31.05.2013 – Nahkampf mit Feindberührung

Sonntag, 02.06.2013

Jetzt war’s dann endlich soweit: wie so viele Väter auf dieser Welt war ich nachts unterwegs, um meine Tochter irgendwo in dieser 23 Mio Stadt aufzugabeln, und zwar die kleine. Hier ist ständig Bewegung um Leben, neue Leute kommen, manche gehen, die einen wie geplant, andere dagegen von jetzt auf gleich. Während die einen entweder verlängern, oder planmässig zum Vertragsende heimfahren, gibt es immer ein paar, die von heute auf nächste Woche zurück gehen müssen. Das Thema Kinder und Familie spielt dann meist keine grosse Rolle. D.h. entweder alle gehen, jetzt gleich, oder die Familie bleibt da und der Vater geht. Je nach Schulsituation kann der Zustand ein paar Monate oder Jahre dauern. Wer trennt für sein Kind schon freiwillig die 11. Und 12. Klasse auf? Und deswegen gibt es dann Abschiedsfeste, und da muss man natürlich hin.

Also fahr sich so fröhlich im Dunkeln in die Stadt, bis mich einer der autonomen Laster abdrängt, dass nur noch das Manöver des letzten Augenblick mein Mobil davor bewahrt hat, auf einem der 40 cm Fahrbahnteiler aufzubocken. In Deutschland würde man schreiben, ich stand mit qualmenden Reifen vor dem Betonsockel, mit den Reifen und Bremsen hier wäre das jedoch masslos übertrieben, wo nix bremst, qualmt auch nichts, auch wenn GM draufsteht, ist halt China drin. Jetzt war ich doch ein wenig angepisst, dass dieser Heini ohne Not die Lücke zum Überholen radikal zugemacht hat, dass ich mir nach Umschiffen des Hindernisses gedacht habe, schau ich mir mal genauer an. Und zwar an der nächsten Kreuzung. Ich konnte es mir nicht verkneifen, mich überraschend vor ihn zu stellen. Nun, er war vermutlich ähnlich blind wie vorher, und hat dann leicht hinten links angedockt. Erst kam er schimpfend angerannt, hat sich dann wohl gedacht, schei…, Laowei, dann standen wir auf der Strasse und haben rumpalavert, jeder in seiner Sprache, er chinesisch, ich bayerisch. Nach fünf Minuten war klar, das bringt nichts, also sind wir wieder eingestiegen und weitergefahren. Sein Laster hat vermutlich gar nichts, mein Chinamobil einen Kratzer. Wollen wir hoffen, dass es dabei bleibt. Unfälle ohne Personenschaden sind grundsätzlich Verhandlungssache, wer nach mehr Geld aussieht, zahlt mehr, die Schuldfrage spielt eine untergeordnete Rolle. Und wie will man als Ausländer in dieser Sprache bloss verhandeln?