Berichte von 08/2015

25.08.2015 – WhatsApp weg?

Sonntag, 30.08.2015

Heute Nachmittag war kurzfristig WhatsApp nicht erreichbar. Und obwohl es nur kurz war, war sofort der Schluss: jetzt haben sie das auch noch abgeschaltet! Gewundert hätte es niemanden, es hätte sich gut in das Bild des immer schwieriger werdenden Internetzugangs gefügt. Der immer mehr nervt. Zumindest für die Seiten, die den Ausländer interessieren. Ein save.tv Download ist heute schon nicht mal mehr ein Glücksspiel, er ist die meiste Zeit einfach unmöglich. Selbst unser Firmen-VPN geht in China nicht mehr. Ich hatte schon die Überschrift des Blogs zu diesem Thema im Kopf: Sternzeit 1504, letzter WhatsApp Eintrag. Und ich war schon mal prophylaktisch stinkig, weil ich mir immer mehr vorschreiben lassen muss, welche Internetseiten ich sehen darf. Das alles für gar nichts, ein paar Stunden später war WhatsApp wieder da. Interessant fand ich dabei, welche Kleinigkeiten ausreichen, um einen OK Zustand in ein gefühltes ‚jetzt reicht’s mir‘ zu verwandeln. Das Leben hier ist trotz aller Erfahrung ein labiles Gleichgewicht. Immer ein bisschen Ausnahmezustand, wir sind halt doch nur zu Besuch da.

27.08.2015 – Testfahrt

Sonntag, 30.08.2015

Es gilt, nächste Woche am Donnerstag geht es los: mit den eigenen Mopeds nach Moganshan, ein Schrauber fährt mit, bei uns im Seitenwagen (mutig!). Mit Hilfe des gelben Engels konnten wir es organisieren, die Route steht, die Hotels sind gebucht. Also wollte ich wissen, ob mein frisch überholtes Moped auch durchhält, und bin damit ins Büro gefahren. Diesmal mit Maske, damit ich hinterher nicht wieder wochenlang husten muss. Die Strecke kenne ich ja schon, sie ist neu geteert, extra für mich! Schlaglöcher sind ein Graus, die Federelemente sind eher eine optische Erscheinung, und manchmal haben sie auch Folgen, z.B. kein Strom mehr. Die Fahrerei ist und bleibt anstrengend, ich wurde die ganze Zeit das Gefühl nicht los, irgendetwas übersehen zu haben. Die letzte Viertelstunde nach Hause war es auch noch finster, da kommt kein Easy Rider Gefühl mehr auf. Mit einem Fahrzeug zu fahren, mit dem sich 60 wie 150 anfühlen, ist und bleibt hektisch. Aber: Rekord, nur 1 h 15“, gar nicht schlecht für ein Gefährt, mit dem man besser nicht schneller als 60 fährt. Im Büro haben sich übrigens alle gefreut, das nächste Mal verkaufe ich Rundtouren.

Ziel erreicht, heil wieder daheim angekommen, jetzt steht dem 4-Tage-Trip nichts mehr im Weg. Schade, dass ich vergessen hatte, die GoPro mitzunehmen, mache ich beim nächsten Mal. Dann muss ich nur noch lernen, wie ich von hier aus Filme bei Youtube einstelle.

24.08.2015 – taucht was Nummer 2

Sonntag, 30.08.2015

Diesmal nicht im Schwimmbad, diesmal auf der Strasse. Wieder mal ein Taifun, der über Shanghai einen Dauerplatschregen über rund 18 Stunden ablädt. Am Vormittag stand endgültig alles unter Wasser. Mein Fahrer hat sich gemeldet, er ist im Verkehr stecken geblieben und kann nicht kommen. Also bin ich selber gefahren. Erst ging es ja noch, das Wasser stand so 20 cm auf der Strasse, und damit war die Strasse frei. Bis ich fast eine Stunde gebraucht habe, um über eine völlig blockierte Kreuzung zu kommen. Der simple Grund: Unter der Hochstrasse hat sich die 3-spurige Strasse zwischen den schönen, hohen Randsteinen in einen schicken Kanal verwandelt.

