03.08.2013 – 3776

Sonntag, 11.08.2013

Bis Mitternacht habe ich tatsächlich geschlafen, dann war’s aus. Um 2 war es eh rum: aufstehen, um halb 3 loslaufen. Frühstück gab es keins, welcher Magen mag um die Zeit schon was zu Essen, Stirnlampe aufsetzen, in die Lichterkette einreihen, auf geht’s. Es ging besser als erwartet, tatsächlich galt es nur kurz vor dem Gipfel 2 Reisegruppen zu überwinden, bei dem schmalen Pfad nicht ganz so einfach, und es verträgt sich nur bedingt mit der japanischen Höflichkeit. Wie drängelt man sich höflich an einer 40 Mann Schlange auf einem Bergpfad vorbei? Erstaunlicherweise haben wir zu 95% Japaner getroffen, wenig Ausländer, dafür Menschen jeden Alters, vom Kind bis zum Rentner, und dabei viele Teenies. Immer wieder sieht man Japaner mit Sprühdosen am Wegesrand: weil es so unendlich hoch ist, nimmt man Sauerstoff in der Dose mit, und inhaliert regelmässig. Wichtig ist perfekte Organisation und Ausrüstung. Man sieht nur Markenklamotten, es wird vermutlich jeden Tag eine Monatsproduktion von Mammut, Jack Wolfskin, etc (iPhone nicht vergessen) da raufgetragen.

Um 4:34 waren wir oben, pünktlich zum Sonnenaufgang. Saukalt, nicht nur wegen der 3°C, vor allem der eisige Wind genau an der besten Beobachtungsstelle war eine Herausforderung an die Goretexmembran und die Wollmütze. Wir hatten unheimliches Glück: die letzten 2 Wochen war der Gipfel in den Wolken, heute waren wir über der Wolkendecke. D.h. blauer Himmel, Sonnenaufgang vom feinsten über dem Wolkenmeer, und in der Ferne die anderen Bergspitzen, die aus den Wolken ragen. Unser spanischer Kollege hatte leider nicht genug zum Anziehen dabei, er hat gefroren wie ein Schneider. Dafür hatte unser Organisator sogar Kocher und Kaffee für den Sonnenaufgangskaffee dabei! Und ein zweites paar Handschuhe, eine zweite Stirnlampe, einen zweiten Pullover, perfekt eben.

Für das Foto neben dem Gipfelschild galt: ordentlich anstellen! Wie an der Supermarktkasse stehen alle geduldig in der Schlange, der vorherige macht die Fotos von den nächsten, und man wartet, bis man dran ist. Wie wäre das in China? Man stände auf einem Müllberg in einem Mordsgeschrei, jeder schubst jeden und drängelt sich in den Vordergrund, um als erster mit dem Foto fertig zu sein.

Gegen 7 haben wir uns nach der Ehrenrunde an den Abstieg gemacht. Auf dem Kraterrand gibt es einen Rundweg, und es ist ganz nett, in der Höhe über den Wolken da lang zu flanieren. Allerdings geht es jedes Mal, wenn es wieder ein paar Meter rauf geht, schon deutlich langsamer, ist halt schon hoch.

Runter geht es auf dem Weg für runter, ab etwa 2.800 m ist das ein 5 – 10 m breiter Weg in der Falllinie aus Lavasteinen. Man kann mit sieben Meilen Schritten runterrennen, und schafft bis zu 28 m/min (Höhe, zum Vergleich: rauf sind es 6 bis 9). Auf die Art waren wir nach 1 ½ Stunden unten, wofür wir rauf 4 gebraucht haben. Und das war’s, ich war auf dem Mt. Fuji! In Japan heisst es: If you never climbed Mt. Fuji, you are a fool, and if you do it twice, you are also. Also, einmal reicht, es war eine nette Erfahrung, nochmal muss nicht unbedingt sein. Missen möchte ich das Erlebnis auf keinen Fall.

Was macht man in Japan nach so einer schweisstreibenden Anstrengung? Nein, kein Bier trinken, Massage vielleicht, richtige Antwort: Onsen! Auf gut deutsch: Thermalbad. Überall in Japan muss man nur ein Loch in den Boden bohren, und schon kommt heisses Wasser raus, das liegt an der auch für die Erdbeben verantwortlichen Tektonik. Onsen gibt es in fast jedem Hotel, das ist weniger toll, und in jedem Dorf. Dort sind sie meist draussen, bestehen aus mehreren Becken, man legt sich in 40°C heisses Wasser und entspannt, so lang man es aushält. Anders als in einer ordentlichen deutschen Sauna darf man sich unterhalten, dadurch hat das ganze einen entspannten, aber kommunikativen Charakter. Dass es perfekt organisiert ist, mit Schuhe am Eingang abgeben, extra einsperren, etc. erklärt sich von selbst. Sogar das Restaurant gehört mit zur Barfusszone. In Japan wird strikt zwischen ‚drinnen‘ und ‚draussen‘ unterschieden, und bei allem, was ‚drinnen‘ ist, haben ‚draussen‘-Schuhe nichts zu suchen. Übrigens gibt es in Japan eine Debatte zur alternativen Energiegewinnung durch Geothermik (warum wohl?), die von den Onsenbetreibern massiv bekämpft wird. Sie haben Angst, durch die Stromgewinnung ihr heisses Wasser zu verlieren.

Am Nachmittag hat uns unser japanischer Kollege zu sich nach Hause eingeladen, eine in Japan unübliche Geste, war hochinteressant. Er besitzt im dichtbesiedelten Yokohama ein Haus mit einem traditionellen Teeraum, sehr edel. Abends waren wir Sushi Essen, da habe ich das mit den Fingern gelernt.