04.02.2016 – 18

Sonntag, 14.02.2016

Erster 18ter Geburtstag in dieser Familie! Deshalb haben wir in den Tagen davor Stunden in einem ungeheizten Fotoladen verbracht (Fotobuch), und für heute Abend den Flying Chef bestellt. Er kommt mit allem, was er braucht, hängt die tote Ente in der Küche auf und wünscht auf deutsch Guten Appetit: Ergebnis seiner 9 Jahre in Frankfurt als Koch in einem chinesischen Restaurant!

Begonnen hat der Taag erstmal kühl. Die Nachtarie hat nicht viel gebracht, jetzt neues, grosses Problem: das Ersatzteil kommt aus Ningbo, aber erst morgen! Den Hinweis auf die Feier und die Gäste hat unser Fángdōng (房东 chinesisch für Vermieter, wobei das 2. Zeichen interessanterweise ‚Westen‘ bedeutet??) sofort verstanden. Gastfreundschaft hat eine 1.000 Jahre alte Tradition in China, bei Gästen muss alles stimmen. Er hat tatsächlich jemanden mit einem gebrauchten Ersatzteil organisiert. Und noch einen Heizlüfter vorbeigebracht. Aber: Glump ist Glump (schreibt man das so?), diese provisorisch verrohrten Gasburner aussen am Haus sind schlicht am Ende. Morgen kommt nochmal einer und baut das Original Ersatzteil ein; so kurz vor CNY ist das eine Leistung. Aber vermutlich keine Lösung.

Gefeiert haben wir den ganzen Tag, Kerzen zum Frühstück, Geschenke nach einer kurzen Unterbrechung durch Unterricht, Pizza zu Mittag, nochmal ein bisschen Unterricht, die obligatorische Geburtstagstorte (angeliefert, mit Teller und Plastikbesteck), Feuerwerk mit einer Waschmaschine (heisst so, weil die Kartons die gleiche Grösse annehmen können; alles incognito da verboten) und eben die Ente, plus etwa 8 weiteren Gängen. Netter Tag!


Zwischendrin noch eine kleine Aufregung: Rollerunfall. Unsere Tochter sass hinten drauf, als ihnen beim Abbiegen von hinten eine Ayi reingefahren ist, auch mit Roller. Passiert ist nichts, sie hat sich jedoch vorsorglich gleich mal hinfallen lassen. Unfall mit einer Langnase vor CNY ist die Chance, sorry to say, aber sie kann da schlecht ohne Deal nach Hause fahren. Der herbeigerufene Polizist hat ruhig auf die widersprüchlichen Aussagen verwiesen, beide Roller konfisziert und für den nächsten Tag auf das Polizeirevier eingeladen. Die Ayi, ganz nach Klischee, schweigt die ganze Zeit, selbst als der Polizist ihr deutlich gemacht hat, dass sie nur auf Geld aus ist. Dafür hat sie sich die Schulter gehalten, das leicht aufgeschlagene Knie präsentiert (ungeschickt hinfallen lassen) und theatralisch vor sich hin gewimmert. Am nächsten Tag Festellung der Polizei: die Ayi sei zwar von hinten reingefahren, dafür waren die beiden ohne Führerschein zu zweit unterwegs, das sei nicht erlaubt, und sie waren zu schnell!? Damit erledigt, Schadensansprüche bitte untereinander klären. Worauf die Ayi sofort ihre Rechnung präsentiert hat: Krankenhaus, Schmerzensgeld und beschädigter Roller 2.000 RMB. Geeinigt haben sie sich auf 1.000. So schnell geht es, ein bisschen Rollern, und schon für nix zahlen. Lektion im interkulturellen Training. Und das nur, weil der Junge auch noch so nett war, den Roller aufzuheben anstatt die Frau einfach stehen zu lassen. Typisch neuer Expat in Shanghai, in 3 Jahren passiert ihm das nicht mehr.

Nochmal zu 18: Das ist hier gar nicht so bemerkenswert wie daheim. Abends Weggehen und Feiern wird dadurch nicht wirklich anders, solange Ausländer erwachsen genug aussehen und gross genug sind, sind dem keine Grenzen gesetzt. Autofahren geht auch mit 18 nicht, der chinesische Führerschein ist für Anfänger in Shanghai teuer und langwierig, Umschreiben nach Deutschland geht gar nicht; also keine Option. Wählen geht auch nicht: Landtagswahlen als Ausländer eh nicht, da kein Wohnsitz, also kein Bundesland (und auch kein Freistaat), und zur Bundestagswahl haben wir das letzte Mal die Unterlagen erst nach der Wahl erhalten, erinnert ihr euch? Entschuldigungen darf man sich in der Schule auch nicht selber schreiben (warum eigentlich nicht?). Also bleibt der Wow-Effekt aus. Immerhin: es gibt ein eigenes Visum über die Schule, unabhängig von den Eltern. Die Behörden betrachten Kinder über 18 visatechnisch nicht mehr als Familienmitglied. Wird gerne mal übersehen, das sagt einem nämlich keiner, uns zumindest nicht. Entweder man prüft aufmerksam das Verfallsdatum, oder man ist gut vernetzt. Im schlimmsten Fall darf das ‚Kind‘ nicht mehr einreisen. Es soll schon Dramen am Flughafen gegeben haben: keine Einreise, Kind zurück ins Flugzeug, wohin auch immer.