Schlauchboottauglich! Und was passiert? Der chinesiche Autofahrer bleibt einfach da stehen, wo er steht, und beginnt zu telefonieren. Vielleicht glaubt er, dass man mit dem Smartfon beamen kann. Und Ratz Fatz stehen alle gleich verteilt am Ufer des Sees, und nix geht mehr. Wo es nun wirklich kein Problem ist, durch ein bisschen Wasser zu fahren. Es erinnert mich an Schneefall in Aachen: Kompletter Zusammenbruch, nur zu Fuss gehen hilft. Zu allem Übel waren die Behörden so dynamisch, den Zugang zur Hochstrasse zu sperren, bis ich endlich da war. Das heisst: der ganze Einsatz nicht umsonst, aber vergebens. Irgendwann habe ich doch noch eine nicht gesperrte Autobahnauffahrt gefunden. Da war es erst Recht kein Spass: durch das viele Wasser gehen die vielen geflickten Löcher wieder auf, rund einen halben Meter gross und bis zu 30 cm tief. Auf der überschwemmten Fahrbahn sieht man das nur leider nicht. Viele Autos mit kaputten Reifen und Felgen am Fahrbahnrand, so ein Manhole überfordert jede Alufelge.

Nach 2 Stunden war ich im Büro, der braune Fluss ist die Strasse vor unserem Werk.

22.08.2015 – Nanjing

Sonntag, 30.08.2015

Schon ewig drüber geredet, endlich wahr gemacht: ein Wochenende in Nanjing. Per Zug, geht schneller und bequemer als Auto: eine statt drei Stunden. Das Programm war die Nanjing Massaker Gedenkstätte, gruselig und voll. 2 klare Botschaften: 300.000 Opfer und die Japaner sind schuld. Passt gut zum kommenden Feiertag. Dann wird es dort sicher noch voller sein, wenn das noch geht. Wir waren noch am John Rabe Haus, ein Deutscher mit NSDAP Hintergrund (bitte googeln), leider am Wochenende zu, an der Stadtmauer, dem künstliche See (mit Segelbooten), und bei den zur Stadtmauer gehörenden Wehranlagen. Die haben gegen Japan leider nichts genutzt.

Die Stadt ist nicht so klein, etwa 11 Mio Einwohner, jedoch erfreulich entspannt. Nicht so hektisch und verstopft wie Shanghai. Habe mal ganz chinesisch das Abendessen fotografiert, flambierte Banane.

 

Gewohnt haben wir im Intercontinental, man gönnt sich ja sonst nix. Das ist eins der vielen Hotels, bei denen man ein dauerhaft auf Kühlschrankniveau runtergekühltes Zimmer betritt, und im Bad auf den Hinweis trifft: man soll sich umweltfreundlich verhalten und sein Handtuch 2x benutzen. Dieser Anfall von Öko ist ähnlich clever wie der Glaube, dass ein 2-Tonnen SUV mit Hybrid umweltfreundlich ist, der Strom kommt ja nun mal aus der Steckdose.

19.08.2015 – Schulanfang

Sonntag, 30.08.2015

Jetzt ist das Lotterleben vorbei, die Schule fängt wieder an. Hier ohne die typischen ABC-Schützen Schilder, die in Deutschland an jeder Ecke stehen. Wird wohl unser letztes Schuljahr in Shanghai werden. Und ist vielleicht auch ganz gut so. Entweder liegt es am Gewöhnungs- und Abnutzungseffekt, oder es ist einfach so: die Begeisterung lässt nach. Letztes Jahr waren die Diskussionen zwischen Schülern, Eltern und Schule schon merkwürdig, dieses Jahr geht es so weiter. Habe gerade die Rechnung bekommen, und naiv wie ich bin, hat der 5-stellige Euro-Betrag bei mir einen Kunden- und Dienstleistungsgedanken ausgelöst. Grosser Irrtum, die Schule versteht sich wie eine normale deutsche Schule, an der Eltern sowieso und Schüler manchmal stören. Schade drum, am Anfang waren wir alle total begeistert, jetzt sind wir nur noch total.

16.08.2015 – taucht was

Sonntag, 30.08.2015

In Shanghai kann man einen Tauchschein machen. Bei Big Blue die Theorie und das confined water diving im Schwimmbad, für die open water dives muss man natürlich noch ins open water. Gestern also die Theorie (da, wo ich mit dem Krad hin wollte), und heute Praxis im Schwimmbad. Ein bisschen Auffrischung kann nicht schaden, also zu dritt im Schwimmbad auf 2,5 Tauchtiefe üben. Macht Spass und ist viel anstrengender, als man meint.

