05.04.2014 – Gräberfestival

Sonntag, 13.04.2014

Inzwischen zum dritten Mal, für uns einfach ein langes Wochenende. Wir wollten wegfahren, die beste Ehefrau von allen ist jedoch in Deutschland, und die Kids haben sowieso was besseres vor. Ich darf dazu am Feiertag nach Indien reisen. Also wird es kein langes Wochenende mit Aktion, sondern einfach ein Wochenende.

Mopedfahren geht nicht, noch nichts neues vom Pleuellager. Ich lese daher mein Buch weiter, ‚Überleben unter 1,3 Milliarden Irren‘, ein Geschenk von Julius (Herzlichen Dank!). Sehr unterhaltsam, mit vielen Deja vu‘s, der Autor hat wohl im Compound nebenan gewohnt, oder wohnt immer noch, daher der hohe Wiedererkennungswert. Jan Aschen, vermutlich ein Pseudonym, schreibt auch einen Blog, leider auf Wordpress, das geht hier in China genauso gut wie Facebook. Man sieht, man kann doch seinen Blog zu Geld machen, nur war er ein Jahr früher dran als ich.

Allerdings ist der Titel ‚3 Milliarden Irre‘ kritisch. Wir leben als klitzekleine Minderheit hier, natürlich fällt uns vieles auf, aber was würden sie sagen, wenn sie all diese Blogs lesen? Wir haben 40 Jahre Vorsprung und können daher vieles besser, sollten jedoch nicht überheblich werden (auch wenn es sich manchmal aufdrängt). 1970 haben wir unseren Müll auch aus dem Autofenster geworfen und Plastik verbrannt, nur die ‚Rasen Betreten verboten‘ Schilder haben wir schon immer beachtet. Hier ist vieles noch wie bei uns in den 70ern, nur mit mehr Millionären und nur einer gültigen Regel: the only rule is, there is no rule! Also bewundere ich die grenzenlose Flexibilität bei jeder Form von Regel, und registriere weiter jeden Unfug, der sich daraus ergibt. Je nach Stimmung ist das lustig oder ätzend.

Um gleich beim Thema zu bleiben, diese Woche habe ich wieder was gelernt. Meine Assistentin habe ich gefragt, warum sich im Strassenverkehr niemand um die anderen kümmert, es war wieder mal zu offensichtlich. Die Antwort war: Chinesen lernen von klein auf, sobald sie für jemanden ein wenig zurückstecken, wie eine Einfahrt freilassen, nutzt das ein Dritter aus und sie haben das Nachsehen. Aus Erfahrung suchen sie immer den eigenen Vorteil, um nicht in der (grossen) Masse unterzugehen. Dass man sich nicht aufregt, wenn man dabei den Kürzeren zieht, s. wieder Bsp. Strassenverkehr, liegt einfach daran, dass es zu oft vorkommt: niemand kann sich den ganzen Tag aufregen! Danach hat sie mir die Gegenfrage gestellt: ob ich bemerkt hätte, das wir jetzt so viele Schwangere im Büro haben? Und wieso? Hab ich, und gleich meine analytische Antwort mitgeliefert: liegt an der Altersstruktur, jetzt sind halt viele knapp 30. Von wegen, das mag vielleicht ein sachliches Argument sein, der wahre Grund ist aber: Wir haben jetzt das Jahr des Pferds, nächstes Jahr ist Schaf/Ziege; niemand, der bei (chinesischem) Verstand ist, möchte ein Kind, das in dem Jahr geboren ist, denn diese Leute sind irgendwie schlecht. Also entweder jetzt, oder erst im übernächsten Jahr! Zeigt mir wieder, meine westliche Logik scheint mir logisch, sie stimmt aber nicht. Vorschnelle Antworten sind meistens falsch. Ich bin gespannt, demnach dürften nächstes Jahr keine chinesischen Kinder auf die Welt kommen!