu lassen, ich wollte mir die Option eines Ersatzreifens erhalten. Letztes Mal war es Sonntage, diesmal der 1. Mai, der ist auch in China ein Feiertag. Trotzdem kein Problem: der Reifentandler hat uns mal eben den Reifen auf die schnelle mit der reingedrückten Wurst geflickt, für ganze 25 Kwai. Dann habe ich blöderweise nach der Strasse gefragt, denn laut Karte geht es einfach 180 km geradeaus. Antwort: im Prinzip ja, allerdings ist die Strasse seit dem Erdbeben 2008 zerstört, 20 km sind mit unserem Auto mehr oder weniger nicht befahrbar. Viel besser ist es aussenrum zu fahren, die Strasse ist super, nur ein wenig länger: 500 km! Die Entscheidung war klar: so ein bisschen Schotter kann so schlimm nicht sein, die Gesichter der Chinesen sahen allerdings ziemlich besorgt aus.

Zuerst war alles super, erst kommt der 4.523 m hohe Balang Shan Pass (! So hoch war ich noch nie!), dessen Landschaft die schweizer Alpen locker schlägt. Dann irgendwann wird die Strasse schlecht, bis sie einfach nicht mehr da ist. Eine Mischung zwischen zerstört und im Bau: Mittendrin war es wie in der Kiesgrube, steile Auf- und Abfahrten auf Geröll, halbfertige Tunnel mit Schotterboden, dazwischen Baustellen-LKW, Linienbusse, die üblichen Minivans von SGM-Wuling und jede Menge SUV. Es waren 30 km, die wir mehr oder weniger im 1. Gang zurückgelegt haben, immer die Story der schon einmal geknackten Ölwanne im Kopf. Mit dem Rad oder Moped wäre es OK gewesen, mit dem vollbesetzten Santana war es nur ätzend.

Zum Abschluss haben wir uns das Kempinski in Chengdu gegönnt, dort kostet der doppelte Espesso 60 Kwai, soviel wie die Nacht bei Tang Wei!

30.04.2014 – King of Rock

Sonntag, 06.07.2014

Mit Blick auf die Strassen und Entfernungen haben wir umgeplant. D.h. keine 2 Nächte im Museumsdorf, sondern weiter. Erst noch die Wehrtürme von Danba, am Hang stehen viele der rund 20 m Hohen Bruchsteintürme, in die sich die Menschen wie so oft gegen den Feind zurückziehen konnten. Einen kann man besichtigen, gegen Eintritt natürlich, er ist sogar bewohnt. In einem dunklen Wohnküchen-Schlafzimmer-Konglomerat wohnt eine Familie und freut sich über Besucher. Auf Hühnerleitern klettert man bis auf die Aussichtsplattform, muss man halt mal gemacht haben.

Da es noch ein Stück bis Chengdu ist, brauchen wir eine Übernachtung dazwischen. Viel gibt es nicht, jedoch einen Nationalpark: Mount Se Ge Niang 四姑娘山, die 4 Mädels-Berge, an dessen Eingang sind ein paar Hotels, unter anderem das Iced Rock Bar & Guesthouse. Wird von allen gelobt, steht aber in Internet weder mit Preis noch Telefonnummer noch Emailsadresse. Wieder mal: Fragen sie den Chinesen ihres Vertrauens, auf deutsch: meine Assistentin. Sie kann langsam ein Reisebüro aufmachen, aber was will man als Analphabet sonst tun? Kurz und gut: sie hat die Telefonnummer gefunden und uns eingebucht. Dort wohnt man bei Tang Wei, einem Rockmusiker aus Chengdu.

 

Er hat irgendwann beschlossen, umzuziehen und dort eine Bar aufgemacht. Ein total netter Kerl, der dort seine Idee verwirklicht. Er macht Musik mit den Einheimischen, mixt abends Getränke, und freut sich über alle, die zu ihm kommen. Es gibt alle möglichen Drinks, man sitzt zwischen seinen Instrumenten und unterhält sich mit den anderen Gästen, die entweder auch da wohnen, oder eben nur auf einen Drink vorbeigekommen sind. Meistens Chinesen, somit wurde die Liste unserer chinesischen WeChat-Kontakte wieder länger. Da sie ein bisschen englisch koennen, und wir ein bisschen Chinesisch, klappt‘s schon irgendwie. Wir kennen nun eine ziemlich aufgedrehte Familie aus Xi An, das aufgedreht galt vor allem für die Mutter, der Vater war eher von der stillen Sorte, die Tochter war der Übersetzer, wie alle jungen, gebildeten Chinesen kann sie sehr gut englisch. Deren Plan für den nächsten Tag war Pferdereiten auf den Berg, auch nicht schlecht.

Im Lauf des Abends haben wir uns noch mit Tang Wei unterhalten, Das Haus nebenan hat er anfangs nur für sich und Freunde angemietet, damit die bei ihm übernachten können. Irgendwann später ist er auf die Idee gekommen, damit ein bisschen Geld zu verdienen, jetzt verlangt er immerhin 60 RMB/Person für die Nacht im Doppelzimmer, mit Dusche! Dabei hat er uns den chinesischen King of Rock vorgestellt: Cui Jian 崔健www.cuijian.com/, nicht persönlich, aber seine Geschichte. Er hat wohl den Rock in China eingeführt, dabei ein paar interessante Text verfasst, so dass er im Radio nicht gespielt wird. Ich habe mir später über Taobao eine seiner ersten CD gekauft (natürlich wieder mit Hilfe): die Musik hat mit unserem Verständnis von Rock nicht viel zu tun, es ist eher baladenartig. Immerhin weiss ich jetzt, wer der chinesische King of Rock ist!