Auf dem Heimweg beim Mopedladen vorbei: Zündschloss war defekt, deshalb kein Strom, Vergaser undicht (das ist neu), und noch ein paar kleine Wehwehchen adressiert. Am Dienstag soll sie fertig da sein, Rechnung ordentlich. Zu Hause habe ich über die Kosten meiner Moped Buch geführt. Hier habe ich das besser gelassen. Nachdem ich es bisher insgesamt auf stolze knapp 800 km mit dem Ding gebracht habe, sind die Kosten pro km keine Zahl, die ich wirklich wissen will. Leider kann ich in China den Weg zur Arbeit nicht absetzen, die Chang schlägt locker jede Pauschale.

16.08.2015 – Moped die wievielte?

Sonntag, 30.08.2015

Wollte mal eben meine Tochter von Tauchkurs abholen, und dachte mir, ich nehm‘ das Krad. Nach dem ersten Schlagloch, davon gibt es in unserer Strasse viele, war der Strom weg. Ende Gelände. Negativ betrachtet, bin ich gerade mal 500 m weit gekommen, positiv gesehen konnte ich problemlos heimlaufen und das Auto holen. Reparieren wäre wahrscheinlich kein grosser Akt gewesen, aber das dauert halt meistens.

Ich habe stattdessen Jane angerufen, die Besitzerin des Mopedladens, vielleicht nicht gerade meines Vertrauens, aber doch des einzigen vernünftigen, den ich kenne. Sie ist sozusagen der gelbe Engel (darf ich das so schreiben?), allerdings mit schwarzen Haaren. Siehe ihr Profilbild. Per WeChat den Standort verschickt, eine Stunde später ist der chinesische ADAC da, nimmt das Ding Huckepack, und fertig. Kein Mitgliedsbeitrag, keine Notrufsäule, Jane + WeChat erledigen das.

Nutzen wir die Chance und lassen das Ding gleich durchchecken für das nächste Projekt: Chang Mopedtour im September zu den Mogan Mountains. Anfang September ist der 70ste Jahrestag des Kriegsendes für China. Gefeiert wird mehr oder weniger der Sieg über Japan. Deshalb gibt es kurzfristig, einen neuen, einmaligen chinesischen Feiertag: Donnerstag 03. September. Es gibt gleich 3 Tage frei, Do/Fr/Sa, am Sonntag wird der Freitag reingearbeitet, logisch. Wir sind inzwischen zu fünft und wollen 4 Tage Kradfahren. Erst schien es ganz easy: Leihmopeds für 1.000 CNY pro Nase, Guide/Schrauber dabei, Speziallösung für Führerscheinlose, und vermutlich auch noch einen Chinesen (oder eine Chinesin?), der/die bei Regen mit einem Schirm nebenher rennt. Wäre zu schön gewesen, um wahr zu sein. Für kleines Geld gibt es in Shanghai schon lange nichts mehr, schon gar nicht für Ausländer. Aus den 1.000 wurden 4.000, gleichzeitig zu wenig Mietmopeds, dafür ein teures Transportangebot für unsere eigenen, der Schrauber kostete auf einmal ein Jahresgehalt. Gerade die Nummer mit den eigenen Krädern wollten wir vermeiden, von wegen und Zuverlässigkeit. Wir wollten halt das Rundum Sorglos Paket. Die erbarmungslose Realität: entweder weitersuchen, oder zahlen, oder aufgeben. Jetzt fahren wir entweder selbst organisiert, und müssen die Mopeds eben selber reparieren, oder notfalls den gelben Engel rufen, oder wir finden noch ein wirtschaftlich vernünftiges Angebot.

08.08.2015 – Reiskocher

Sonntag, 16.08.2015

Habe eine Japanreise gewonnen, leider nicht privat und ohne Heizdecke. Blöd nur, dass ich mir am Sonntag davor den Magen verdorben habe. Vermutlich mit einem Shrimp Salat bei Blue Frog. Dort sollte man einfach nur Burger essen, davon wird man zwar nicht schlanker, aber es scheint gesünder für den Magen zu sein. Aus ganz vielen Gründen endete das in einem Trip Changchun – Tokyo, Luftlinie nur 1.400 km, schlappe 14 Stunden unterwegs. Mit dem miesen Magen hätte ich statt nach einem Platz am Notausgang lieber nach dem Toilettenplatz gefragt. Dort habe ich die meiste Zeit verbracht. Dazu die Dauerverspätungen nach dem Einsteigen, bei denen die Klimaanlage im Flugzeug noch nicht geht, ätzend. Nun, ich habe es überlebt, brauch das aber nicht nochmal.

