03.11.2012 – In vino veritas

Freitag, 09.11.2012

Lebenswichtige Betriebsstoffe sind in Shanghai schlicht teuer, wie Käse, Butter, vernünftiger Schinken (ja ich weiss, typisch Expat, aber wer will schon früh, mittags und abends Reis essen) und natürlich: Wein. Zumindest wenn man Greatwall nicht mag. Das ist nicht nur eine Automarke, die gar nicht so schlecht ist, zumindest besser als BYD = Build your Dreams (!), sondern auch eine Weinmarke. Ich hab’s zweimal probiert, und endgültig damit abgeschlossen, die Kopfschmerzen am nächsten Tag waren zu schlimm. Also bleibt nur der Griff zu Australien, Neuseeland, Südafrika etc, und da geht unter 10 € einfach nix. Und ich meine immer noch, dass eine Flasche normaler Wein nicht unbedingt 12 bis 15 € kosten muss. Aber: es gibt die Rettung, die Carrefour (chin: Calleful) Weinaktion. Zu einem Zeitpunkt, der ähnlich mysteriös ist wie die Wahl des neuen Premierministers, machen die 20 Carrefour (ich habe nicht gezählt, aber es sind mehr als 5) hintereinander eine x%-off Weinaktion. Und auf einmal die Insiderinformation: jetzt! Und ‚jetzt‘ bedeutet ein Riesenzelt vor dem Carrefour, der sich in einem Breuningerland-grossen Gebäude befindet, zusammen mit dem Mediamarkt, Pizza Hut, sonstigen Läden und Restaurants, und einem Baumarkt, dazu später.

Im Zelt warten rund 2.000 Flaschen und ebensoviele VerkäuferInnen, französische und chinesische, auf das willige Opfer. Ich hasse Fake Markets, und das ist genauso. Anscheinend werden die Jungs und Mädels auf Provisionsbasis bezahlt, und kämpfen mit allen Mitteln um Dein Geld. Selbst die marokkanische Methode war erfolglos: nimm Dir zu Beginn einen der Schlepper, er hält Dir wenigstens die anderen vom Leib. Während wir bei einer den Wein probiert haben, haben uns ungeniert mindestens 2 weitere mit Flaschen in der Hand gefragt, ob wir nicht auch hier und dort…, bis sich die Mädels untereinander in die Haare gekommen sind. Und egal was, es gibt 20 bis 30% off, und natürlich, buy 5, 4, 3 and get one free. Wir haben uns ein wenig unbeliebt gemacht, da wir nicht so richtig an den 250 RMB Wein- und 800 RMB Champagnerflaschen interessiert waren.

Das Probieren war auch interessant, selbst die Franzosen, die ja angeblich schon als Weinexperten geboren werden, drehen einem zum Probieren korkige oder bereits seit 1 Tag offene Flaschen an und fragen dann mit Expertenmiene, wie der grauenhafte Supertropfen denn so ist. Egal, am Schluss war der Buick nicht ganz, aber doch ein bisschen voll, und jetzt haben wir genug Stoff für den kalten Winter in der Garage! Müssen wir aber bis zum Frühjahr austrinken, denn im Sommer ist unsere 40°C warme Garage kein professioneller Lagerplatz.

Ach ja, im Baumarkt waren wir auch, wir brauchen nämlich Türdichtungen. Der Winter naht, und unsere schicke chinesische Haustür hat zwar echt dicke Bretter, aber leider einfach aneinandergereiht. Man kann prima durchsehen. Gibt es alles, wie zu Hause, nur die Akkuschrauber sind sagenhaft billig. Und die Stimmung ist auch wie zu Hause: lauter deutsche Väter, die auf der Suche nach irgendwas planlos durch die Gänge irren, ein typischer Samstag Vormittag halt, nur sind es 20 Väter und nicht 200.