08.02.2013 – Xin nian kuai le!

Freitag, 08.02.2013

Frohes Neues Jahr, übermorgen ist es soweit. Die Stimmung in Shanghai und im Büro ist wie Deutschland in der Woche vor Weihnachten. Mit jedem Tag wurden es weniger Leute, der Verkehr nimmt täglich ab. Shanghai kommt quasi zur Ruhe, wenn man sich das auch nur schwer vorstellen kann.

Gestern war schon gar nichts mehr los, und heute haben sich die letzten Mohikaner im Büro versammelt. Es waren vielleicht noch fünf da, und um 3 Nachmittags war dann offiziell Schluss. Offiziell heisst, die Company Busse sind heute organisiert früher gefahren. Angeblich, um dem Verkehrchaos zu entkommen, das es nicht gibt, da keiner mehr da ist, der es verursachen kann. Ausser den Laowei war ab 3 keiner mehr da. Wie Weihnachten, am späten Nachmittag bin ich fast alleine nach Hause gefahren, ein unwirkliches Gefühl, so wie nachts auf der Donnersberger Brücke.

Wirklich wie Weihnachten: es schneit! Tückisch sind die Hochstrassen, die einen grossen Anteil der 50 km ausmachen, es ist wie fahren auf einer lange Brücke, der Boden ist kalt und der Schnee bleibt liegen. Dank dem chaotischen Fahrstil bleibt dabei der ein oder andere auf der Strecke, no wonder. Lustig sind die Sandsäcke: wenn es ein bisschen raufgeht, wie bei einer Auffahrt, verteilt irgendjemand Sandsäcke. Genau, die Säcke, nicht den Sand. Und dann liegt die ganze Fahrbahn voller fussmattenähnlicher Juteteile, um die ich rumkurven muss. Scheint die Glatteis Abwehrmassnahme zu sein.

Zum Abschluss des Jahres noch ein paar Gedanken, die ich in den letzten Tagen aufgeschnappt habe:

- Biogemüse wird zu Biogemüse, indem es 2 Wochen vor dem Verkauf nicht mehr gespritzt wird

- Orangen, die besonders orange leuchten, wurden meisst mit Industrielack lackiert

- Zucker gibt es in weiss und in braun, der Stoff ist derselbe, der Farbstoff ein anderer

- Das gleiche für Mehl: damit es schön weiss ist, hilft Nachhilfe

- Downloadzeiten im Internet gehen ins Unendliche, die Sendung mit der Maus mit 43 kBit/s runterladen ist eine abendfüllende Beschäftigung

- Unser Haustürschloss war defekt, der Schlüssel ist im Schloss abgebrochen. Der shifu war sofort zu Stelle, 200 Kwai. Meine Chinesisch Lehrerin war entsetzt, das kostet 10 Kwai. Sie hat sogar mit ihm verhandelt: entweder wir zahlen oder er geht wieder. Laoweizuschlag 2000%.

- Chinesen fahren jetzt heim, um sich mit ihrer Familie zu treffen. Der Druck ist hoch, habe ich schon erzählt, manchmal hilft nur Diebstahl. Ein Ausweg auf die Frage nach der Heirat: man mietet sich die Begleitung! Für 800 Kwai (also 4x Schloss reparieren) fährt eine hübsche Chinesin mit nach Hause, um die Frage nach der Bindung zu erledigen. Hilft jedoch meist nix. Erstens fragen die Eltern dann nicht mehr nach der Freundin sondern nach der Heirat. Zweitens muss man vorher die Grenzen der gekauften Dienstleistung gut festlegen, sonst kommt das dicke Ende später.

- Tanken sollte man vor Chinese New Year, da die foreign worker alle heimfahren. D.h. es gibt weder Tanklasterfahrer noch Tankstellenpersonal (Selbstbedienung an der Tankstelle ist noch ein Fremdwort). Irgendwann ist entweder der Sprit an der Tankstelle alle, oder es ist einfach keiner da, der ihn ins Auto kippt.

Kurz und gut, es ist wie zu Hause, das Leben kommt tatsächlich zum Erliegen. Wir fahren/fliegen auch weg, aber nicht zu den Eltern, sondern auf die Philippinen: saubere Luft, einmal tief durchatmen, dann können wir wieder die Luft anhalten. Das Leben verläuft manchmal wie eine Sinuskurve, vielleicht hilft’s, die Nulllinie wieder zu überschreiten.