03.10.2012 – Der Weg nach Lijiang

Dienstag, 16.10.2012

Es sind schlappe 530 km nach Lijiang, und wir dachten, wir fahren halt einen Tag lang in Ruhe durch die Gegend, warum nicht. Wir sind einen Tag lang durch die Gegend gefahren, nur nicht in Ruhe. Es fängt damit an, dass auf der Autobahn bis Dali der gesteigerte Wahnsinn herrscht. Sie ist voll mit nagelneuen Q7, Q5, X5 und sonstigen Modellen der oberen Mittelklasse, die sich mit ca 70 auf der linken Spur um die LKW herumbewegen. Bis es wieder kracht, und alles 2 h lang auf der Strasse steht.

Wir haben einfach nicht bedacht, dass sowieso viele Chinesen unterwegs sind, und es diesmal, wie wir hinterher erfahren haben, seit langem am schlimmsten war. Viele haben sich das Auto gerade noch vor Golden Week gekauft, und sind nun ohne Fahrpraxis unterwegs, daher die 70 (man darf 120 fahren, das traut sich aber wirklich keiner). Und diesmal sind laut Statistik 86 Mio unterwegs, so viele wie noch nie. Sogar in Spiegel online war ein Artikel zu diesem Thema. Man kann es gut mit Deutschland in den 70ern vergleichen: alle sind erstmalig mobil und probieren das aus, das Ergebnis ist wie damals in Europa der Dauerstau auf der Autobahn, mancher erinnert sich noch an die Bilder auf der Brennerautobahn – und wir mittendrin als die Attraktion schlechthin. Ausländer gibt es hier selten, daher kommt uns alle paar Minuten das Wort Laowei entgegen, wir werden mit höchstem Interesse unauffällig beobachtet, und mit jedem verfügbaren Handy fotografiert.

Nach 2 Stunden Stillstand geht es plötzlich weiter, und das ist ein Erlebnis der besonderen Art: Wir fahren die nächsten 5 km durch einen Müllhaufen, der mich sofort an die Trinkstation beim Marathonlauf erinnert. Sämtliche Verpackung wird einfach aus dem Auto geworfen, die Strasse ist weiss von Pappschachteln und Papiertüten. Noch schlimmer ist, dass unvermittelt Autos auf der Strasse stehen. Der Besitzer ist entweder weg, oder er sitzt drin und schläft, und zwar auf jeder der drei Spuren. Wenn alle nach einem Stillstand ungeduldig losfahren wollen, ist das durchaus kritisch.

Die Landschaft muss man sich tatsächlich wie die Brennerautobahn vorstellen, es geht durch eine Berglandschaft zwischen 1800 und 2500 m ü.NN, nebendran ist die alte Strasse. Könnte ich jetzt hier Mopedfahren!

Nachmittag waren wir in Dali am Autobahnende, und dem Beginn der Passstrasse. Und das ist nun genauso wie der Fernpass am Samstag morgen der Faschingsferien, nur eben 160 km lang. Irgendwann habe ich die Geduld verloren, und bin mit den anderen in zweiter und dritter Reihe den 2-spurigen Pass hoch und runter gefahren, zum Leidwesen meiner Mitfahrer. Am besten ging rechts überholen. Grundsätzlich wird mit dem SUV links blinkend links gefahren, aber es fehlt die Traute, dann das Gaspedal durchzudrücken, also war der Weg rechts vorbei frei! Es hat trotzdem 11 Stunden gedauert.Und wenn man dann im Stau links stecken bleibt, geht das so lange gut, bis einem ein Regierungsauto entgegenkommt und drauf besteht, dass die Spur bis zum Mittelstreifen frei ist. Dann hilft nur Rückwärtsfahren. Das ist dann kein Spass, während man bei Anwesenheit von Polizei jederzeit wie gewohnt weitermachen kann.