27.01.2016 – Wieder daheim

Sonntag, 31.01.2016

Wir haben am Sonntag doch noch die Segel gestrichen, draussen -8°C, drin +10°C, kein Wasser, und keine Sicht auf Besserung. Also sind wir kurz entschlossen ins Holiday Inn um die Ecke gefahren. Und haben viele Bekannte getroffen, das tröstet ein bisschen. Bei den Temperaturen geben reihenweise die Häuser und deren Infrastruktur auf. Die Zuleitungen im Compound frieren ein, die Leitungen am Haus sowieso, und die Heizungen geben wegen Wassermangel auf. Hier ist einfach nichts, aber auch gar nichts gegen Gefrieren geschützt. Manche können noch mit der Klimaanlage heizen, das ist allerdings teuer, und wenig effizient: Der Hauch warmer, trockener Luft heizt so ein Haus nicht wirklich, wenn Wände und Gegenstände schon kalt sind.

Das Hotel hat schnell reagiert und jeden Tag die Preise erhöht, alles verhandeln hat nichts genutzt. Tatsächlich hat sich unser Vermieter bereit erklärt, die Kosten zu übernehmen. Das ist nicht selbstverständlich, vor allem nicht, dies eigenständig anzubieten. Ergibt sich wirklich Mühe, den Schaden klein zu halten bzw. schnell zu beheben. Am Montag im Büro ist mir klar geworden, dass vermutlich halb Shanghai kein Wasser mehr in der Wohnung hat, von Heizung ganz zu schweigen. Mal kurz vor dem geistigen Auge ausmalen, wie viele Wohnungen das betrifft! Dass er überhaupt noch Handwerker bekommt, ist nicht selbstverständlich.

Die Hälfte meiner Kollegen hatte kein Wasser mehr. Die Expats gehen halt ins Hotel, meine Kollegen gehen zum Nachbarn, oder schleppen das Wasser von irgendwoher in Eimern per Aufzug in ihr Appartement. Manche versuchen, sich mit Bordmitteln zu behelfen. Schafft es ein Fön, eine Hauptversorgungsleitung eines 20-stöckigen Hauses aufzutauen, s. Foto? Da es in den meisten Fällen gar keine Heizung gibt und die mittlere Temperatur in der Wohnung sowieso bei etwa 15°C beträgt, stört das Problem weniger. Wenn man also irgendwie Wasser in die Wohnung bekommt, ist alles gut.

In unserem Haus waren täglich Handwerker. Das sieht jedesmal so aus: einer kommt, bewaffnet mit einem Werkzeug, z.B. einer grossen Rohrzange, sagt nach 5 Minuten ‚alles bestens‘ und verschwindet wieder. Der deutsche Expat, akribisch wie er ist, kontrolliert natürlich, und stellt sofort fest: im 1. Stock kein Wasser; oder: Heizung ist kalt; oder: im Haus steigt die Temperatur nicht über 15°C. Und schon geht die SMS Schreiberei an den Vermieter weiter. Seinen WeChat Kontakt hat er mir in weiser Voraussicht bisher nicht gegeben. Am Donnerstag früh wurde alles als final fertig erklärt, von einem Experten, der völlig ohne Werkzeug mal eben 1 Minute im Heizungsraum war. Ich habe mir einen kleinen Test erlaubt: alle Wasserhähne zu, und ein Blick auf die Wasseruhr. Läuft auf Hochtouren! Unser Vermieter wusste nicht, was eine Wasseruhr ist, also habe ich meine unseren Fahrer eingebunden: ‚wo geht das Wasser hin?‘ kann ich auf chinesisch. Er war schneller im Begreifen. Wir haben uns zusammen auf die Suche gemacht und das Leck, Gott sei Dank, auf der Aussenseite des Hauses gefunden. Die Leitungen sind am Haus im Freien verlegt, das war die nette Fontäne. Den Hauptwasserhahn absperren ging nicht, eingerostet! Aber ‚mei wenti, mashang‘ (kein Problem, machen wir gleich); mein Fahrer hat die Compoundexperten instruiert, sie haben es geflickt. Ich bin lieber ins Büro gefahren, als mir das Drama weiter anzuschauen.

In ganz vielen Compounds gab und gibt es Fontänen, Pfützen, nasse Decken und Wände. Es müssen tausende von Rohren geplatzt sein. Unvorstellbar, wie sie das in den Griff bekommen haben. Die Wasserwerke haben uns einen Brief geschrieben, dass der Wasserdruck vorerst niedrig sein wird, wegen der vielen Lecks. Und so war es auch, ein Rinnsal aus der Dusche, das mit den Tagen langsam wieder mehr wurde. In der Zeitung stand nicht viel drüber, obwohl es gefühlt jedes zweite Haus getroffen haben muss, und das sind ganz schön viele.