08.06.2012 – der Krimi

Donnerstag, 28.06.2012

Die Familienzusammenführungsaktion ist zu Ende, d.h. die drei fliegen wieder heim, per Nachtflug kurz vor Mitternacht. Wir haben viel versucht, um doch noch an ein Haus zu kommen, aber es hat nicht sollen sein.

Und es soll keiner sagen, wir hätten es nicht weiter versucht: Erst kommt ein neuer Agent und bietet neue Häuser an. Nur sind die nicht neu, die meisten kenne ich schon, vermutlich kenne ich inzwischen den gesamten Markt, Agent im Zweitberuf wäre eine Option. Die wirklich neuen Häuser haben entweder einen modrigem Keller oder lockere 450 m² und stehen schon Monate leer, womit wir auf der Skala wieder ganz am Anfang gelandet wären. So ein Haus steht immer schon lange her, und so sieht es auch aus: Schmuddel ohne Ende, und ich möchte meine Kinder weder im Keller noch im Palast suchen müssen. Auch in China ist Energie teuer, und ein 3-geschossiger Kühlschrank im Sommer ist nicht umsonst zu haben. Aber, nie aufgeben: ein Haus ist dabei, hurra hurra! Gebongt! Bis ich am Abend erfahre, dass diese Haus schon von jemand anders angemietet ist, quasi ein Fake. Aber kein richtiger Fake, da es wohl eine Chance gibt, dass der geschlossene Vertrag wieder aufgelöst wird.

Und dann wird es spannend, die Agents kämpfen um den Auftrag: Zwischendrin ruft mich unser erster Agent an und erklärt mir ausführlich, dass ich ja ein Haus gefunden habe, das aber schon vermietet ist, ich es daher nicht bekommen werde und sie mir deshalb ein Backup anbietet?? Es gilt der erste Hauptsatz: in China gibt es kein Geheimnis, jeder weiss alles und meist mehr als du selbst.

Mit dem Wissen kommt wieder ein anderes Haus ins Spiel (das Backup!). Das ist zwar auch an jemand vermietet, aber der Vertrag ist illegal, da eine Unterschrift gefälscht ist; und das ist für einen chinesischen Agent eine klare Sache: da geht was! Oder, wie mein Kollege von HR mir gemailt hat: in China everything is possible, nothing is impossible! Gleichzeitig ist das auch eine Lehre in chinesischer Kultur: genau das Haus habe ich mir als erstes angesehen (oder besser, dort wurde ich als erstes hingeführt), und es wegen der Raumaufteilung und der Tatsache abgelehnt, dass es sich um eine Baustelle handelt. Der Besitzer baut eine Fussbodenheizung ein, es sieht fast aus wie ein Rohbau. Und was sagt der Chinese dazu? alles bewegt sich im Kreis und kommt wieder! Und was sagt der Agent dazu? Alles bewegt sich im Kreis, das Haus habe ich Dir doch zuerst gezeigt! Muss ich es verdächtig finden, dass sie den Vermieteren jedesmal so herzlich begrüsst? Ist sicher nur Freundlichkeit!

Und das alles geht mir durch den Kopf, als ich gegen Mitternacht auf der Autobahn vom Flughafen zurück nach Hause fahre. Und ich entdecke etwas neue: hier werden Rennen gefahren, und zwar Mopedrennen! Während ich den Buick mit Tempomat bei 120 rollen lasse, fahren mir ein paar kreischende 4-Zylinder um die Ohren, ohne Nummernschild (logisch, beim Moto GP schon mal ein Schild gesehen?), Licht und Helm. Eigentlich gibt es in China keine Mopeds über 200 cm³, eigentlich, ausser eben nachts auf der Autobahn. Ich fahre über Häuser telephonierend im Dunkeln die Autobahn entlang, während mich rechts und links die Mopeds überholen, offensichtlich brauchen sie kein Pace Car. Und dann gipfelt das ganze in einem neuen Vorschlag: wenn ich am Sonntag 10.000 RMB in Cash hinterlege, ist das Haus meins! Vielleicht liegt’s an der Geisterstunde. Dass ich das für einen absurden Vorschlag halte, schreckt sie nicht ab, erst als ich ihr erkläre, dass es technisch unmöglich ist, diese Summe in 2 Tagen am Wochenende als Cash bereitzustellen, knickt sie in ihrer Position ein (ehrlicherweise: das stimmt gar nicht).