15.07.2012 – Letzter Tag in Deutschland

Sonntag, 22.07.2012

Ich bin nochmal nach Deutschland geflogen, um die Familie abzuholen. Es ist komisch, durch ein leeres Haus zu laufen, in dem ab nächster Woche ein Fremder wohnen wird. Bei meiner Ankunft in Deutschland war das schlimmste schon vorbei, alle Kisten waren schon weg. Ich war jetzt nur noch für Restarbeiten eingeplant. Garten (nachdem das Unkrautzupfen hoffnungslos war, tat’s auch ein Liter Unkrautvernichtungsmittel), Garagen, Auto verkaufen. Damit hatte ich wieder mal die Chance, kurzzeitig in die Welt südländischer Gebrauchtwagenhändler einzutauchen. Am Ende haben wir unser Auto nach Griechenland mehr oder weniger verschenkt. Vielleicht hilft’s der EU und dem Euro (nach dem der RMB Kurs jetzt bei 7,78 liegt, ist das dringend notwendig).

Am Freitag war für unsere Kinder der letzte Schultag. Da in Shanghai die Schule bereits am 22.08. beginnt, dürfen/müssen unsere Kinder 2 Wochen vor Schulende aufhören. Ich habe sie vonder Schule abgeholt, und durfte Zeuge herzzerreissender Abschiedsszenen sein. So etwas kenne ich nur von Beerdigungen. Verzerrte, fassungslose Gesichter, tiefes Schluchzen, verzweifelte Blicke, gegenseitiges Stützen. Offensichtlich war es mental so etwas wie eine Beerdingung. Wie auch immer, wir haben es ohne medizinische Unterstützung überstanden. Ich habe mich im Dorf nur vom Metzger (er möchte eine Postkarte) und vom Bäcker verabschiedet, und das eher unemotional.

Nachmittags haben wir im Haus beim Putzen noch eine feuchte Stelle an einer Kellerwand entdeckt, gut sichtbar umrandet von schwarzem Schimmel. Es stand die ganze Zeit ein Regal davor, das den Schaden versteckt hat. Ich glaube, damit hat unser Makler nicht gerechnet, als er sich für alle Fälle als Problemlöser angeboten hat. Jetzt kann er zeigen, was er kann. Der arme Kerl, aber wir schaffen das zu diesem Zeitpunkt nicht mehr.

Und dann musste noch die Hauscooling Party sein. Im leeren Haus, mit Pappbechern und viel Sekt, der Rotwein war schon eingelagert. Irgendwie waren dann doch viele Gläser da, und auch jede Menge zu Essen, so dass die Feier bis halb drei ging, da kann man nicht meckern. Die rührenden Abschiedsszenen am Friedhof (Pausenhof) von gestern haben sich bei uns im Flur wiederholt, die Schulter meines T-shirts war ein wenig durchgeweicht. Da sind grosse Mädels nicht besser als Teenie-Mädels.

Am Sonntag, waren wir beim 99sten Geburtstag meiner Grossmutter. Dazu müssen wir 300 km fahren, und es ist gar nicht einfach, wenn man es eilig hat, nicht den chinesischen Sitten zu verfallen. Auch in Deutschland gibt es super geteerte Standstreifen, und wenn das Wohnmobil so langsam an dem Wohnwagen vorbeizieht, warum eigentlich nicht auf der rechten Seite mal eben…? Im schlimmsten Fall bin ich inzwischen der Besitzer von vier Führerscheinen, von denen 2 sogar gültig sind. Da könnte ich ja einen mal zeitweise abgeben.

Der Geburtstag war so, wie ein 99ster Geburtstag in einem Altenheim sein kann, das den deutschen Kostensätzen unterliegt. Das Alter ist unglaublich, die 4 Generationen Feier ist es, und die Umstände sind es auch. Vielleicht ist es etwas Gutes, wenn in diesem Alter vieles an Bedeutung verliert. Wir mussten ja auch ein wenig schummeln, denn der wirkliche Geburtstag ist erst morgen. Doch was ist schon 1 Tagbei 99 Jahren?

Und dann konnte ich mich sogar noch von meinem ABF (so würde meine Tochter das nennen) verabschieden. Damit war der letzte volle Tag in Deutschland vorbei (von den 300 km Rückfahrt mal abgesehen), ein würdiger letzter Tag.

Los geht's: Auto beladen, im Hotel auschecken, die Pfandflaschen bei Penny abgeben, und ab nach Frankfurt. Auto und Gepäck abgeben, 7 Koffer mit vermutlich 150 kg, ein wenig rumhängen, einsteigen, ab.