08.04.2 - Ostern

Donnerstag, 12.04.2012

Heute ist Ostersonntag. Als erste hat mir meine Tochter aus Tunesien Frohe Ostern gewünscht, sie ist mit ihrem Handy jetzt weltweit online und hat das gleich mal ausprobiert. Der zweite war unser Personaler, netter Zug von ihm, als Singapur-Chinesen hätte er nicht mal dran denken müssen.

Diese Woche muss ich kein schlechtes Gewissen haben bzgl. Verlassen der Familie, die drei haben sich nach Tunesien abgeseilt und spielen dort all inclusive. Wahrscheinlich wird das im Mai eher ein Thema, das schlechte Gewissen, nicht all inclusive.

Einer meiner Freunde hat mich gefragt, ob es denn so ist, wie ich mir das vorgestellt habe. Tja, was habe ich mir überhaupt vorgestellt? Viel Arbeit (ist eingetroffen), einiges zu improvisieren (ist eingetroffen), einfache Organisation von Wohnen und Fahren (nicht ganz), viel neues (undefiniert, ist noch nicht greifbar). Es passiert noch viel, was ich nicht einschätzen kann. Z.B. wollte ich umziehen, da es hier die ganze Nacht laut ist. Die Alternativen waren zwar alle ruhiger (mein Ziel), aber entweder kleiner, noch weiter weg vom Büro, ziemlich runtergewohnt, oder teurer. Fazit: ich ziehe nicht um. Es ist schwer einzuschätzen, ob das im Moment das echte Angebot ist, oder eben nur die für mich bestimmte Teilmenge; ich würde wetten, das es von Anfang an das Ziel war, mich nicht umziehen zu lassen. Aber so war es einfacher, als mir das auszureden: 2 ½ Stunden und eine Taxifahrt. Vermutlich habe ich jetzt auch noch mein Gesicht verloren, weil ich drauf reingefallen bin.

Spannend ist der Alltag im Büro. Meistens ist es nicht nötig, die kritischen Dinge aus dem kulturellen Training zu beachten, da die chinesischen Kollegen schon viel Erfahrung mit Europäern haben. Umso schwieriger ist es, die unvermittelt auftauchenden, wichtigen Zeichen nicht zu übersehen, es ist halt doch nicht Deutschland.

Persönlich verzichte ich im Moment freiwillig auf Dinge, die mir immer wichtig waren: kurzer Weg zur Arbeit (hier fast 1 Stunde), ruhiges Wohnen (hier nicht mal nach Mitternacht), Zeit für die Kinder (zum Skypen…). Das wird ab Juli alles besser, dann fahre ich nur noch 45 min, wir werden wieder ruhig wohnen - und die Kinder werden keine Zeit für mich haben. Dafür bekomme ich noch nicht ganz eine Megacity zu Gesicht. Wenn ich abends heimkomme, dann habe ich nur noch zu wenig Lust, der Tag ist einschliesslich der Fahrt lang, Frühstück um Viertel nach sechs, Abendessen um halb neun (ausser offizielle Essen, die beginnen um sechs Uhr und sind um spätestens halb neun rum). Danach ist es schon eine Herausforderung, noch an diesem Blog zu tippen. Anyway, es ist unheimlich spannend und macht daher wahnsinnig Spass. Es ist ein bisschen wie Studentenleben, es gibt unheimlich viel Neues zu entdecken und die Notwendigkeit, alltägliche Themen neu zu organisieren. Das ist eine irre Chance, und das Tempo bestimme ich schliesslich selbst.