16.08.2013 – Wochenendausflug – Wow

Sonntag, 18.08.2013

In Deutschland haben wir das oft gemacht, am Freitag nach der Abend für’s Wochenende irgendwohin zu fahren, Skifahren, Wandern, Freunde besuchen, warum hier noch nie, haben wir uns gedacht? Stimmt, meistens sind die Wochenenden mit irgendwas belegt, und zwar eher mit Schule als mit meiner Arbeit, unter der Woche ist die Schule lang, so dass oft irgendwas auf’s Wochenende verlegt wird. Aber jetzt sind ja Ferien! Wir haben uns für Putuoshan entschieden, das ist rund 3 h im Süden von Shanghai westlich von Ningbo, dort liegt eine Inselgruppe im Meer. Putuoshan selbst hat für die Öffentlichkeit Autoverbot, auf fast alle anderen kann man fahren - wenn man den Weg kennt.

Also nix wie los, mit der Mischung aus Garmin, eingebautem VW Navi (ich habe Auto getauscht, einer meiner Kollegen wollte zu siebt auf ein Bierfest) und Google Maps. Mein Garmin mit der neuesten Karte von 2010 kannte die Hochstrassenautobahn auf die Inseln noch gar nicht, das VW Ding immerhin zu 75%. Aber es macht ja nichts, bei Orientierungslosigkeit auf der 3-spurigen Autobahn bis auf Schrittgeschwindigkeit abzubremsen, um in aller Ruhe auf dem iPhone die Lage zu sondieren. When you are in Rome… Zugegebenermassen, in China mit einer Karte von 2010 rumzufahren ist so ähnlich, wie Neufünfland mit der ADAC Jahresgabe von 1995 zu bereisen. Kurz hinter Shanghai verschwinden die Pinyin Angaben auf den Verkehrsschildern, wohl dem, der sich im Vorbeifahren die Zeichen für Ningbo 宁波und 舟山 Zhoushan gemerkt hat, das hilft bei den Autobahnkreuzen (um ehrlich zu sein, es war der einzige Ort mit Shan山 = Berg auf den Schildern, das ist nämlich eins der 10 Zeichen, die ich kenne). Wir haben es auf jeden Fall gefunden, man kommt kreuzungsfrei bis auf die Insel Zhoushan, da wollten wir hin, die 30 km Brücke über die Ningbo Bucht eingeschlossen.

Irgendwann haben wir auch die Strasse gefunden, in der unser Luxus-Wochenendhotel sein sollte: eine dunkle, abgewrackte Strasse am Wasser entlang, mit einer Mischung aus Firmen, Ruinen, Baustellen und ein paar dunklen Wohnbuden. Wohin denn jetzt? Eigentlich sollte es die Strasse sein, und laut Google genau hier, aber hier will kein Europäer mit Kindern wohnen. Wir sind langsam die Strasse langgerollert, immer positiv denken, und es wurde immer schlimmer. Immerhin hatten wir eine Hausnummer, und bei der waren wir noch nicht. Und da war’s, Nummer 120, ein Schild, ein Parkplatz, und dahinter verrostete alte Schiffe. Bis wir es verstanden haben: hier ist der Parkplatz, ab hier fährt das Schiff zum Hotel, das liegt nämlich auf einer Insel. Nicht schlecht für eine Last Minute Buchung über Agoda, die wir eigentlich nur genommen haben, da sonst nichts mehr frei war.

Es war wirklich cool: mit dem Schiff auf die Insel, Kofferträger für die Reisetasche der Damen, 2 grosse Zimmer (mit Wifi!), besser kann’s kaum sein. Dass vor der Insel eine 24 h Baustelle im Meer liegt, was soll’s, so laut war es gar nicht. Spannender das Essen: die Gäste hier sind normalerweise nur Chinesen, hier spricht auch keiner Englisch. Zum Glück reicht unser Chinesisch für solche Fälle inzwischen aus (trotzdem ist das Ergebnis nach fast 2 Jahren lernen schlapp). Und so war auch die Speisekarte: 1 Seite Seegurke, 1 Seite Haifischflosse, 1 Seite Abalone, 1 Seite Schildkröte, 1 Seite Muscheln. Das alles essen wir aus Geschmacks- oder ethischen Gründen gar nicht. Den warmen Weisswein wollten wir auch nicht, auch nicht mit Eiswürfeln. Wir haben noch ein paar Sachen gefunden, aber so richtig gut war es nicht wirklich. Der Spruch von der tollen chinesischen Küche bewahrheitet sich nicht immer. Aber was soll’s: wir sind ohne Vorwarnung auf einer Insel nur für uns gelandet, man kann nicht alles haben. Es hätte schlimmer kommen können.