28.11.2012 – Die Tür

Samstag, 08.12.2012

Jetzt kann ich es erzählen, nachdem es repariert ist. Durch Zufall haben wir entdeckt, dass wir zwar die mittleren beiden Flügel unserer Terrassentür normal verriegeln können, die äusseren beiden Flügel lassen sich jedoch von aussen aufschieben. Ich weiss gar nicht, wie lange das schon so ist. Also kommen 4 Mann, einer arbeitet, 3 schauen fachmännisch zu, und präsentieren mir stolz das Ergebnis: Rollen unter den beiden äusseren Flügeln: jetzt kann man sie mit einem Finger noch leichter aufschieben. Meine Reaktion bu hao erzeugt allgemeine Bestürzung, wo es jetzt doch so superleicht geht. Mein Wunsch, dass ich es zu und nicht auf haben möchte, erzeugt erst Unverständnis, dann ein Aha, und dann sind alle weg. Immerhin weiss ich jetzt, dass suŏ Schloss heisst. Sie gehen jetzt ein Schloss kaufen, măi suŏ, aber bis wann? Abends habe ich dem Vermieter erklärt, dass ich jetzt ein wenig beunruhigt bin, wenn irgendwelche 4 Mann wissen, dass man bei uns mit dem kleinen Finger einsteigen kann, ich glaube ich bin ein wenig übervorsichtig. Er ist sofort gekommen und hat begonnen, mit Hölzern und sonstigem Zeug die Türen von innen zu verkeilen. Es hat zwar alles nichts gebracht, aber es verdient eine Achtungsnote. Am Schluss habe ich es uns erspart, vorzuführen, dass ich die Tür immer noch aufschieben kann, und habe es gut sein lassen. Am nächsten Tag waren tatsächlich die Schlösser eingebaut, bestehend aus einem hochwertigen Blechpressriegel von 1 mm, der in ein etwas gleichwertiges Gegenstück eingreift. Leider mit einem Spalt zwischen Tür und Rahmen, durch den nicht nur der Wind pfeift, sondern auch jeder leicht von aussen den Riegel entriegeln kann. Cha bu duo! An sowas stört sich auch nur ein Deutscher. Diesmal hat es 3 Anläufe gedauert, bis unser Vermieter mir folgen konnte, wo mein Problem ist, das Schloss ist doch eingebaut! Am Schluss haben sie es verschraubt, beim nächsten Mal mache ich es selber. Das ich bei 4.000 € im Monat die Erwartungshaltung habe, jemand anders soll das lösen, zeigt nur, dass ich ein China Greenhorn bin. Dabei ist mir das deutsche Theater um Häusersanierung und Energieklassen eingefallen: Ein Land von 80 Mio macht sich Gedanken, den Energieverbrauch seiner Häuser zu reduzieren, das ist grob die Einwohnerzahl der 5 grössten chinesischen Städte wie Shanghai und Chongqing (32 Mio) zusammen. Hier haben wir 4 Monate 5°C und heizen auf 20°C, im Sommer kühlen wir 3 Monate von 38°C auf 23°C. D.h. 7 Monate erzeugt ein Land von 1.300 Mio Einwohnern mit Heizen oder Kühlen eine Temperaturdifferenz von 15°C, und das ohne Isolation. Die Fenster sind undicht, die Wände ungedämmter Beton (Bilder können wir nur mit einer Hilti aufhängen). Sämtliche Wärme oder Kälte wird sofort an die Umgebung abgegeben, im Haus ist das Klima nur durch kontinuierliches Gegenhalten möglich. Ist es nun gut oder schlecht, dass von den 1,3 Mrd rund 1 Mrd keine Heizung und Klimaanlage haben? Unser Haus hat einen mit Glas überdachten Innenhof, deswegen heisst es Garden inside Villa. Durch die Temperaturdifferenz nachts kondensiert die Luftfeuchtigkeit an dem Glasdach und verwandelt den Raum jede Nacht in eine Tropfsteinhöhle; macht aber nichts, denn tagsüber hört das ja auf.