Auf dem Rückflug habe ich wieder Bekanntschaft mit dem Reiskocher gemacht. In meinem in den 70er und 80ern kultivierten Sprachgebrauch ist ein Reiskocher ein mittelmässig motorisiertes, japanisches 4-Zylinder-Motorrad mit unzureichendem Fahrwerk und mieser Ersatzteilversorgung. Manchmal vollverkleidet, weshalb der Reiskocher direkt mit dem Joghurtbecher verwandt ist. Heute ist ein Reiskocher der Inhalt eines Kartons der Grösse von mindestes 4 Schuhkartons (Grösse 45), der sämtliche Gepäckfächer in einem Flugzeug belegt. Vorzugsweise auf Flügen von Japan nach China. Auf Flügen von Korea nach China sind eher neue Nasen an Bord, die nehmen aber keinen Platz weg. Wer also mit Bordgepäck reist, so wie ich, muss schnell sein, sonst darf er seinen Trolly auf den Schoss nehmen. Merke, ein Reiskocher ist immer noch ein japanisches Produkt, heute aber meistens ohne Räder.

02.08.2015 – Made in China

Sonntag, 02.08.2015

Habe mir vor kurzem günstig eine gebrauchte Gopro zugelegt (Dank an Günter!). Eigentlich für das Tauchen, nächstes Projekt ist aber: den Kamikaze Verkehr filmen, nur so zur Unterhaltung. Ich finde das inzwischen ganz normal, wenn auch manchmal nervig, könnte für Zuschauer jedoch einen Unterhaltungswert haben. Wenn ich mal gelernt habe, wie ich hinter der Great Firewall Videos bei Youtube einstelle und im Blog verlinke. Geht nämlich nur so, glaube ich. Also brauche ich erstmal so einen Befestigungskit. Gibt es bei Amazon in allen Variationen, schnell bestellt, und die Familie bringt das Zeug mit. Die Rechnung wollte ich noch haben, wegen der Mehrwertsteuer. Kein Problem, habe ich per Email bekommen: ohne Mehrwertsteuer. Warum? Das ganze Ding kommt aus Guangzhou! Per Paketdienst von Guangzhou nach Deutschland, und per Lufthansa zurück nach Shanghai! Ist das nicht strange? Eigentlich hätte ich es mir denken können, aber hinterher weiss eh jeder alles besser. Allein der Hinweis ‚eingepackt in ein Samttuch‘ war schon verdächtig. Naja, jetzt habe ich es auf jeden Fall.

Kleine Randbemerkung für heute: Rechts und links verwechselt zumindest ein Teil der Bevölkerung gerne, auf Chinesisch 左zuŏ für links und 右yòu für rechts. Aber wie auseinanderhalten? Meine Cousine, sie war ein halbes Jahr in Peking, hat sich mit weiblicher Logik die Brücke gebaut: links mit ‚s‘ wie ‚ds’uŏ (gesprochen), und dabei geflissentlich übersehen, dass im Gegensatz rechts mit was endet? Aber: seitdem kann ich mir das prima merken, zuo ist links mit ‚s‘. Und jetzt kommt’s: mein neuer Kollege fragt mich, wie man denn bloss dieses zuŏ und yòu auseinanderhalten könnte, die Sprache sei so schwierig, und das sind so die Anfangsvokabeln für das Überleben im Taxi oder mit dem Fahrer. Ganz einfach, man merke sich links mit ‚s‘. Und was schreibt er mir heute (auf WeChat)? Super Eselsbrücke, nie mehr verwechselt! Ein Hoch auf Silke!

Es gibt übrigens noch zuŏ yòu: links rechts, beduetet ‚ungefähr‘, nicht zu verwechseln mit yòu zuŏ, das gibt es nicht (habe ich extra nochmal nachgeschaut). Die Doppelwörter sind eine nette chinesische Spezialität, davon gibt es einige, dà xiăo = gross klein, bedeutet Grösse, z.B. bei Klamotten.